RWE - Energie Cottbus II
Von Lausitzkickern und Ruhrpottfußballern
„Cottbus? Hatten wir die nicht schon mal
in dieser Saison?“ Diese berechtigte Frage kann
nur bedingt mit „Ja“ beantwortet werden.
Ein schon fast unheimlicher Zufall wollte es, dass
die Mannschaft von der Hafenstraße das dritte
Mal hintereinander auf Energie Cottbus in der 1. Hauptrunde
des DFB-Pokals traf – allerdings gegen die Erstvertretung.
Deshalb kann ein RWE-Fan schon einmal allergisch reagieren,
wenn er den Namen dieses Ostklubs hört. Dass
jetzt, knapp zweieinhalb Monate später, auch
noch die Zweitvertretung an der Hafenstraße
aufschlägt, zeigt, wie grau der Alltag in der
Regionalliga Nord wirklich ist.
Eine ganz große Gemeinsamkeit haben aber beide
Cottbuser Mannschaften, die leider wenig für
die Attraktivität des derzeitigen Fußballs
in der Lausitz spricht. Beide Teams sind Träger
der roten Laterne in ihrer jeweiligen Liga. Die Bilanz
von Cottbus II in der Regionalliga ist sogar als katastrophal
zu bezeichnen. Nur ein Sieg aus 13 Spielen, weitere
vier Unentschieden und drei geschossene Tore sprechen
für sich.
Dieser eine Sieg hatte es aber in sich, da Energie
bei den heimstarken Erfurtern bestehen konnte. Zwar
war dieses Ergebnis ein wenig glücklich und mit
zwei Platzverweisen teuer erkauft, traf aber die gesamte
Liga wie ein Paukenschlag. Der Schwung aus dem Erfurtspiel
konnte allerdings nicht mitgenommen werden, eine Woche
später musste man sich Union Berlin mit 0:2 geschlagen
geben.
Die Mannschaft von Heiko Weber, der zuvor bei Carl-Zeiss
Jena beschäftigt war, besteht aus vielen Unbekannten.
13 Neuzugänge stehen zwölf Abgängen
gegenüber. Einzig Ronny Thielemann, der mit Energie
Cottbus schon Erfolge in der 1. Bundesliga feierte,
dürfte Fußballexperten ein Begriff sein.
Ansonsten setzt Heiko Weber auf die Jugend. Die Mannschaft
hat ein Durchschnittsalter von gerade einmal 20 Jahren,
die Spieler Feick, Männel und Mickel zählen
zum Aufgebot der DFB-Jugendmannschaften. Diese große
Unbekümmertheit sollte ein großer Trumpf
im Kampf um den Klassenerhalt sein, doch auf lange
Sicht wird diese Mannschaft kaum eine Chance haben,
im Haifischbecken der Regionalliga Nord zu bestehen.
Doch man sollte dieses Spiel nicht auf die leichte
Schulter nehmen. Düsseldorf, Emden und Ahlen
konnten Energie nur knapp mit 1:0 besiegen, insgesamt
erhielt Cottbus nur in Braunschweig eine richtige
Packung (0:5). Zudem gab es eine deutliche 0:3 Niederlage
daheim gegen Dortmund II. Die Lausitzkicker versuchen
vor allem durch eine stabile Abwehr die Punkte einzufahren.
Allerdings reist der Kader nicht komplett ins Ruhrgebiet,
der zwanzigjährige Hoffnungsträger Jan Hochscheidt
fällt mit einem Bruch im Schultereckgelenk acht
bis zehn Wochen aus.
Weitaus rosiger sieht die Welt etwa 620 Kilometer
westlich von Cottbus aus. Nach dem 4:0 - Sieg in Bremen
liegt Essen wieder im Soll im Kampf um einen Platz
in der eingleisigen Dritten Liga, auch nach ganz oben
darf wieder leicht geblinzelt werden. Nur der Ausfall
von Kapitän Stefan Lorenz wiegt schwer, da er
der Abwehr nach einem schwachen Saisonstart die nötige
Stabilität gab. Bleibt zu hoffen, dass Daniel
Sereinig seine ansteigende Form beibehält. Außerdem
muss man nach dem längeren Ausfall von Angreifer
Güvenisik darauf bauen, dass die dünn besetzte
Offensive weiter so torgefährlich bleibt wie
in der Partie gegen Bremen.
Ein vermeintlich leichter Gegner, eine steil ansteigende
Formkurve des eigenen Teams, eine kleine Euphoriewelle
unter den Fans – kaum eine Situation ist gefährlicher
als diese. Die Pflichtaufgabe gegen Cottbus muss erfüllt
werden, um weiter oben dran zu bleiben. Oder man versinkt
weiter im grauen Alltag der Regionalliga Nord, zu
dem eine Zweitvertretung aus der Lausitz zweifelsohne
gehört.
(pd)