Auch gegen Emden nur Ebbe
„Wann kommt die Flut?“ – Wie in
dem bekannten Lied von Witt und Heppner wird diese
Frage nach dem Spiel gegen Emden rund um die Hafenstraße
gestellt. Drei Heimspiele – drei Niederlagen,
so lautet die bittere Bilanz zu Beginn der neuen Regionalligasaison,
mit nur zwei Zählern steht RWE auf dem vorletzten
Tabellenplatz. Nicht Düsseldorf, Wuppertal und
Lübeck sind die derzeitigen Gradmesser, sondern
Mannschaften wie Oberhausen, Union Berlin oder die
Zweitvertretungen aus Cottbus und Dortmund. Schlimmer
geht es derzeitig wirklich nicht mehr.
Dabei hatte Trainer Bonan mit einer veränderten
Startaufstellung versucht, dass Schicksal doch noch
zum Guten zu wenden. Mit Vincent Wagner und Rolf-Christel
Guie-Mien sollte mehr für das Offensivspiel getan
werden. Etwas überraschend war auch der stark
kritisierte „Abwehrchef“ Daniel Sereinig
wieder von Anfang an auf dem Platz. Der gegen Dortmund
enttäuschende Angreifer Kazior, Mario Klinger
und der verletzte Mitja Schäfer durften bei dem
Unternehmen „1. Heimsieg der neuen Saison“
nur zuschauen.
Aber schon die Anfangsphase deutete darauf hin, dass
das Spiel nicht gerade von der Angriffslust der beiden
Mannschaften bestimmt wird. Viele Ballstafetten im
Mittelfeld sorgten schnell für Langeweile unter
den Zuschauern, die von Beginn an das Team lautstark
unterstützten. Die erste „Möglichkeit“
durch einen Kopfball
von Sereinig, der weit über das Tor strich, hätte
wohl nicht einmal Platz in dem dicksten Statistikbuch
der Welt gehabt.
Für etwas mehr Spannung sorgten Standards, aber
auch die waren eher Mangelware. In der 21. Minute
erarbeitete sich der Gast aus Emden die erste Ecke.
Und schon war es passiert: Während sich gesamten
rot-weißen Verteidiger sich im tiefsten Winterschlaf
befanden, köpfte der Emder Neitzel der Ball unbedrängt
in die Maschen. Zum dritten Mal geriet RWE in dieser
Saison zu Hause in Rückstand. Doch noch blieb
der Mannschaft genug Zeit, auf die schon gewohnte
Situation zu reagieren.
Doch eine Reaktion ganz anderer Art sollte für
reichlich Diskussionsstoff sorgen. Nach nur 30 Minuten
musste Ferhat Kiskanc unter hämischen Applaus
vieler Zuschauer den Platz verlassen. Sicherlich wirkte
Kiskanc von Beginn an unaufmerksam und desorientiert,
aber mindestens vier weitere Spieler befanden sich
auf einem ähnlich schlechten Leistungsniveau.
Zudem steht Kiskanc als ehemaliger Stammspieler der
Zweitligamannschaft und vermeintlichen Liebling von
Ex-Trainer Köstner von Beginn der Saison an unter
besonderer Beobachtung. Viel mehr könnte man
die Frage stellen, warum Kiskanc überhaupt für
die Startaufstellung berücksichtigt wurde. Manchem
Beobachter kam da das Wort „Demontage“ in
den Kopf.
Mit Michael Harrer folgte ein Spieler, der bis dato
überhaupt nicht in den Fokus der Fans und wahrscheinlich
auch der Verantwortlichen gerückt war. Doch gerade
er sollte bei der nächsten Szene im Mittelpunkt
stehen. Nach einer Vorarbeit von Vincent Wagner, die
eigentlich diese Bezeichnung nicht verdient hat, landet
der Ball zunächst beim Emder Schlussmann Rickert,
der kann den Ball aber nicht festhalten, und Harrer
nutzt die Chance zum vermeintlichen Ausgleich. Doch
der Schiedsrichter deutete mit
seiner Geste nicht zum Mittelpunkt, sondern entschied
nach einem Augenblick des Zögerns auf Foulspiel
am Torwart der Kickers.
Die Gemüter waren erhitzt, so dass sich RWE-Angreifer
Güvenisik ein Foulspiel der ganz üblen Sorte
an dem Emder Mossmayer erlaubte. Sofort sprang die
Emder Bank in Richtung des Tatorts auf, unterstützt
von der Masse der eigenen Spieler. Wenn dann noch
Essener Spieler hinzukommen, nennt man dies in der
allgemeinen Sprache der Fußballregeln eine „Rudelbildung“.
In dieser unübersichtlichen Situation zeigte
Schiedsrichter Grudzinski dem Essener Michael Lorenz
und dem Emder Spahic die rote Karte, Güvenisik
erhielt nur gelb. Ob dies wirklich die richtigen Spieler
getroffen hat, ist fraglich. Da hilft wohl nur die
Studie von Fernsehbildern.
Der Rest der ersten Halbzeit verlief weniger spektakulär.
