Ein Sieg für die Seele
„Die Essener sind von der Tabellenführung
entfernt wie die Erde zum Mond!“ – Mit diesem
spöttischen Spruch wurde der Bericht des WDR
über das Spitzenspiel des Tages eingeleitet.
Dies zeigte einmal mehr, wie enttäuschend die
bisherige Saison an der Hafenstraße verlief.
Noch bitterer ist es allerdings, wenn ein Lokalrivale
wie die Borussia aus Wuppertal, ehemals WSV, einsam
und alleine ihre
Kreise an der Tabellenspitze zieht. Ein Sieg gegen
den Verein aus der Stadt, die eine U-Bahn über
einen Fluss schweben hat, würde die innere Welt
eines jeden RWE-Fans für die nächste Zeit
zufrieden stellen. Doch die Vorzeichen waren anders,
RWE ging als Außenseiter in diese Partie, die
Euphorie war wenige Kilometer südlicher von Essen
zu finden.
Die Wuppertaler Anhänger konnten ihr schon oft
belächeltes Versprechen endlich mal einhalten
und den Gästeblock richtig voll besetzen. Auch
stimmlich wollte man den Essenern zeigen, wer zurzeit
die Tabellenführung besitzt. Zur Unterstützung
wurden kiloweise Rauch mitgebracht, der trotz enormer
Polizeipräsenz schön verteilt über
das Spiel eingesetzt wurden. Traditionell wurden auf
beiden Seiten die schon oft gehörten, aber immer
wieder schön anzuhörenden, Nettigkeiten
ausgetauscht. Viel entscheidender war allerdings,
welches Ergebnis nach 90 Minuten Fußball herauskommen
würde. Hätte RWE dieses Spiel verloren,
wäre wirklich eine Reise zum Mond angebracht,
um noch um den Aufstieg mitspielen zu dürfen.
Kaum hatte das Spiel begonnen, da wollten die Wuppertaler
zeigen, dass sie zu Recht an der Spitze der Regionalliga
Nord stehen. Eine Serie von gelbwürdigen Fouls
der Rot-Blauen begann, die bald ein erstes Opfer forderten.
Der Held des letzten Derbysiegs, Michael Lorenz, musste
nach einem überharten Einsteigen mit einer Fußverletzung
ausscheiden, für ihn kam der zuletzt formschwache
Klinger. Spielerisch versuchten die Wuppertaler durch
Pässe in die Spitze die schnellen Stürmer
Damm und Saglik in Szene zu setzen, doch nach anfänglichen
Schwierigkeiten bekam die gute Essener Abwehr den
„Wundersturm“ immer besser in Griff. Die
Wuppertaler Anhängerschaft konzentrierte sich
weniger auf das Spiel als auf das Zünden sämtlicher
Vorräte an Rauchpulver.
Die ersten hochkarätigen Chancen hatten aber
die Rot-Weißen, die jetzt ein deutliches Übergewicht
im Mittelfeld
erkämpften. Guie-Mien schickte Kotula auf der
rechten Seite, dieser flankt wunderbar in den Strafraum,
aber Markus Kurth bekam keinen Druck hinter seinen
Schuss, leichte Beute für den Wuppertaler Keeper
Maly. Noch gefährlicher war die nächste
Szene, als Güvenisik aus wenigen Metern frei
zum Schuss kam und Maly den Ball aus der Ecke fischte.
Das musste es eigentlich sein, RWE hätte schon
locker mit 1:0 in Führung gehen können.
Langsam begann aber die Stunde des rot-blauen Schlussmannes
Maly. Einmal mehr war es Güvenisik, der sich
auf der linken Seite durchsetzen konnte, aber Maly
bedrängte ihn entscheidend weit vor seinem eigenen
Tor, doch die Abwehr wirkte durch diese Aktion sehr
unsortiert und unaufmerksam. So schaffte es Sören
Brandy, in den Strafraum einzudringen, aber seine
Flanke fand keinen Abnehmer. Einmal mehr wurde das
Herz eines jeden RWE-Fans in Mitleidenschaft gezogen.
Da wussten aber die 12.000 Zuschauer, was wenig später
folgen sollte. Aus nur fünf Metern kam Güvenisik
zu einer Möglichkeit, doch anstatt direkt anzuziehen
legte der Essener Stürmer sich den Ball erst
einmal zurecht und scheitert an der Wuppertaler Abwehr.
Auch der Nachschuss aus ähnlicher Position wurde
abgeblockt, die Chance ist zum Entsetzen der Essener
Zuschauer vertan. Die Führung war längst
überfällig. Doch zunächst war erst
einmal Schluss für Güvenisik, der ebenfalls
verletzt ausschied und durch Kazior ersetzt wurde.
Auch nach der Pause ein ähnliches Bild: Die Essener
Mannschaft war vor allem kämpferisch überlegen,
fast alle Zweikämpfe im Mittelfeld konnte RWE
für sich entscheiden. Die Wuppertaler „Fans“,
die seit Ende der ersten Halbzeit Besuch von der Polizei
erhielten, sahen durch den dicken Rauch eine platt
wirkende Auswärtsmannschaft, die kaum Akzente
setzen konnte. Der „Wundersturm“ um Saglik
und Damm war seit Beginn der Hälfte eins nicht
mehr in Erscheinung getreten. Trotzdem fehlte einfach
das erste Tor, und wie es so oft im Fußball
ist, kann sich so was bitter rächen. Gerade an
der Hafenstraße ist dieses Phänomen sehr
gut bekannt.
