0:3 - Pokalträume platzen gegen humorlose
Hamburger
Rot-Weiss
Essen verabschiedet sich im Achtelfinale des DFB-Pokals
aus dem Wettbewerb. Der Gast aus Hamburg war zu übermächtig
und fuhr einen unspektakulären und nie gefährdeten
3:0 Sieg an der Hafenstraße ein.
Die beliebte Reporterphrase vom nicht zu spürenden
Klassenunterschied wäre gerne auch an dieser
Stelle wieder aufgegriffen worden, doch leider war
dieser gegen den HSV sehr wohl auszumachen. Die Musikkapelle
aus Hamburg spielte an der Hafenstraße vor und
Kapellmeister Huub Stevens und seine Mannen ließen
keine Zweifel daran, wer die tonangebende Mannschaft
sein würde. Knisternde Spannung und einen Pokalabend,
an dem der tapfere Drittligist gegen den Goliath aus
der Bundesliga den Aufstand probt, gab es an diesem
Tag nicht.
Und so kassierte RWE schon nach nur sechs Minuten
den ersten Tiefschlag. Eric Maxim Choupo-Moting düpierte
auf der rechten Seite mit Niklas Andersen und Jozef
Kotula gleich zwei Rot-Weiße und flankte mustergültig
auf den freistehenden Rafael van der Vaart, der nur
noch einköpfen musste. Die Hafenstraße
verstummte augenblicklich. Der Pokalleckerbissen mutierte
zum schwer verdaulichen Brocken. Zu schnell wurde
man auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.
Die Hamburger hielten von da an das Heft sicher in
der Hand und gaben es nicht mehr her. Rot-Weiss wurde
in der eigenen Hälfte eingeschnürt, bei
Ballbesitz sofort attackiert. Der HSV ließ Ball
und Gegner laufen und spielte gefällig und spielerisch
stark durch die eigenen Reihen. Immer wieder brachten
sich die teilweise nervös agierenden Gastgeber
durch technische Mängel bereits im Spielaufbau
in Bedrängnis. Der HSV griff früh an und
erstickte jeglichen Offensivdrang des Gegners bereits
im Mittelfeld. Einzig Tim Gorschlüter
konnte hin und wieder für einige Akzente nach
vorne sorgen. Bemühen war den Essenern dabei
nicht abzusprechen, der von Verletzungen gebeutelten
Mannschaft fehlten einzig die Mittel.
Der nächste Schock folgte sogleich, als Moritz
Stoppelkamp bereits nach 19 Minuten das Spielfeld
verlassen musste. Er wurde mit Verdacht auf Wadenbeinbruch
ausgewechselt. Für ihn kam Rafael Kazior.
Der HSV kontrollierte das Spiel vom Anpfiff bis zum
Ende der Partie. Nur selten konnte Rot-Weiss die Abwehr
der Hamburger in Verlegenheit bringen. So drückte
Neuzugang Joseph-„Jo“-Augustin den Ball
nach einer Ecke beinahe per Kopf über die Linie,
aber Frank Rost hielt sicher.
Doch diese Momente blieben selten: wenn die Heimmannschaft
sich einmal aus der Umklammerung der Nordlichter befreien
konnte, so bugsierten sie das Leder selten bis zum
Strafraum. Ungenaue Flanken, weiterhin ein Manko dieser
Mannschaft, verhinderten jegliche Torgefahr, so dass
auch der stets bemühte Neuzugang Paul Jans häufig
in der Luft hing.
Ganz anders dagegen der HSV. Die zweikampfstarken
Hanseaten hätten noch vor der Pause, nach einem
Gewaltschuss durch den brandgefährlichen Choupo-Moting,
auf 2:0 erhöhen können. Auch auf den Rängen
schlug sich mittlerweile die Übermacht der Hamburger
nieder. Einzig aus dem Block G drang Gesang in das
Rund.
Auch
nach dem Wechsel zeigte sich das gewohnte Bild. Erneut
war es Choupo-Moting, der mit einem fulminanten Distanzschuss
den schon geschlagenen Daniel Masuch prüfte.
Doch Niklas Andersen konnte in höchster Not das
Leder von der Linie kratzen.
Die Angriffsversuche der Essener brandeten an der
kaum geforderten sattelfesten HSV Defensive ab. Die
Null stand und schien auch kein bisschen zu wackeln.
Stattdessen markierte Piotr Trochowski mit einem satten
Schuss aus rund 20 Metern Entfernung die Vorentscheidung.
