Das wars wohl - Regionalliga West, wir kommen!
Während
vor dem Spiel gegen Union Berlin wenigstens noch ein
Fünkchen Hoffnung auf den Klassenerhalt haben
konnte, scheinen an der Hafenstraße nach dem
siebten sieglosen Ligaspiel in diesem Jahr die Lichter
auszugehen. Während Konkurrenten wie Dresden
wieder anfangen zu punkten, wurde RWE nun schon zum
zweiten Mal innerhalb von sechs Tagen abgeschossen.
Das Spiel lief für Rot-Weiss eigentlich gar nicht
mal schlecht an. Tim Gorschlüter war nach abgesessener
Gelb-Sperre wieder ins Team gerückt, und etwas
überraschend stand auch Rafael Kazior in der
Startformation. Der zeigte seinen bisher besten Liga-Auftritt
für RWE und spielte gerade in der Anfangsphase
stark auf. Kazior trieb RWE an und lieferte nach ein
paar Minuten ein schönes Anspiel auf Sören
Brandy, der plötzlich alleine im Berliner Strafraum
auftauchte, aber einmal mehr konnte er den Ball nicht
im Kasten unterbringen.
Vielleicht hätte einem da schon klar sein müssen,
dass auch dieses Spiel die Wende nicht einläuten
würde. Zu offensichtlich war es, dass RWE auch
in diesem Spiel wieder der Killerinstinkt vor dem
Tor fehlen würde. Wie schon in den letzten Spielen
gab es Chancen, um in Führung zu gehen. Genutzt
wurden sie jedoch nicht.
So kam nach einem Steilpass von Gorschlüter Rolf-Christel
Guie-Mien einen Schritt zu spät und konnte den
Ball nicht am herausstürmenden Gästetorwart
Glinker vorbeispielen.
Und auch Kapitän Michael Lorenz unterstrich seine
seit Monaten nicht wirklich optimale Form auch noch
einmal vor dem Tor: Nach einer Standardsituation flankte
Schäfer auf den völlig unbedrängten
Guie-Mien, der den Ball vor das Berliner Tor brachte.
Dort bekam Lorenz zwar den Fuß an den Ball,
der sprang von dort aber nicht wie beabsichtigt ins
Tor, sondern relativ weit vorbei.
Obwohl diese Szenen an die letzten Spiele erinnerten
und auch Berlin in der ersten Halbzeit noch zu ein,
zwei guten Chancen kam, wurden die Spieler von den
Rängen mit Applaus in die Kabine verabschiedet.
Eigentlich
eine Basis, auf die man in der zweiten Hälfte
hätte aufbauen können, doch diese war schnell
zerstört. In der 54. Minute war es Shergo Biran
vorbehalten, die rot-weisse Mannschaft für das
Auslassen ihrer Chancen zu bestrafen und nach einem
Eckball per Kopf das 0:1 zu erzielen. Dass ein Fehler
von Daniel Masuch ihm das ganze leichter als nötig
machte, rundete das Bild der letzten Wochen endgültig
ab: Nicht nur, dass man selber das Tor nicht traf,
die Gegentore fielen auch wieder unter freundlicher
Mitwirkung der Essener Hintermannschaft.
Erfreulicherweise gab sich die Mannschaft aber auch
nach dem neuerlichen Rückschlag nicht auf und
versuchte, verstärkt nach vorne zu spielen. Auch
Michael Kulm reagierte und brachte mit Said und Jans
neue Offensivkräfte. Doch Wille alleine dreht
keine Spiele, wenn einem die Mittel dazu zu fehlen
scheinen. Union Berlin zog sich einfach weiter zurück
und fing Angriff um Angriff ab.
Da RWE kaum Torgefahr ausstrahlte, mussten die Berliner
eigentlich nur auf den Abpfiff warten – oder
auf Essener Fehler. Die ließen nicht lange auf
sich warten, und so ergaben sich von Zeit zu Zeit
gute Kontergelegenheiten. In der 80. Minute konnte
man dann für die Vorentscheidung sorgen: Ein
völlig überflüssiger Ballverlust auf
der rechten Außenbahn mündete in ein 3:1-Überzahlspiel
vor dem Essener Tor. Kurzzeitig sah es so aus, als
würden es die Berliner noch schaffen, den Ball
zu vertändeln. Das Vergeben größerer
Chancen gehörte allerdings eindeutig in den Kompetenzbereich
der Heimmannschaft, und so schloss Thorsten Mattuschka
doch noch zum 0:2 ab. In der 90. Minute erhöhte
der eingewechselte Benyamina sogar noch auf 0:3.
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das Stadion schon zu
weiten Teilen geleert. Ein Anblick, an den man sich
gewöhnen sollte, denn viele Zuschauer werden
sich in Zukunft zweimal überlegen, ob sie ihre
freien Nachmittage an der Hafenstraße verbringen
wollen.
Sehr viele werden das weiterhin tun. Viele nicht mehr.
Manche erst in der nächsten Saison wieder.
Dann aber wohl in der Regionalliga West, denn nach
zehn Jahren scheint Rot-Weiss Essen wieder in der
vierten Liga angelangt. Höchstens eine sensationelle
Serie könnte RWE noch vor dem Abstieg retten.
