28.07.2007

RWE - RW Oberhausen

 

Klassischer Fehlstart

Davon, dass in der kommenden Saison in Essen wieder einmal nur magere Regionalliga-Kost serviert werden würde, war vor dem Anpfiff zum Spiel gegen RWO am ersten Spieltag der Saison nicht viel zu merken. Über 15.000 Zuschauer strömten zur Hafenstraße, ausserdem hatte man gegen Rot-Weiß Oberhausen vor gar nicht all zu langer Zeit noch in der Zweiten Bundesliga gespielt. Und auch wenn Begegnungen gegen Nachbarn wie Bochum, Duisburg oder sogar Wuppertal, von Dortmund oder Schalke mal ganz zu schweigen, sicherlich reizvoller als Spiele gegen die Oberhausener sind, so ist RWE-RWO doch ein traditionsreiches Revierderby.

Obwohl mit Stefan Lorenz und Stijn Haeldermans die zwei vermeintlich besten Rot-Weissen Spieler verletzungsbedingt fehlten und Sturm-Hoffnungsträger Lindbaek wegen Trainingsrückstandes nichtmals im Kader stand, herrschte im Essener Lager doch wieder so etwas wie Zweitliga-Stimmung vor.

Das sollte sich nach dem Abpfiff geändert haben. Schaute man jetzt in die Gesichter auf den Rängen, sah das eher nach Depression als nach Freude auf die restlichen Spieltage der Saison aus.
Die RWO-Fans dürften hingegen bis zum Rückspiel auf Wolke Sieben schweben.
Sie konnten mitansehen, wie ihre Mannschaft ihr persönliches Schalke bis auf die Knochen blamieren konnte. Doch was war in den 90 Minuten passiert?

Nach eher durchwachsenem Spielbeginn begannen die echten Rot-Weissen langsam die Kontrolle zu übernehmen. Aus dem defensiven Mittelfeld angetrieben rollten endlich vermehrt Angriffe Richtung Gästetor. Doch leider blieb es bei der groben Richtung, klare Torchancen wurden nicht erspielt. So war es auch wenig verwunderlich, dass Rückkehrer Tim Gorschlüter mit einem Distanzschuss die bis dahin beste Möglichkeit des Spiels hatte.

Eine weitere gute Torgelegenheit ergab sich erst nach einer halben Stunde, als Rolf-Christel Guie-Mien ca. 20m vor dem Oberhausener Tor an den Ball kam, an den gegnerischen Verteidigern vorbeizog und wenig später doch recht resolut vom Gästetorwart Christoph Semmler im Strafraum zu Fall gebracht wurde.
Der Elfmeterpfiff des wie immer viel zu kleinlichen und sich mit großen Gesten selbst produzierenden Peter Gagelmann blieb jedoch aus und Guie-Mien musste erst einmal behandelt werden. Bis dahin präsentierte sich der Deutsch-Kongolese lauffreudig und anspielbereit und versuchte, das Spiel mit seinen genauen Pässen zu lenken. Doch diese Pässe gingen meistens in die Breite und nicht in die Tiefe, so dass auch sie keine Torgefahr erzeugen konnten. Zwar konnte Guie-Mien nach einigen Minuten weiterspielen, doch das Foul an ihm sollte trotzdem so etwas wie der Wendepunkt des Spiels werden.

Kurz nach der Szene in ihrem Strafraum konnten die Oberhausener den Ball im Mittelfeld erobern und mit einem langen Pass ihren Mittelstürmer Lüttmann auf dem linken Flügel einsetzen. Dieser konnte ungestört auf den Markus Kaya flanken, der zum überraschenden 0:1 einschob. Dieses Tor zeigte erstmals die Probleme in der Essener Defensive auf. Auf der rechten Essener Abwehrseite war Lüttmann völlig frei und hatte alle Zeit der Welt, sich umzusehen und den in den Strafraum laufenden und von Sereinig und Lorenz unbehelligten Kaya punktgenau anzuspielen. Der einrückende Brandy versuchte zwar noch zu retten, kam aber deutlich zu spät.

So ging es für die neuformierte Essener Mannschaft trotz durchaus ordentlicher Ansätze mit einem Rückstand in die erste Halbzeitpause der Saison.

Der Beginn der zweiten Hälfte ähnelte dann weiten Teilen der Ersten. RWE ließ in Ballbesitz den Ball gut durchs Mittelfeld laufen und schien RWO im Griff zu haben, doch zwingende Gelegenheiten wurden nicht erspielt. Die langen Bälle der Oberhausener Hintermannschaft wurden immer planloser und unsicherer, doch auch hieraus konnte RWE kein Kapital schlagen. Auch durch Standardsituationen entstand wenig Torgefahr, obwohl es vermehrt Eckbälle und Freistöße aus guter Position gegeben hatte.

Und so kam es wie es kommen musste: RWO nutzte einmal den sich bietenden Platz zum Kontern und kam über links Richtung Strafraum. Wer dachte, Kaya wäre beim 0:1 schon so frei wie möglich gewesen, wurde eines besseren belehrt: Die Essener orientierten sich am ballführenden Spieler und vergaßen dabei Lüttmann, so dass dieser nur angespielt werden musste und alle Zeit der Welt hatte, den Ball an Pirson vorbei zu schieben.