Der durchaus haltbare Aufsetzer schlug zum 2:0 ein
und war doch nur Ausdruck drückender Überlegenheit.
Die gerade aufkommende Stimmung der heimischen Fans
wurde unmittelbar im Keim erstickt.
Die Essener zeigten sich nach dem Wiederanpfiff unbeeindruckt.
Tim Erfen spielte Paul Jans an, doch dessen Schuss
strich rechts am Tor vorbei. Das Aufflackern der Offensive
wurde umgehend bestraft. Im Gegenzug spielte van der
Vaart den Ball auf Ivica Olic, der nicht lange fackelte
und den Ball sicher zum 0:3 versenkte. Damit war die
Messe nach rund 55 Minuten endgültig gelesen.
Bonan brachte mit Benjamin Baltes für Jozef Kotula
den dritten Neuzugang, aber auch dieser konnte gegen
die blaue Übermacht nichts ausrichten. Der HSV
schaltete zwei Gänge zurück und verwaltete
fortan das Ergebnis. Huub Stevens schonte seine Stars
Olic, de Jong und van der Vaart für den anstehenden
Bundesligastart in Hannover und so war es erneut Paul
Jans, der den Schlusspunkt in einer müden und
erstaunlich unspektakulären Pokalpartie setzte.
Aber der Holländer spitzelte nach einer Flanke
von Rafael Kazior, in der wohl größten
Tormöglichkeit der Hausherren, die Kugel freistehend
doch noch irgendwie am Tor vorbei.
Es reichte leider nicht einmal mehr zum Ehrentreffer.
Schiedsrichter Manuel Gräfe nutzte den Service
unserer neuen Anzeigetafel und pfiff pünktlich
nach 90 Minuten ab.
So
bleibt vom vermeintlichen Spiel des Jahres ein seltsam
schaler Nachgeschmack zurück, der im Abgang eher
nach Sparringspartner schmeckt. Es wurde nicht der
erhoffte große Pokalabend: eine ernüchternde
Erkenntnis, die für manchen im erstmals seit
fünf Jahren wieder ausverkauften Georg-Melches-Stadion
wohl undenkbar war. Bereits nach 75 Minuten leerten
sich die Reihen. Manch einer hatte für seine
bezahlten Euros wohl eine Mannschaft erwartet, die
den Bundesligadritten niederringt.
Ein unmögliches Unterfangen an diesem Abend.
Die Hamburger agierten zu clever, zu überlegen,
um eine Überraschung auch nur möglich zu
machen. Sie unterschätzten den Regionalligisten
zu keinem Zeitpunkt und spielten ihre Qualitäten
gnadenlos aus. Der HSV demonstrierte eindrucksvoll,
wie eine Bundesligamannschaft in solch einem Spiel
auftreten muss, um in keinerlei Bedrängnis zu
geraten. Die ersatzgeschwächte Elf von Heiko
Bonan mühte sich vergebens im Rahmen ihrer Möglichkeiten
und konnte der Qualität der Hamburger nichts
entgegensetzen.
Ihr bleibt nun die Aufgabe, sich auf die Liga zu konzentrieren
und alle Gedanken auf das erste Spiel bei RW Ahlen
zu richten. Das wird schwer genug, auch ohne dass
man sich mit einer Mannschaft von internationalem
Format messen muss.
(sb)
.
|
Rot-Weiss Essen
Masuch - Czyszczon, Joseph-Augustin, Andersen - Erfen,
Gorschlüter, M. Lorenz (67. Klinger), Kotula
(58. Baltes) - Brandy, Stoppelkamp (19. Kazior) -
Jans
Hamburger SV
Rost - Demel, Kompany, Mathijsen, Boateng - Jarolim,
de Jong (64. Benjamin) - Choupo-Moting, van der Vaart
(77. Ben-Hatira), Trochowski - Olic (69. Guerrero)
Tore
van der Vaart (6.), 0:2 Trochowski (52.), 0:3 Olic
(55.)
Zuschauer
21.500
Schiedsrichter
Gräfe
Gelbe Karten
Jans - Boateng
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
3-
|
Czyszczon |
4+
|
Andersen |
4
|
Joseph-Augustin |
3-
|
Erfen |
5
|
Kotula |
4+
|
Gorschlüter |
3+
|
Brandy |
3-
|
M. Lorenz |
4
|
Jans |
3+
|
Kazior |
5+
|
Baltes |
5+ |
|