Allerdings erhielt die Essener Mannschaft unerwartet
Schützenhilfe. Trotz einiger vorheriger Ausflüge
hatte Keeper Maly noch nicht genug davon, sein fußballerisches
Talent zu offenbaren. Nach einer harmlosen Szene ging
er völlig unnötig zunächst auf die
linke Seite hinaus, sein Abschlag landete bei Kotula,
der ohne zu Zögern einfach draufhielt. Sein Schuss
war zwar gut, aber leider etwas zu kurz, so dass die
Wuppertaler Abwehr den Ball am Fünf-Meter-Raum
klären konnte.
Wenn die Wuppertaler etwas dagegen zu setzen hatte,
dann auf die ruppige Art. Nach einem harten Foul an
Guie-Mien kam es zu einer Rangelei, in der sich der
Gefoulte zu einem Griff in das Gesicht von Saglik
hinreißen lies, welcher sich daraufhin nach
hinten fallen ließ. Eine sehr dumme Aktion und
klare Tätlichkeit, die aber nur mit einer gelben
Karte bestraft wurde. Glück für Guie-Mien
und RWE, dass hätte den gesamten Spielverlauf
auf den Kopf stellen können. Danach besann sich
Guie-Mien mehr auf den Fußball, sein anschließender
Schuss strich aber am Tor vorbei.
Doch es fehlte weiterhin ein Tor, um den Spiel der
Essener mehr Sicherheit zu geben. Auch Sören
Brandy erkannte das und versuchte sein Glück
aus über 20 Metern. Sein Schuss kommt genau auf
Keeper Maly zu, der verschätzt sich und lässt
den Ball durch die Hände rutschen – 1:0
für den RWE!!! Ein glückliches, aber hoch
verdientes Tor, das aber ohne Mithilfe des Wuppertaler
Schlussmannes nie gefallen wäre. Das honorierten
auch die RWE-Fans, die bundesweit für ihre Freundlichkeit
bekannt sind, mit einem „Maly, wir danken Dir!“.
Nach den Enttäuschungen der letzten Wochen tat
dieser, wenn auch etwas überzogener, Spott enorm
gut.
Der Gegner aus Wuppertal versuchte nun, doch noch
dieses Spiel zu drehen. Nach einem Freistoss war es
der Wuppertaler Stuckmann, der unbedrängt im
Sechzehner in die Arme von Daniel Masuch köpfte.
Wenig später stand Stürmer Damm nach guter
Vorarbeit von Saglik völlig frei vor Masuch,
der aber den Winkel verkürzte und den Ball halten
konnte. Das war es aber mit den letzten offensiven
Aktionen der Gäste, danach kontrollierte RWE
das Spiel ohne weitere hochkarätige Chancen zu
erarbeiten.
Eine kuriose Szene fand unmittelbar vor dem Schlusspfiff
statt. Die Wuppertaler bekamen noch einen Freistoss
in Höhe der Mittellinie, den Pechvogel Maly noch
einmal ausführen wollte und ein letztes Mal für
Gefahr vor dem Essener Gehäuse sorgen sollte.
Doch der Schiedsrichter beendete die Partie und versagte
somit den Wuppertalern die letzte Chance zum Ausgleich.
Damit zog er sich den Unmut der Verantwortlichen zu,
die ihm anschließend etwas sehr nahe kamen.
Hier könnte ein Sonderbericht folgen. In dieser
Zeit feierten die Essener Fans mit einer grandiosen
Humba, die wohl noch bis nach Wuppertal zu hören
war, den Sieg ihrer Mannschaft.
Der Ärger der Wuppertaler ist wohl nur in dieser
Situation nachzuvollziehen, denn die Essener haben
dieses Spiel hoch verdient gewonnen. Die Mannschaft
von der Hafenstraße war kämpferisch und
spielerisch in den meisten Phasen des Spiels einfach
besser. Allerdings muss man hier bemerken, dass der
freie Spieltag unter der Woche sich positiv auf das
Essener Spiel ausgewirkt hat. Die Wuppertaler wirkten
oft nicht spritzig und willig genug, um dieses Spiel
zu gewinnen. Dennoch bleiben sie weiterhin am Platz
an der Sonne, aber die Formkurve der Essener steigt
weiter an. Man ist dem Mond doch wieder ein Stückchen
näher gerückt.
(pd)
|
Rot-Weiss Essen
Masuch - S. Lorenz, Sereinig, Andersen - Kotula, M.
Lorenz (14. Klinger), Gorschlüter, Brandy - Guie-Mien,
Kurth (77. Czyszczon) - Güvenisik (34. Kazior)
Wuppertaler SV Borussia
Maly - Neppe (64. Malura), Voigt, Stuckmann, Lejan
- T. Jerat, Lintjens, Bölstler (73. Heinzmann)
- Oppermann (59. Hüz. Dogan) - Saglik, Damm
Tore
1:0 Brandy (60.)
Zuschauer
12.057
Schiedsrichter
Willenborg (Osnabrück)
Gelbe Karten
Guie-Mien, Andersen - Neppe, Lejan, Voigt
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
3+
|
St. Lorenz |
3+
|
Andersen |
3-
|
Sereinig |
2-
|
Kotula |
2-
|
Gorschlüter |
2
|
Klinger |
3+
|
Brandy |
2-
|
Guié-Mien |
3
|
Kurth |
3
|
Güvenisik |
3-
|
Kazior |
3- |
|