Doch bevor man die starten kann, dürfte der Abstand
am kommenden, für Rot-Weiss spielfreien Wochenende
noch
einmal ein wenig anwachsen.
Dass sich der Abstieg immer deutlicher abzeichnet,
hat immerhin auch etwas Gutes. Viele Energien, die
für die zweigleisigen Planung der nächste
Saison ver(sch)wendet werden, können jetzt verstärkt
in die Arbeit an einem gesunden Fundament für
die neue Regionalliga gesteckt werden.
Immerhin soll laut Rolf Hempelmann die Lizenz für
diese Liga nicht in Gefahr sein. Viel mehr würde
man versuchen, die Voraussetzungen zu schaffen, auch
aus dieser Liga sofort wieder aufsteigen zu können.
Für wen diese Voraussetzungen geschaffen werden,
steht derzeit aber noch in den Sternen. Klar ist nur,
dass es in Zukunft andere Konstellationen an der Spitze
des Vereins geben wird. In Zukunft sollen Aufsichtsrat
und Vorstand Mitglieder mit mehr Kompetenzen im sportlichen
Bereich erhalten. Gerüchte über einen Abgang
Nico Schäfers kursieren nicht erst seit gestern.
Rolf Hempelmann hat seine Zukunft selbst mit der Stadionfrage
verknüpft, die er bis 30.6. lösen wollte.
Der Optimismus, dass ihm das noch gelingt, ist nach
vier Jahren Stadiondiskussion eher gering. Die sportliche
Situation tut ihr übriges dazu.
Und selbst wenn er den Stadionneubau doch noch - dass
die Stadt angeblich erwägen soll, ihr Engagement
im Stadionprojekt stark auszuweiten, ist ein Hoffnungsschimmer
– verkünden könnte, stünde RWE
sportlich wieder an dem Punkt, an dem Hempelmann übernommen
hatte. Auf große Rückendeckung im Verein
und im Umfeld dürfte er spätestens dann
nicht mehr zählen können.
Noch unklarer als wer den Verein führen wird
ist, wer in der nächsten Saison auf dem Rasen
stehen könnte. Jedenfalls soll kein Spieler der
ersten Mannschaft einen Vertrag für die vierte
Liga besitzen. Und vielen dieser Spieler dürfte
man keinen Vertrag für die neue Regionalliga
schmackhaft machen können.
Einige Akteure dürften alleine aufgrund ihres
Namens wieder oberhalb der vierten Spielklasse unterkommen.
Mancher (z.B. Rolf Christel Guie-Mien) zu Recht, andere
zu Unrecht. Junge Spieler wie Andersen, Brandy oder
Gorschlüter konnten sich im Laufe der Saison
einen Namen machen und sich auf die Einkaufslisten
anderer Vereine spielen. Man wird sich also wieder
auf einem komplett neuen Kader einstellen müssen.
Aber das ist an der Hafenstraße schon lange
nichts Ungewöhnliches mehr.
Am
kommenden Dienstag bietet sich den Spielern in Duisburg
beim Spiel gegen Fortuna Düsseldorf die Gelegenheit,
ihren Nachfolgern mit der Qualifikation für den
DFB-Pokal noch ein Willkommensgeschenk zu hinterlassen.
Das nächste Ligaspiel findet anderthalb Wochen
nach dem Pokalfinale in Wuppertal statt.
Anderthalb Wochen nach dem Pokalspiel, in denen man
beginnen kann, sich mit dem wahrscheinlichen Abstieg
anzufreunden.
Elf Tage, in denen man sich einreden kann, dass die
vierte Liga der scheinbar benötigte Neuanfang
wird.
264 Stunden, sich doch noch eine Karte für das
Spiel in Wuppertal zu kaufen.
15.840 Minuten, die man insgeheim doch weiterhofft.
950.400 Sekunden - bis zur nächsten Enttäuschung?
(hh)
.
|
Rot-Weiss Essen
Masuch - Joseph-Augustin (61. Said), Czyszczon,
Sereinig, Schäfer - Kazior (77. Güvenisik),
Gorschlüter, M. Lorenz, Brandy - Guie-Mien,
Kurth (72. Jans)
Union Berlin
Glinker - Bemben, Göhlert, Schulz, Gebhardt
- Mattuschka (86. Younga-Mouhani), Bönig, Spork
- Löring (75. Stuff), Biran (66. Benyamina),
Patschinski
Tore
0:1 Biran (53.), 0:2 Mattuschka (79.), 0:3 Benyamina
(90.)
Zuschauer
8.848
Schiedsrichter
Schiedsrichter: Schößling (Leipzig)
Gelbe Karten
Kazior - Gebhardt, Bönig.
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
4-
|
Sereinig |
4
|
Czyszczon |
4
|
Joseph-Augustin |
4-
|
Schäfer |
4
|
Gorschlüter |
4-
|
Guie-Mien |
3-
|
Brandy |
4+
|
Kazior |
4 |
M. Lorenz |
6+ |
Said |
5+ |
Kurth |
5+ |
|