Aufsteigen? Arschlecken!
Das ist vielleicht eine Erkenntnis, die man aus
der wiederholten Hilflosigkeit unserer Offensivabteilung
gegen tief stehende Gastmannschaften gewinnen kann.
Dass man auswärts oder gegen Spitzenteams wie
Erfurt und Wuppertal wesentlich ansehnlicheren und
erfolgreicheren Fußball spielt, scheint kein
Zufall mehr zu sein. Zwar fehlten mit Gorschlüter
und Güvenisik zwei sehr wichtige Kreativ-Leistungsträger,
doch darf dies keine Erklärung für fehlende
Torgefahr gegen das (ehemalige) Tabellenschlusslicht
sein. Der Kader besitzt zahlreiche Alternativen, von
denen die meisten Stammplatzansprüche stellen.
Eine davon ist Mario Klinger, der für den gesperrten
Gorschlüter zum Einsatz kam – dies wird
nach dem heutigen Auftritt sicher in Hamburg wieder
anders sein. Mit Stoppelkamp saß dafür
ein deutlich offensivstärkerer
Mittelfeldspieler auf der Bank.
Für Stefan Lorenz rückte Czyszczon in die
Dreierkette, der nach zahlreichen Unsicherheiten schon
nach 30 Minuten den Platz verlassen musste –
aus taktischen Gründen, was Heiko Bonan in der
Pressekonferenz betonte.
Wer nach sieben Spielen ohne Niederlage eine mutig
und selbstbewusst nach vorn spielende RWE-Mannschaft,
die dem Gegner ihr Spiel aufzwingt, erwartet hatte,
der wurde bitter enttäuscht. RWE spielte abwartend,
ja beinahe ängstlich und mit nur einer echten
Spitze (Kurth).
Die vergebens auf einen Essener Sturmlauf und Pressing
wartenden Cottbuser nutzten die Gelegenheiten, die
sich durch das unerwartet ungestörte Aufbauspiel
ergaben und spielten durchaus gefällig nach vorne.
Glück hatte Essen direkt in der dritten Minute,
als der Schiedsrichter einen Cottbuser Treffer aufgrund
eines vermeintlichen Foulspiels nicht anerkannte.
Zuvor behinderten sich Czyszczon und Sereinig gegenseitig
beim Versuch, den Ball zu klären. In der Folgezeit
bemühten sich die Rot-Weißen zwar um einen
kontrollierten Spielaufbau, zündende Ideen im
Mittelfeld blieben jedoch Mangelware. So schaltete
man schnell auf das doch noch nicht verbannte „Langholz“
um, doch damit konnte man die gegnerische Abwehr natürlich
erst recht nicht beeindrucken. Der Gast wurde von
Minute zu
Minute sicherer und startete selbst immer wieder gefährliche
Konter; beim Abschluss wurde aber überdeutlich,
weshalb den Lausitzern zuvor nur drei eigene Treffer
gelangen.
Die „größte“ Chance im Essener
Spiel hatte wenige Minuten vor der Pause Gui-Mien,
der nach einer flachen Hereingabe von Lorenz ein Luftloch
anstatt den Führungstreffer schoss. „Wenn
nichts geht, dann gehen immer noch Standards“
– so heißt es, das galt aber gestern nicht
für RWE. Die wenigen ruhenden Bälle wurden
von Erfen (später von Kiskanc) nur sehr unbefriedigend
in den Strafraum getreten, zumeist wurden die Flanken
schon vom ersten Verteidigerkopf am kurzen Pfosten
entschärft oder flogen direkt ins Toraus.
So ging es mit einem gerechten 0:0 in die Kabinen
verbunden mit der Hoffnung, in der zweiten Halbzeit
eine offensivfreudigere RWE-Mannschaft zu erleben.
Und siehe da, RWE gelang es ab der 46. Minute tatsächlich
Druck aufzubauen, die inzwischen noch defensiveren
Gäste in der eigenen Hälfte zu beschäftigen
und deren Konter schon im Keim zu ersticken. Was aber
immer noch nicht gelang, das waren erfolgsversprechende
Schüsse auf das gegnerische Tor. Auch die Einwechslung
von Lindbaek brachte keinen neuen Schwung, was auch
wenig verwunderlich war, lagen die Probleme doch vor
allem im Mittelfeld. So spielte sich die gesamte zweite
Halbzeit zwar in der Lausitzer Hälfte ab, aufregende
Situationen gab es dennoch nicht – bis auf eine
Ausnahme: Die Situation aus
der dritten Minute wiederholte sich nahezu identisch,
der einzige gefährliche Flankenball der Gäste
in der zweiten Halbzeit konnte von zwei rot-weißen
Verteidigern nicht unter Kontrolle gebracht werden,
so dass Marc Hensel völlig frei und diesmal ohne
Foulspielverdacht im Nachschuss einnetzen konnte,
nachdem Masuch den ersten Versuch noch pariert hatte
(74.).
Nach diesem Treffer hatte RWE nichts mehr entgegenzusetzen
außer grasnarbenflachen Eckballflanken und tribünenhohen
Torschüssen.
Die große Chance, mit einem Heimsieg gegen das
abgeschlagene Schlusslicht den Kontakt zu den Spitzenteams
herzustellen, blieb damit ungenutzt. Cottbus entführte
mit einer taktisch disziplinierten Leistung verdient
drei Punkte aus Essen und ließ als weitere Erkenntnis
zurück, dass Spieler wie Gorschlüter und
Güvenisik nicht gleichwertig zu ersetzen sind.
Sogar das Fehlen von Lorenz war bei diversen Unsicherheiten
in der Hintermannschaft direkt spürbar. Auch
macht es sich gerade in solchen Spielen bemerkbar,
dass niemand in der Lage ist, brauchbare Flanken nach
ruhenden Bällen zu schlagen oder gefährlich
aus der zweiten Reihe abzuziehen. Zum Glück steht
nun wieder ein Auswärtsspiel an bei den Amateuren
des HSV, die hoffentlich versuchen werden mitzuspielen,
um unseren biederen Offensivkräften den notwendigen
Freiraum zum Kombinieren zu bieten. Der Tabellenblick
muss erstmal wieder auf Platz 11 gerichtet werden,
denn genau den könnte man schon innehaben, wenn
man auch beim HSV verlieren sollte.
(mj)
|
Rot-Weiss Essen
Masuch - Czyszczon (29. Kazior), Sereinig, Andersen
- Erfen, M. Lorenz, Klinger (52. Lindbaek), Kotula
- Guie-Mien, Brandy (72. Kiskanc) - Kurth
Energie Cottbus II
Männel - Bankert, Hackenberg, Wachsmuth, Brandowski
- Lerchl (73. Feick), Thielemann, Zemlin, Riedeberger
- Hensel, Küntzel (90. Marrack)
Tore
0:1 Hensel (76.)
Zuschauer
9.225
Schiedsrichter
Zwayer (Berlin)
Gelbe Karten
Andersen, Kazior - Lerchl, Hackenberg, Thielemann
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
3-
|
Czyszczon |
5+
|
Klinger |
5
|
Andersen |
4-
|
Sereinig |
4
|
Erfen |
4
|
Kotula |
4
|
Brandy |
4-
|
M. Lorenz |
5+
|
Guie-Mien |
4 |
Kurth |
4- |
Kazior |
5+ |
Lindbaek |
5+ |
|