Ein Spiel zum Abgewöhnen
Frohen Mutes machten sich die rund 9.000 RWE-Anhänger
am Samstag auf ins Georg-Melches-Stadion. Das, was
sie dort erlebten, hätten wohl die größten
Pessimisten nicht erwartet.
Fangen
wir mit den Tatsachen an. Wir schreiben die zehnte
Spielminute: Der Ahlener Großkreutz tanzte mit
einer simplen Körpertäuschung die gesamte
RWE-Abwehr aus und passte in deren Rücken. Lars
Toborg, auf dessen Begleitschutz gänzlich verzichtet
wurde, hatte keine Mühe, den Ball in die Maschen
zu schieben. 0:1! In der Folgezeit wirkte die RWE-Elf
schockiert und brachte keine vernünftigen Aktionen
zustande. Kein Wunder, dass es bis zur 30. Minute
dauerte, ehe Andre Schei Lindbaek eine Flanke quer
vor Ahlens Keeper Dirk Langerbein legte, der mit diesem
Ball allerdings keinerlei Mühe hatte. Um es vorweg
zu nehmen, dies bleib die einzig positive Aktion des
Norwegers. Im zweiten Spielabschnitt passierte lange
Zeit gar nichts. Beide Mannschaften egalisierten sich
über weite Strecken - bis sich der Stundenzeiger
einmal um seine Achse drehte: Lars Toborg nutzte eine
von vielen Unzulänglichkeiten von Essens „Abwehrchef“
Daniel Sereing und schickte seinen Mannschaftskollegen
Martin Stahlberg steil. Dieser hatte keine Mühe,
der restlichen Verteidigung auf dreißig Metern
vierzig abzunehmen und schloss zum 0:2 ab. Damit war
das Spiel entschieden. RWE kam zwar in der Schlussphase
noch zu einem Pfostentreffer von David Czyczczon,
mehr brachten die Spieler von Rot-Weiss Essen jedoch
nicht zustande.
Die
RWE-Fans, frustriert und desillusioniert, forderten
nicht nur die Entlassung von Olaf Janßen oder
hatten „die Schnauze voll“, auch fragten
sich diese, wie es zu dieser Niederlage kommen konnte.
Zu allererst muss man feststellen, dass es der Mannschaft
heute an den grundlegensten Dingen des Fußballs
gefehlt hat. Das Team agierte plan-, kopf- und hilflos.
Einfachste Dinge wie der Pass zum nächsten Spieler
klappten nicht, die Ballannahme stellte in den häufigsten
Fällen die Spieler vor unlösbare Probleme.
Zum anderen das Spielsystem. Dass Trainer Bonan aufgrund
von Verletzungen in den letzten Wochen immer mal wieder
Spieler ersetzen muss, ist ärgerlich aber nicht
zu verhindern. Wieso er allerdings das komplette Spielsystem
umwirft, wird sein Geheimnis bleiben. So fing zum
Beispiel David Czyczczon als zweite Sturmspitze neben
Andre Lindbaek an und aus der Dreier- wurde eine absolut
uneingespielte Viererkette. Das dürfte nicht
nur bei den Zuschauern für Verwunderung gesorgt
haben, sondern auch bei den Spielern. Soll sich so
ein System entwickeln? Sollen die Spieler ihre Laufwege
so kennenlernen? Dass Bonan so früh in der Saison
sein System umstellt, stimmt nachdenklich. Dass er
diese Änderung nach dem 0:1, nach zehn Minuten,
wieder über den Haufen wirft, sorgt allerdings
nur noch für Kopfschütteln.
Ein weiterer Grund: Vor der Saison wurde vom Gardemaß
der Mannschaft geredet und der damit verbundenen Torgefahr
bei Standardsituationen. Dies blieb die Mannschaft
nicht nur im Spiel gegen Ahlen schuldig, sondern auch
schon in den Partien davor. Torgefahr bei hohen Bällen?
Fehlanzeige! Dies könnte natürlich auch
daran liegen, dass die Bälle in schöner
Regelmäßigkeit in Kniehöhe vor das
gegnerische Tor gebracht werden. Aber weiter zum nächsten
Punkt: Daniel Sereinig. Der Mann wurde als Führungsspieler
und als Chef der Dreierkette geholt. Bisher zeigte
er nicht ansatzweise, dass er dieser Rolle gerecht
wird. Ständiger Unruhefaktor in der Abwehr, in
der Spieleröffnung ungenügend und zudem
zum zweiten Mal in Folge vorzeitig ausgewechselt.
Die Höchststrafe für einen Führungsspieler,
Stefan Lorenz scharrt im Hintergrund mit den Hufen;
Licht am Ende des Tunnels!
Insgesamt ein Spiel zum Abgewöhnen und der Fan
auf der Tribüne, der bisher glaubte, dass das
Oberhausen-Spiel ein Ausrutscher gewesen ist, wird
sich mehr und mehr bewusst, dass eben das tolle Cottbus-Spiel
der "Ausrutscher" war.
Vor der Mannschaft von Heiko Bonan liegt noch viel,
viel Arbeit. Die Mannschaft scheint nicht, oder zumindest
noch nicht, die Stärke zu haben, die man selber
erwartet hat. Es wird eine harte Saison, in der das
Team nun schon mit dem Rücken zur Wand steht.
Leichter wird es nicht, zumal der Druck mit jeder
Niederlage größer wird.
(tz)
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Rot-Weiss Essen
Masuch - Kotula, Sereinig (64. Erfen), M. Schäfer
- Gorschlüter, M. Lorenz (46. Klinger) - Kazior
(46. Uzun), Guie-Mien, Brandy - Lindbaek, Czyszczon
Rot-Weiss Ahlen
Langerbein - M. Busch, di Gregorio, Kittner, Schaffrath
- Wiemann (71. Brinker), Miletic - Stahlberg, K. Großkreutz
(82. Heithölter), Bäumer - Toborg (68. Schoof)
Tore
0:1 Toborg (10.), 0:2 Stahlberg (60.)
Zuschauer
9.210
Schiedsrichter
Kuhl (Köln)
Gelbe Karten
M. Lorenz, Kotula - Wiemann, Schoof
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
3+
|
Czyszczon |
3-
|
Klinger |
4
|
Sereinig |
5
|
Erfen |
4+
|
Gorschlüter |
4+
|
Brandy |
4
|
M. Lorenz |
4+
|
Lindbaek |
5
|
Guie-Mien |
3-
|
Kazior |
4-
|
Uzun |
4+ |
Kotula |
4- |
Schäfer |
4- |
|