29.09.2007

RWE - Wuppertaler SV

 

Ein Sieg für die Seele

„Die Essener sind von der Tabellenführung entfernt wie die Erde zum Mond!“ – Mit diesem spöttischen Spruch wurde der Bericht des WDR über das Spitzenspiel des Tages eingeleitet. Dies zeigte einmal mehr, wie enttäuschend die bisherige Saison an der Hafenstraße verlief. Noch bitterer ist es allerdings, wenn ein Lokalrivale wie die Borussia aus Wuppertal, ehemals WSV, einsam und alleine ihre Kreise an der Tabellenspitze zieht. Ein Sieg gegen den Verein aus der Stadt, die eine U-Bahn über einen Fluss schweben hat, würde die innere Welt eines jeden RWE-Fans für die nächste Zeit zufrieden stellen. Doch die Vorzeichen waren anders, RWE ging als Außenseiter in diese Partie, die Euphorie war wenige Kilometer südlicher von Essen zu finden.

Die Wuppertaler Anhänger konnten ihr schon oft belächeltes Versprechen endlich mal einhalten und den Gästeblock richtig voll besetzen. Auch stimmlich wollte man den Essenern zeigen, wer zurzeit die Tabellenführung besitzt. Zur Unterstützung wurden kiloweise Rauch mitgebracht, der trotz enormer Polizeipräsenz schön verteilt über das Spiel eingesetzt wurden. Traditionell wurden auf beiden Seiten die schon oft gehörten, aber immer wieder schön anzuhörenden, Nettigkeiten ausgetauscht. Viel entscheidender war allerdings, welches Ergebnis nach 90 Minuten Fußball herauskommen würde. Hätte RWE dieses Spiel verloren, wäre wirklich eine Reise zum Mond angebracht, um noch um den Aufstieg mitspielen zu dürfen.

Kaum hatte das Spiel begonnen, da wollten die Wuppertaler zeigen, dass sie zu Recht an der Spitze der Regionalliga Nord stehen. Eine Serie von gelbwürdigen Fouls der Rot-Blauen begann, die bald ein erstes Opfer forderten. Der Held des letzten Derbysiegs, Michael Lorenz, musste nach einem überharten Einsteigen mit einer Fußverletzung ausscheiden, für ihn kam der zuletzt formschwache Klinger. Spielerisch versuchten die Wuppertaler durch Pässe in die Spitze die schnellen Stürmer Damm und Saglik in Szene zu setzen, doch nach anfänglichen Schwierigkeiten bekam die gute Essener Abwehr den „Wundersturm“ immer besser in Griff. Die Wuppertaler Anhängerschaft konzentrierte sich weniger auf das Spiel als auf das Zünden sämtlicher Vorräte an Rauchpulver.

Die ersten hochkarätigen Chancen hatten aber die Rot-Weißen, die jetzt ein deutliches Übergewicht im Mittelfeld erkämpften. Guie-Mien schickte Kotula auf der rechten Seite, dieser flankt wunderbar in den Strafraum, aber Markus Kurth bekam keinen Druck hinter seinen Schuss, leichte Beute für den Wuppertaler Keeper Maly. Noch gefährlicher war die nächste Szene, als Güvenisik aus wenigen Metern frei zum Schuss kam und Maly den Ball aus der Ecke fischte. Das musste es eigentlich sein, RWE hätte schon locker mit 1:0 in Führung gehen können.

Langsam begann aber die Stunde des rot-blauen Schlussmannes Maly. Einmal mehr war es Güvenisik, der sich auf der linken Seite durchsetzen konnte, aber Maly bedrängte ihn entscheidend weit vor seinem eigenen Tor, doch die Abwehr wirkte durch diese Aktion sehr unsortiert und unaufmerksam. So schaffte es Sören Brandy, in den Strafraum einzudringen, aber seine Flanke fand keinen Abnehmer. Einmal mehr wurde das Herz eines jeden RWE-Fans in Mitleidenschaft gezogen. Da wussten aber die 12.000 Zuschauer, was wenig später folgen sollte. Aus nur fünf Metern kam Güvenisik zu einer Möglichkeit, doch anstatt direkt anzuziehen legte der Essener Stürmer sich den Ball erst einmal zurecht und scheitert an der Wuppertaler Abwehr. Auch der Nachschuss aus ähnlicher Position wurde abgeblockt, die Chance ist zum Entsetzen der Essener Zuschauer vertan. Die Führung war längst überfällig. Doch zunächst war erst einmal Schluss für Güvenisik, der ebenfalls verletzt ausschied und durch Kazior ersetzt wurde.

Auch nach der Pause ein ähnliches Bild: Die Essener Mannschaft war vor allem kämpferisch überlegen, fast alle Zweikämpfe im Mittelfeld konnte RWE für sich entscheiden. Die Wuppertaler „Fans“, die seit Ende der ersten Halbzeit Besuch von der Polizei erhielten, sahen durch den dicken Rauch eine platt wirkende Auswärtsmannschaft, die kaum Akzente setzen konnte. Der „Wundersturm“ um Saglik und Damm war seit Beginn der Hälfte eins nicht mehr in Erscheinung getreten. Trotzdem fehlte einfach das erste Tor, und wie es so oft im Fußball ist, kann sich so was bitter rächen. Gerade an der Hafenstraße ist dieses Phänomen sehr gut bekannt.

