30.01.2008

DFB-Pokal RWE - Hamburger SV

 

0:3 - Pokalträume platzen gegen humorlose Hamburger

Rot-Weiss Essen verabschiedet sich im Achtelfinale des DFB-Pokals aus dem Wettbewerb. Der Gast aus Hamburg war zu übermächtig und fuhr einen unspektakulären und nie gefährdeten 3:0 Sieg an der Hafenstraße ein.

Die beliebte Reporterphrase vom nicht zu spürenden Klassenunterschied wäre gerne auch an dieser Stelle wieder aufgegriffen worden, doch leider war dieser gegen den HSV sehr wohl auszumachen. Die Musikkapelle aus Hamburg spielte an der Hafenstraße vor und Kapellmeister Huub Stevens und seine Mannen ließen keine Zweifel daran, wer die tonangebende Mannschaft sein würde. Knisternde Spannung und einen Pokalabend, an dem der tapfere Drittligist gegen den Goliath aus der Bundesliga den Aufstand probt, gab es an diesem Tag nicht.

Und so kassierte RWE schon nach nur sechs Minuten den ersten Tiefschlag. Eric Maxim Choupo-Moting düpierte auf der rechten Seite mit Niklas Andersen und Jozef Kotula gleich zwei Rot-Weiße und flankte mustergültig auf den freistehenden Rafael van der Vaart, der nur noch einköpfen musste. Die Hafenstraße verstummte augenblicklich. Der Pokalleckerbissen mutierte zum schwer verdaulichen Brocken. Zu schnell wurde man auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Die Hamburger hielten von da an das Heft sicher in der Hand und gaben es nicht mehr her. Rot-Weiss wurde in der eigenen Hälfte eingeschnürt, bei Ballbesitz sofort attackiert. Der HSV ließ Ball und Gegner laufen und spielte gefällig und spielerisch stark durch die eigenen Reihen. Immer wieder brachten sich die teilweise nervös agierenden Gastgeber durch technische Mängel bereits im Spielaufbau in Bedrängnis. Der HSV griff früh an und erstickte jeglichen Offensivdrang des Gegners bereits im Mittelfeld. Einzig Tim Gorschlüter konnte hin und wieder für einige Akzente nach vorne sorgen. Bemühen war den Essenern dabei nicht abzusprechen, der von Verletzungen gebeutelten Mannschaft fehlten einzig die Mittel.

Der nächste Schock folgte sogleich, als Moritz Stoppelkamp bereits nach 19 Minuten das Spielfeld verlassen musste. Er wurde mit Verdacht auf Wadenbeinbruch ausgewechselt. Für ihn kam Rafael Kazior.

Der HSV kontrollierte das Spiel vom Anpfiff bis zum Ende der Partie. Nur selten konnte Rot-Weiss die Abwehr der Hamburger in Verlegenheit bringen. So drückte Neuzugang Joseph-„Jo“-Augustin den Ball nach einer Ecke beinahe per Kopf über die Linie, aber Frank Rost hielt sicher.

Doch diese Momente blieben selten: wenn die Heimmannschaft sich einmal aus der Umklammerung der Nordlichter befreien konnte, so bugsierten sie das Leder selten bis zum Strafraum. Ungenaue Flanken, weiterhin ein Manko dieser Mannschaft, verhinderten jegliche Torgefahr, so dass auch der stets bemühte Neuzugang Paul Jans häufig in der Luft hing.

Ganz anders dagegen der HSV. Die zweikampfstarken Hanseaten hätten noch vor der Pause, nach einem Gewaltschuss durch den brandgefährlichen Choupo-Moting, auf 2:0 erhöhen können. Auch auf den Rängen schlug sich mittlerweile die Übermacht der Hamburger nieder. Einzig aus dem Block G drang Gesang in das Rund.

Auch nach dem Wechsel zeigte sich das gewohnte Bild. Erneut war es Choupo-Moting, der mit einem fulminanten Distanzschuss den schon geschlagenen Daniel Masuch prüfte. Doch Niklas Andersen konnte in höchster Not das Leder von der Linie kratzen.
Die Angriffsversuche der Essener brandeten an der kaum geforderten sattelfesten HSV Defensive ab. Die Null stand und schien auch kein bisschen zu wackeln. Stattdessen markierte Piotr Trochowski mit einem satten Schuss aus rund 20 Metern Entfernung die Vorentscheidung. Der durchaus haltbare Aufsetzer schlug zum 2:0 ein und war doch nur Ausdruck drückender Überlegenheit. Die gerade aufkommende Stimmung der heimischen Fans wurde unmittelbar im Keim erstickt.

