„Hart sind die Zeiten…“
So lautet eine Zeile aus dem Song „Eisern
Union“ vom wohl bekanntesten Union-Fan, Nina
Hagen. Und das trifft die aktuelle Situation an der
Hafenstraße wohl am Besten. Im Jahr 2008 erzielte
man lediglich fünf Tore, davon allein drei gegen
Schlusslicht Wolfsburg, bei gleichzeitig zehn Gegentoren.
Gleich sechs Mal schlug es dagegen in den letzten
zwei Spielen bei Daniel Masuch ein. Auch die Entlassung
von Heiko Bonan und Olaf Janßen brachte in Erfurt
nicht die erhoffte Wende.
Trotz halbwegs vernünftigem Spiel kam das Team
des neuen Trainers Michael Kulm gleich mit 4:0 bei
Rot-Weiß Erfurt unter die Räder. Mittlerweile
hat man nicht nur weiterhin vier Punkte Rückstand
auf den rettenden zehnten Platz und Dynamo Dresden,
sondern auch dazwischen noch Braunschweig und Magdeburg.
Beide Teams waren zur Winterpause eigentlich bereits
weit abgeschlagen.
Die Gerüchte aus dem Umfeld über chaotische
Zustände, mögliche finanzielle Schwierigkeiten
und die Zukunft bei einem möglichen Durchmarsch
in die neue 4. Liga reißen bei dieser sportlichen
Talfahrt auch nicht ab. Immerhin hat der Verein diesmal
frühzeitig reagiert, indem Präsident Rolf
Hempelmann am Mittwoch bei der Pressekonferenz
in die Offensive ging. In wie weit seine Pläne
vom Stadionneubau bei einem Abstieg noch realistisch
sind, kann man wohl nicht beurteilen. Die Mehrheit
der RWE-Fans teilt die optimistische Einschätzung
der Vereinsführung jedoch anscheinend nicht mehr.
Die Fanszene ist sich bisher nicht einig. Während
die Ultras sich bisher kaum zu ihrem Umgang mit der
Situation geäußert haben, gibt es Pläne
und Vorschläge, die vom „Rettungsbrief“
an Verein, Stadt und Sponsoren bis zum Supportboykott
am Sonntag reichen.
Immerhin greift der neue Trainer Kulm offensichtlich
durch. Dabei traf es direkt Tim Erfen, der laut Traineraussage
am Mittwoch endgültig aus der 1. Mannschaft geflogen
ist. Warum diese Maßnahme ergriffen wurde, ließ
Michael Kulm derweil unbeantwortet.
Bis auf den in Erfurt wenig überzeugenden Benjamin
Baltes, dürfte der Trainer weitestgehend auf
die gleiche Elf setzen. Tim Gorschlüter hat seine
Gelbsperre abgesessen und wird in die Startelf zurückkehren.
Zum Gegner: Mit den Eisernen aus Berlin kommt der
Tabellenfünfte an die Hafenstraße. Während
Union in der Liga am Wochenende spielfrei hatte, stand
der lokale „Dorfpokal“ auf dem Programm,
wo die Truppe im Halbfinale beim Elfmeterschießen
gegen den Verbandsligisten Hermsdorf ausschied. Dem
ein oder anderen Statistiker ist es vielleicht schon
aufgefallen: Union spielt einen identischen Spielplan
zu uns, jedoch jeweils um eine Woche vorgezogen sowie
mit Heim/Auswärts-Tausch.
Schaut man sich den Kader der Gäste an, stößt
man schnell auf einige bekannte Namen. Mit Trainer
Uwe Neuhaus steht ebenso ein ehemaliger Essener unter
Vertrag, wie Michael Bemben und "Mac" Younga-Mouhani.
Während Bemben als Stammspieler gesetzt ist,
hat Mac doch einige Schwierigkeiten, sich bei Eisernen
durchzusetzen.
Toptorschütze ist der Ex-Paulianer Nico Patschinski
mit zehn Ligatreffern, gefolgt vom Fernschussexperten
Thorsten Mattuschka. Der zweite etatmäßige
Stürmer Dustin Heun fällt derweil mit Innenbandriss
aus.
Während Uwe Neuhaus in Essen noch sichtlich Probleme
mit dem „lebhaften Umfeld“ und der schwierigen
Situation nach dem Abstieg hatte, scheint er beim
FC Union besser klar zu kommen. Die Mannschaft steht
im gesicherten Mittelfeld der Tabelle und hat nur
drei Punkte Rückstand auf einen Aufstiegsplatz.
Im letzten Spiel gelang der Truppe ein 1:1 Unentschieden
gegen RW Erfurt. Überschattet wurde die Partie
durch Ausschreitungen im Block der Gäste aus
Thüringen. Doch das ist nicht das Einzige, was
aktuell bei Union Berlin für Schlagzeilen sorgt.
Anfang März kam heraus, dass der Berliner Senat
keine weiteren finanziellen Mittel zum Erhalt oder
zur Modernisierung des Stadions „An der Alten
Försterei“ bereitstellen will. Dies hätte
für Union wohl einen Umzug zur Folge, wahrscheinlich
ins ungeliebte Jahnstadion.
Wer sich dieses Stadion anschaut und es mit der aktuellen
Spielstätte vergleicht, kann wohl verstehen,
dass Verein und Fans derzeit alles unternehmen, um
den sparwütigen Berliner Senat zu überzeugen,
doch nochmal in die traditionsreiche „Alte Försterei“
zu investieren. Dafür gründete sich die
Initiative „pro
A.F.“. Das Thema wird sicherlich auch viele
RWE-Fans nicht kalt lassen, stelle man sich hier doch
nur einen Umzug nach Oberhausen oder ähnliches
vor.
Im Hinspiel gab es eine nette Begrüßung
der Unioner mit einer recht deutlichen Ansage des
Stadionsprechers, was man von der kurzfristigen Verlegung
auf Freitag und der damit für viele RWE-Fans
unzumutbaren Anreise halte. Außerdem klang auch
unsere Hymne „Adiole“ durchs weite Rund.
Auch wenn Rivalität vorhanden ist, sollte man
sich vielleicht am Sonntag doch mal überlegen,
ob man nicht vielleicht auf „Gassenhauer“
wie „40 Jahre DDR“ verzichtet.
Die lokalen Ultras bei Union nennen sich übrigens
„Wuhlesyndikat“. (Die Wuhlheide ist ein
Berliner Naherholungsgebiet, vergleichbar mit der
Gruga, im Ortsteil Köpenick.)
Am Samstag findet in Bottrop ein Treffen für
Unionfans statt, die sich mittlerweile in der Umgebung
niedergelassen haben. Der Verein rechnet hier mit
bis zu 300 Fans. So darf man sich wohl auch am Sonntag
,nach Wolfsburg und Babelsberg, mal wieder auf einen
vollen Gästeblock freuen. Leider wohl zum letzten
Mal in dieser Saison.
Während für Union der Aufstieg in greifbarer
Nähe rücken könnte, geht es am Sonntag
für RWE ums nackte Überleben. Es muss unbedingt
gewonnen werden, wie, das sagte Trainer Kulm am Mittwoch,
ist egal.
(mn)
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