Allerdings erhielt die Essener Mannschaft unerwartet Schützenhilfe. Trotz einiger vorheriger Ausflüge hatte Keeper Maly noch nicht genug davon, sein fußballerisches Talent zu offenbaren. Nach einer harmlosen Szene ging er völlig unnötig zunächst auf die linke Seite hinaus, sein Abschlag landete bei Kotula, der ohne zu Zögern einfach draufhielt. Sein Schuss war zwar gut, aber leider etwas zu kurz, so dass die Wuppertaler Abwehr den Ball am Fünf-Meter-Raum klären konnte.

Wenn die Wuppertaler etwas dagegen zu setzen hatte, dann auf die ruppige Art. Nach einem harten Foul an Guie-Mien kam es zu einer Rangelei, in der sich der Gefoulte zu einem Griff in das Gesicht von Saglik hinreißen lies, welcher sich daraufhin nach hinten fallen ließ. Eine sehr dumme Aktion und klare Tätlichkeit, die aber nur mit einer gelben Karte bestraft wurde. Glück für Guie-Mien und RWE, dass hätte den gesamten Spielverlauf auf den Kopf stellen können. Danach besann sich Guie-Mien mehr auf den Fußball, sein anschließender Schuss strich aber am Tor vorbei.

Doch es fehlte weiterhin ein Tor, um den Spiel der Essener mehr Sicherheit zu geben. Auch Sören Brandy erkannte das und versuchte sein Glück aus über 20 Metern. Sein Schuss kommt genau auf Keeper Maly zu, der verschätzt sich und lässt den Ball durch die Hände rutschen – 1:0 für den RWE!!! Ein glückliches, aber hoch verdientes Tor, das aber ohne Mithilfe des Wuppertaler Schlussmannes nie gefallen wäre. Das honorierten auch die RWE-Fans, die bundesweit für ihre Freundlichkeit bekannt sind, mit einem „Maly, wir danken Dir!“. Nach den Enttäuschungen der letzten Wochen tat dieser, wenn auch etwas überzogener, Spott enorm gut.

Der Gegner aus Wuppertal versuchte nun, doch noch dieses Spiel zu drehen. Nach einem Freistoss war es der Wuppertaler Stuckmann, der unbedrängt im Sechzehner in die Arme von Daniel Masuch köpfte. Wenig später stand Stürmer Damm nach guter Vorarbeit von Saglik völlig frei vor Masuch, der aber den Winkel verkürzte und den Ball halten konnte. Das war es aber mit den letzten offensiven Aktionen der Gäste, danach kontrollierte RWE das Spiel ohne weitere hochkarätige Chancen zu erarbeiten.

Eine kuriose Szene fand unmittelbar vor dem Schlusspfiff statt. Die Wuppertaler bekamen noch einen Freistoss in Höhe der Mittellinie, den Pechvogel Maly noch einmal ausführen wollte und ein letztes Mal für Gefahr vor dem Essener Gehäuse sorgen sollte. Doch der Schiedsrichter beendete die Partie und versagte somit den Wuppertalern die letzte Chance zum Ausgleich. Damit zog er sich den Unmut der Verantwortlichen zu, die ihm anschließend etwas sehr nahe kamen. Hier könnte ein Sonderbericht folgen. In dieser Zeit feierten die Essener Fans mit einer grandiosen Humba, die wohl noch bis nach Wuppertal zu hören war, den Sieg ihrer Mannschaft.

Der Ärger der Wuppertaler ist wohl nur in dieser Situation nachzuvollziehen, denn die Essener haben dieses Spiel hoch verdient gewonnen. Die Mannschaft von der Hafenstraße war kämpferisch und spielerisch in den meisten Phasen des Spiels einfach besser. Allerdings muss man hier bemerken, dass der freie Spieltag unter der Woche sich positiv auf das Essener Spiel ausgewirkt hat. Die Wuppertaler wirkten oft nicht spritzig und willig genug, um dieses Spiel zu gewinnen. Dennoch bleiben sie weiterhin am Platz an der Sonne, aber die Formkurve der Essener steigt weiter an. Man ist dem Mond doch wieder ein Stückchen näher gerückt.


(pd)



Rot-Weiss Essen

Masuch - S. Lorenz, Sereinig, Andersen - Kotula, M. Lorenz (14. Klinger), Gorschlüter, Brandy - Guie-Mien, Kurth (77. Czyszczon) - Güvenisik (34. Kazior)


Wuppertaler SV Borussia

Maly - Neppe (64. Malura), Voigt, Stuckmann, Lejan - T. Jerat, Lintjens, Bölstler (73. Heinzmann) - Oppermann (59. Hüz. Dogan) - Saglik, Damm


Tore

1:0 Brandy (60.)


Zuschauer

12.057


Schiedsrichter

Willenborg (Osnabrück)


Gelbe Karten

Guie-Mien, Andersen - Neppe, Lejan, Voigt








.....

Spieler des Spiels

 


 

Jawattdenn Spielerbewertung

 

Masuch
3+
St. Lorenz
3+
Andersen
3-
Sereinig
2-
Kotula
2-
Gorschlüter
2
Klinger
3+
Brandy
2-
Guié-Mien
3
Kurth
3
Güvenisik
3-
Kazior 3-