Die Essener zeigten sich nach dem Wiederanpfiff unbeeindruckt. Tim Erfen spielte Paul Jans an, doch dessen Schuss strich rechts am Tor vorbei. Das Aufflackern der Offensive wurde umgehend bestraft. Im Gegenzug spielte van der Vaart den Ball auf Ivica Olic, der nicht lange fackelte und den Ball sicher zum 0:3 versenkte. Damit war die Messe nach rund 55 Minuten endgültig gelesen.

Bonan brachte mit Benjamin Baltes für Jozef Kotula den dritten Neuzugang, aber auch dieser konnte gegen die blaue Übermacht nichts ausrichten. Der HSV schaltete zwei Gänge zurück und verwaltete fortan das Ergebnis. Huub Stevens schonte seine Stars Olic, de Jong und van der Vaart für den anstehenden Bundesligastart in Hannover und so war es erneut Paul Jans, der den Schlusspunkt in einer müden und erstaunlich unspektakulären Pokalpartie setzte. Aber der Holländer spitzelte nach einer Flanke von Rafael Kazior, in der wohl größten Tormöglichkeit der Hausherren, die Kugel freistehend doch noch irgendwie am Tor vorbei.

Es reichte leider nicht einmal mehr zum Ehrentreffer. Schiedsrichter Manuel Gräfe nutzte den Service unserer neuen Anzeigetafel und pfiff pünktlich nach 90 Minuten ab.

So bleibt vom vermeintlichen Spiel des Jahres ein seltsam schaler Nachgeschmack zurück, der im Abgang eher nach Sparringspartner schmeckt. Es wurde nicht der erhoffte große Pokalabend: eine ernüchternde Erkenntnis, die für manchen im erstmals seit fünf Jahren wieder ausverkauften Georg-Melches-Stadion wohl undenkbar war. Bereits nach 75 Minuten leerten sich die Reihen. Manch einer hatte für seine bezahlten Euros wohl eine Mannschaft erwartet, die den Bundesligadritten niederringt.

Ein unmögliches Unterfangen an diesem Abend. Die Hamburger agierten zu clever, zu überlegen, um eine Überraschung auch nur möglich zu machen. Sie unterschätzten den Regionalligisten zu keinem Zeitpunkt und spielten ihre Qualitäten gnadenlos aus. Der HSV demonstrierte eindrucksvoll, wie eine Bundesligamannschaft in solch einem Spiel auftreten muss, um in keinerlei Bedrängnis zu geraten. Die ersatzgeschwächte Elf von Heiko Bonan mühte sich vergebens im Rahmen ihrer Möglichkeiten und konnte der Qualität der Hamburger nichts entgegensetzen.

Ihr bleibt nun die Aufgabe, sich auf die Liga zu konzentrieren und alle Gedanken auf das erste Spiel bei RW Ahlen zu richten. Das wird schwer genug, auch ohne dass man sich mit einer Mannschaft von internationalem Format messen muss.


(sb)


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Rot-Weiss Essen

Masuch - Czyszczon, Joseph-Augustin, Andersen - Erfen, Gorschlüter, M. Lorenz (67. Klinger), Kotula (58. Baltes) - Brandy, Stoppelkamp (19. Kazior) - Jans


Hamburger SV

Rost - Demel, Kompany, Mathijsen, Boateng - Jarolim, de Jong (64. Benjamin) - Choupo-Moting, van der Vaart (77. Ben-Hatira), Trochowski - Olic (69. Guerrero)


Tore

van der Vaart (6.), 0:2 Trochowski (52.), 0:3 Olic (55.)


Zuschauer

21.500


Schiedsrichter

Gräfe


Gelbe Karten

Jans - Boateng






.....

 

Spieler des Spiels

 

Tim Gorschlüter

 

Jawattdenn Spielerbewertung


Masuch
3-
Czyszczon
4+
Andersen
4
Joseph-Augustin
3-
Erfen
5
Kotula
4+
Gorschlüter
3+
Brandy
3-
M. Lorenz
4
Jans
3+
Kazior
5+
Baltes 5+