Bringt ein Sieg den Verein wieder auf Kurs?
Wenn am Freitagabend die Kicker von RWE und Emden
das Spielfeld des Georg-Melches-Stadions betreten,
steht für unsere Rot-Weißen ein richtungweisendes
Spiel unmittelbar bevor – mal
wieder. Denn auch die Spiele gegen Ahlen und Dortmund
II trugen bereits dieses Attribut, die Richtung änderte
sich bekanntlich jedoch nicht. Die Luft für den
Tabellenachtzehnten, insbesondere für Heiko Bonan,
wird dünner. Will man nicht für längere
Zeit in den dunkelsten Tabellenregionen verweilen,
muss ein Dreier endlich für eine Richtungsänderung
sorgen.
Emden wird dies freilich verhindern wollen. Die Vorzeichen
dafür stehen gar nicht schlecht, ist Emden doch
auch für viele Experten überraschend gut
aus den Startlöchern gekommen; neun Punkte nach
vier Spielen stehen bereits auf dem Konto der Küstenstädter,
obwohl der Kader nach der starken vergangenen Saison,
an deren letzten Spieltag man noch für wenige
Minuten auf einem Aufstiegsrang stand, einen großen
Aderlass zu verkraften hatte. Mit Grgic, Gundelach,
Hoffmeister, Altin und Tornieporth verließen
den Club gleich fünf Stammspieler und Leistungsträger,
die nur wenig namhaft ersetzt wurden. Die noch bekanntesten
Neuzugänge sind der ehemalige Saarbrücker
Nehrbauer und der bundesligaerfahrene Rauw (Bielefeld).
Beide schafften direkt den Sprung in die Stammelf,
genauso wie der vom neuen Coach Stefan Emmerling aus
Aachens Oberligatruppe mitgebrachte Mittelfeldspieler
Moosmayer (erzielte das Siegtor in Braunschweig) und
der linke Verteidiger Krük,
der in Mönchengladbachs Jugend groß wurde
und in der abgelaufenen Saison erstmals ein wenig
Regionalligaluft schnuppern durfte. Die Neuzugänge
erfüllen bisher alle Erwartungen. Im Gegensatz
zu Essen scheint Emden ein besseres Auge für
brauchbare und auch mit kleinem Geldbeutel finanzierbare
Neuzugänge zu haben. Dieser Eindruck wird sich
hoffentlich im Laufe der Saison noch relativieren.
Von mehr als Platz 10 spricht in Emden trotz der gelungenen
Integration der Neuen niemand. Ein Aufstieg in die
Zweite Liga wäre der größte Erfolg
in der Vereinsgeschichte. Nachdem Emden in den Nachkriegsjahren
noch in der Oberliga Nord, die damals eine zweitklassige
Amateurliga war, gespielt hatte, pendelte man anschließend
zwischen der Dritt- und Viertklassigkeit. Lediglich
1994 klopfte Emden einmal ernsthaft an das Tor zum
Profifußball, als man als Meister der Oberliga
Nord an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga teilnahm.
Dort war man gegen den FSV Frankfurt, SSV Ulm und
Eintracht Trier jedoch chancenlos. Fünf Jahre
hielt man sich anschließend in der neu gegründeten
Regionalliga, bis 1999 der Absturz in die viertklassige
Oberliga Niedersachsen folgte. Zweimal wurde Emden
anschließend in dieser Liga Meister (2000, 2003)
– zweimal verpasste man trotzdem in der Relegation
den Wiederaufstieg (gegen Lüneburg und Neumünster).
Erst nach der Zusammenlegung der Oberligen Niedersachsen
und Schleswig-Holstein gelang 2005 als Meister der
Oberliga Nord die (zum Emder Glück nun relegationsfreie)
Rückkehr in die Drittklassigkeit. Bereits im
ersten Jahr konnte der Neuling trotz eines Fehlstarts
(0:3 gegen RWE - Mensch, waren das
torreiche Zeiten!) in der Liga schnell Fuß fassen
und die Saison mit einem beachtlichen neunten Platz
abschließen – und zwar vor dem VfL Osnabrück,
was man in Emden gerne betont.
Emden hat keine Ausfälle zu beklagen, es ist
daher zu erwarten, dass die bislang erfolgreiche Stammelf
auch in Essen auflaufen wird. Emmerling lässt
ein klassisches 4-4-2 spielen, je nach Gegner mal
defensiver, mal offensiver ausgerichtet. In der Viererkette
spielen neben den schon erwähnten Rauw und Krük
der rechte Verteidiger Nägelein (kehrte schon
zur vergangenen Saison nach einem kurzen, weniger
erfolgreichen Burghausen-Abstecher wieder nach Emden
zurück) und der Bosnier Spahic, der bereits in
seine dritte Saison bei den Kickers geht und auf den
zarten Vornamen Jasmin hört.
Das Mittelfeld bilden neben Mossmayer und Nehrbauer
der auch in Essen bekannte Routinier Rudolf Zedi sowie
der torgefährliche Celikovic, der in der vergangenen
Saison für einen Mittelfeldspieler beachtliche
sieben Tore bei 14 Einsätzen erzielte. Im Sturm
spielen der bislang dreifache Torschütze Vujanovic
(zwölf Treffer in der vergangenen Saison) und
der aus Lübeck gekommene Neitzel. Im Tor steht
der nach dem Abgang von Torwart Hoffmeister zur neuen
Nummer 1 aufgestiegene Rickert.
Eine Aufstellungsprognose erscheint dagegen bei RWE
nicht sehr sinnvoll, wechselt Bonan doch gerne wöchentlich
Spieler und Positionen. Sicher ist nur, dass die Achse
Masuch, Czyszczchon, Michael Lorenz und Güvenisik
spielen wird – auf welchen Positionen auch immer.
Dass die bislang enttäuschenden und in Dortmund
nicht berücksichtigten Lindbaek und Sereinig
wieder in die Mannschaft
zurückkehren, erscheint unwahrscheinlich. Ausfallen
werden nach wie vor Stefan Lorenz und Stijn Haeldermans.
Letzterer wird nächste Woche wieder in das Mannschaftstraining
einsteigen können, so dass er vielleicht in Wolfsburg
zumindest wieder auf der Bank Platz nehmen können
wird.
Es wird – und das ist sicher keine überraschende
Erkenntnis – ein hartes Stück Arbeit gegen
eine Mannschaft, die sich bereits gefunden hat. Unsere
Abwehr muss ihre Fehlerquote mindestens so gering
wie in Dortmund halten, denn die torgefährliche
Offensive der Gäste braucht sicher nicht viele
Einladungen, bis der Ball im Netz zappelt.
Gespannt darf man auf die Stimmung im Stadion sein.
Nach den letzten Misserfolgen droht die geringste
Besucherzahl seit dem 10.04.2003 (damals 6400 gegen
den HSVII). Aber vielleicht nimmt das ja der Mannschaft
den Druck…
(mj)
Bilder: Regionalliga Nord 2005/06 Rot-Weiss Essen
- Kickers Emden 3:1
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