Essen war zwar bemühter, doch das komplette Spiel
wirkte hilflos. Symbolisch für das Spiel von
RWE war Tim Gorschlüter, der nach einem guten
Solo einfach am Emder Verteidiger hängen bleibt
und gerade eine Minute später in einer weiteren
Szene bei einem einfachen Pass auf dem Boden ausrutscht.
Einzig die Kopfballchance von Verteidiger Czysczon
kurz vor dem Abpfiff der ersten Halbzeit sorgte noch
einmal für Gefahr vor dem Kasten der Norddeutschen.
Hilflos war wohl auch Trainer Bonan, der in der Halbzeit
zum zweiten Mal auswechselte. Nun sollte der in dieser
Saison blass gebliebene Angreifer Kazior das Blatt
wenden. Und zunächst schien es so, als ob dadurch
mehr Schwung in das Angriffsspiel der Essener kam.
Erst scheitert Güvenisik aus einer guten Schussposition
an Torwart Richert, danach dribbelt sich Kazior durch
den Strafraum und bereitet die Tormöglichkeit
für Güvenisik vor, der aber am Tor vorbeizielt.
Das war es aber wieder einmal mit der rot-weißen
Torgefährlichkeit, der Beschuss auf das Emder
Tor wurde eingestellt. Bis zum gegnerischen Sechzehner
sah das Spiel noch bemüht und gefällig aus,
danach war aber auch in 9 von 10 Fällen das Ende
der Fahnenstange erreicht. Bis zur 84. Minute hatte
auch Emden nur eine Torchance. Das Resultat ist bekannt.
Nur einmal tauchte ein Emder Spieler vor dem Essener
Schlussmann Masuch auf, doch der Schiedsrichter entschied
auf Abseits.
In der schon erwähnten 84. Minute wurde es doch
noch einmal aufregend. Ein schöner Emder Konter
landet auf die Füße von Kickersspieler
Krük, der angeblich von Gorschlüter zu Fall
gebracht wird. Der Schiedsrichter entschied aus guter
Sichtposition sofort auf Strafstoß. Ein Fall
für den Emder Knipser Vujanovic, doch der scheitert
kläglich an Masuch. Die wohl beste Tat eines
Essener Spielers in dieser Saison. Doch auch sein
lautstarker Appell an seine Mitspieler konnte nichts
mehr bewirken: Es blieb trotz einer guten Chance von
Harrer, der noch der beste Feldspieler war, und einer
weiteren Kopfballmöglichkeit beim 1:0 für
die Gäste.
Hatte man als RWE-Fan in den letzten Jahren das Gefühl,
es wäre der Tiefsstand erreicht, ist man jetzt
eines Besseren belehrt worden. Es scheint kein System
vorhanden zu sein, die Fluktuation in der Startaufstellung
ist hoch, das Offensivspiel gar nicht erst vorhanden
und die Defensive trotz weniger Möglichkeiten
der Gegner extrem anfällig. Nur die Baustelle
am Limbecker Platz für das neue Einkaufszentrum
scheint größer zu sein. Zeit hat das Umfeld
aber keine. Die Fans sind durch die deutlichen „Janßen
raus!“ und „Wir haben die Schnauze voll!“
schon jetzt auf die Barrikaden gegangen. Und damit
sind nicht die Unverbesserlichen gemeint, die nach
dem Spiel vor der Geschäftsstelle randaliert
und einen Polizeieinsatz erforderlich gemacht haben.
Schon jetzt sind es vier Punkte bis zum Mindestziel
Platz 10, es können sogar nach diesem Spieltag
mehr werden. Aber vielleicht kommt sie doch, die Flut.
Die Frage bleibt allerdings, ob sie Punkte mit sich
bringt oder Verantwortliche mit sich reißt.
(pd)
.
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Rot-Weiss Essen
Masuch - Czyszczon (70. Klinger), Sereinig, Andersen
- Kotula, M. Lorenz, Gorschlüter, Kiskanc (30.
Harrer) - Guie-Mien, Güvenisik - Wagner (46.
Wagner)
Kickers Emden
Rickert - Nägelein, Rauw, Spahic, Krük -
Celikovic (62. Nachtigall), Nehrbauer, Zedi, Moosmayer
- Neitzel (79. Reichwein), Vujanovic (89. Litjens)
Tore
0:1 Neitzel (21.)
Zuschauer
9.045
Schiedsrichter
Grudzinski (Hamburg)
Gelbe Karten
Güvenisik, Czyszczon, Kazior, Gorschlüter
- Nägelein, Celikovic, Nehrbauer
Rote Karten
M. Lorenz (Essen) und Spahic (Emden) wegen Unsportlichkeit
(38.)
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
3+
|
Czyszczon |
4+
|
Kotula |
4-
|
Sereinig |
4+
|
Andersen |
4
|
M. Lorenz |
5+
|
Gorschlüter |
4-
|
Kiskanc |
5-
|
Guié-Mien |
3-
|
Güvenisik |
3-
|
Wagner |
5+
|
Harrer |
4 |
Kazior |
5+ |
|