Kurz darauf kam es zum – sieht man einmal von einem Schüsschen von Terranova zu Anfang des Spiels ab – dritten ernstzunehmenden Konter der Gäste, der erst durch ein Foul kurz vor dem Strafraum gestoppt werden konnte. Den fälligen Freistoß verwandelte David Müller, und der Super-Gau zum Saisonstart war perfekt.

Die Essener Defensive drohte nun völlig auseinander zu fallen. Sekunden nach dem Tor verhinderte nur die Latte das vierte Gegentor durch einen Lüttmann-Kopfball.

Zu diesem Zeitpunkt begannen viele Zuschauer enttäuscht das Stadion zu verlassen. Sie verpassten wie der in den Sturm beorderte Michael Lorenz den Platzhirschen Vincent Wagner und Rafael Kazior zeigte, wie diese ihre Arbeit zu machen hätten. Einen Ball in den RWO-Sechzehner konnte er im Fallen durchaus sehenswert im Tor unterbringen und auf 1:3 verkürzen.

Der Schlusspunkt des Spiels war das aber noch nicht. Ein weiterer Angriff der Gäste wurde dieses mal im Strafraum durch einen ungeschickten Rempler von Pirson gestoppt, und ausgerechnet der Ex-Essener Kaya verwandelte vom Elfmeterpunkt mit seinem zweiten Tor zum Endstand von 1:4.
Für RWO ein Traumstart in die neue Saison, für RWE eine Debakel.

Sicherlich war der Oberhausener Sieg – vor allem in dieser Höhe – nicht all zu verdient. Aber er zeigte die Schwächen von Heiko Bonans Mannschaft doch in aller Deutlichkeit auf. Die Abwehr wackelt, und vor allem vom als Abwehrchef verpflichteten Daniel Sereinig muss man mehr erwarten. Aber auch Czyszczon und Lorenz können sich mit einem Video des 0:1 durchaus für eine führende Rolle im Hühnerstall bewerben.
Probleme gibt es aber nicht nur in der Hintermannschaft: In der Offensive fehlt der letzte Pass bzw. das letzte Dribbling, weswegen sich kaum klare Torchancen für RWE ergaben. Auf der Position im Sturm scheint Vincent Wagner den Anforderungen der Regionalliga noch nicht gewachsen, Rafael Kazior ist kein Mittelstürmer und Andre Schei Lindbaek hat nach Aussagen von Heiko Bonan noch gewaltigen Trainingsrückstand.

Alles in allem war das Spiel gegen Oberhausen ein ernüchternder Auftritt des neuen Teams, das eigentlich vom ersten Spieltag an das nicht immer einfache Publikum an der Hafenstraße auf seine Seite ziehen wollte. Im Liga-Alltag reichen gute Ansätze, die es sicherlich - vor allem von Gorschlüter, Brandy, Erfen und Guie-Mien – gab, nichtmals gegen einen Abstiegskandidaten, vor allem wenn sie mit so eklatant aufgetretenen Schwächen einhergehen. Das hat die Partie gegen Oberhausen gezeigt.

Im Pokal gegen Cottbus und in der Woche darauf beim Auswärtsspiel in Düsseldorf wird die Mannschaft aber noch stärker als gegen RWO gefordert werden. Vielleicht liegt gerade in der Schwierigkeit dieser Aufgaben die Chance zur Wiedergutmachung. Eine gute Leistung gegen Cottbus und ein Sieg in Düsseldorf würden das Debakel gegen RWO sicherlich erst einmal vergessen machen.

Doch bevor es dazu kommen kann, liegt noch eine ganze Menge Arbeit vor der Mannschaft und dem Trainerteam…


(hh)


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Rot-Weiss Essen

Pirson – M. Lorenz, Sereinig, Czyszczon – Erfen, Gorschlüter, Klinger (77. Stoppelkamp), Brandy – Güvenisik (70. Kotula), Guie-Mien – Wagner (53. Kazior)


Rot-Weiss Oberhausen

Semmler – Pappas, B. Reichert, Embers – Tennagels (79. Landers), T. Reichert (53. Narewsky), Kaya, Kruse, Müller – Terranova (87. Robben), Lüttmann


Tore

0:1 Kaya (33.), 0:2 Lüttmann (75.), 0:3 Müller (81.), 1:3 M. Lorenz (88.), 1:4 Kaya (90., Foulelfmeter)


Zuschauer

15.500


Schiedsrichter

Gagelmann (Bremen)


Gelbe Karten

Klinger, Stoppelkamp, Kazior, Pirson – Kruse, Tennagels








.....

Spieler des Spiels

 

Jawattdenn Spielerbewertung

Pirson
4+
Czyszczon
4+
Klinger
4+
Sereinig
4-
Erfen
3
Gorschlüter
3
Brandy
3-
M. Lorenz
3-
Güvenisik
4
Guie-Mien
3-
Wagner
5+
Kazior 4-