22.03.2008

RWE - Babelsberg

 

1:2 - Die Quittung kommt aus Babelsberg

RWE - Babelsberg„Jetzt zählen nur noch Siege“, hatte RWE-Geschäftsführer Nico Schäfer vor der Partie gegen den SV Babelsberg 03 angekündigt. Nimmt man diese Aussage als Maßstab, dürfte eines klar sein: Heiko Bonan wird nicht länger Trainer an der Hafenstraße bleiben.

Angesichts der desolaten Vorstellung, die seine Mannschaft am heutigen Tag gegen den keineswegs übermächtigen Aufsteiger aus Babelsberg ablieferte, muss man kein Hellseher sein, um die nun folgende, und sich fatalerweise seit Wochen abzeichnende, Demission des Übungsleiters prophezeien zu können. Heiko Bonan scheint sich in seinem eigenen Geflecht von System und Aufstellung zu verheddern. Und so nahm der RWE-Trainer auch beim heutigen Spiel wieder einige Veränderungen vor.

Tim Erfen kehrte nach abgesessener Gelb-Rot Sperre wieder in die Startelf zurück. Auch Daniel Sereinig durfte sich wieder das Trikot überstreifen. Überraschend die Nominierung von Stijn Haeldermans, der erstmals seit November 2006 wieder von Beginn an auflaufen durfte. Dagegen mussten Markus Kurth und Sercan Güvenisik sich das Spiel von der Bank aus ansehen.

Auch taktisch wirbelte Bonan das Team wieder kräftig durcheinander. Wie schon im Braunschweig-Spiel ließ er zu Beginn mit einer Viererkette spielen. Haeldermans und Gorschlüter agierten vor der Abwehr und standen sich dabei eher im Weg, als miteinander zu harmonieren. Erneut versuchte die Mannschaft über die Außen den Babelsberger Abwehrriegel zu knacken, um den einzigen Stürmer Paul Jans zu bedienen. Das hätte schon bereits nach wenigen Sekunden Erfolg gehabt, als sich Sören Brandy auf der linken Seite durchsetzte, dessen Flanke jedoch symptomatisch für das rot-weiße Offensivspiel der letzten Wochen, sein Ziel nicht fand.

Doch die Babelsberger versteckten sich, im Gegensatz zu ihren Tabellennachbarn, keineswegs hinter einem kompakten Abwehrbollwerk, sondern präsentieren sich als mutig aufspielender Aufsteiger. So RWE - Babelsbergscheiterte Daniel Frahn nach 12 Minuten nur knapp mit einem sehenswerten Freistoß an dem gut reagierenden Daniel Masuch.

Umso überraschender fiel dann doch die Essener Führung durch Sören Brandy (14.), der sich erneut auf der linken Seite durchsetzen konnte. Seine Flanke kehrte jedoch postwendend vom Babelsberger Keeper Carsten Busch als Abpraller zurück, Brandy musste nur noch einschieben. Die Führung beruhigte das Essener Spiel keineswegs. Stattdessen kamen die Babelsberger immer besser in das Spiel. Zahlreiche Abspielfehler in der rot-weissen Offensive brachten den Aufsteiger immer wieder in Ballbesitz, ohne jedoch allzu zwingend vor dem Tor von Daniel Masuch zu werden.

Und so plätscherten die Minuten im nur spärlichen besuchten Georg-Melches Stadion dahin. Die Essener Offensive zeigte das gewohnt zerfahrene Bild. Die schiere Anhäufung der Fehlpässe in einer vom System völlig überforderten und verunsicherten Essener Mannschaft war ein spielerischer Offenbarungseid und dementsprechend glücklich war die Halbzeitführung.

Heiko Bonan stellte nach dem Wechsel erneut unnötigerweise das System um und kehrte zur gewohnten Dreierkette zurück. So spielte Kotula nun im Mittelfeld, eine taktische Maßnahme deren Sinn den meisten Anwesenden verborgen blieb.

Die Babelsberger nahmen die Einladung dankend an und erhöhten den Druck auf das Essener Gehäuse. Bonan wechselte mit Gorschlüter und Haeldermans kurzerhand 2/3 der gesamten Kreativabteilung aus und brachte dafür Markus Kurth und Mario Klinger. Bis auf einen fulminanten Distanzschuss von Klinger, den Carsten Busch nur mit Mühe zu entschärften wusste, verpufften die Einwechslungen wirkungslos.

Von da an agierte die Mannschaft wie der berühmt-berüchtigte Hühnerhaufen. Keiner der elf Spieler im rot-weißen Trikot auf dem Platz schien noch zu wissen, wo sein angestammter Platz sein sollte. Ein System, vorher nur rudimentär zu erahnen, war nun gänzlich nicht mehr zu erkennen. Die Essener Spieler produzierten Fehlpässe, deren Anzahl vermutlich schwindelerregende Höhen erreichen dürfte. Zündende RWE - BabelsbergIdeen, gelungene Einzelaktionen oder gewonnene Zweikämpfe waren absolute Mangelware. Stattdessen schusterte man sich gegenseitig den Ball zu ohne wirklich zu wissen, was man den nun mit der hübschen Kugel hätte anfangen sollen.

Die Babelsberger witterten ihre Chance und kamen durch den allein gelassenen Daniel Frahn zum völlig verdienten Ausgleich. (62.) Und so schlug sich mittlerweile die Stimmung auch auf den Rängen nieder: die „Bonan raus“-Rufe schallten an diesem Tag am lautesten durch das Rund.

Als Reaktion auf den Ausgleichstreffer brachte Heiko Bonan Rafael Kazior für den bemühten, aber glücklosen Tim Erfen. Eine Auswechslung, die ebenfalls für Kopfschütteln sorgte, hatte er doch mit Sercan Güvenisik einen weitaus torgefährlicheren Stürmer auf der Bank. Vermutlich war der durch den mittlerweile einsetzenden Regen nun aufgeweichte Boden nicht der geeignete für den türkischen Stürmer.

Welche Position der Eingewechselte nun bekleiden sollte, blieb den 7.080 Zuschauern verborgen. Mal irrte der gelernte Stürmer vor der Abwehr, mal auf der rechten Außenbahn umher. Der vorne um Unterstützung bettelnde Paul Jans hing dagegen kläglich in der Luft. An ihm lief das Spiel in der zweiten Halbzeit komplett vorbei. Torgefahr konnte auf diese Weise natürlich nicht aufkommen.

Zwar drängten die Essener die Babelsberger zunehmend in ihre Hälfte, jedoch tauchten sie nur äußerst selten und meist gefahrlos vor dem gegnerischen Kasten auf. Gelungene Ballstafetten resultierten mehr oder weniger aus Zufallsproduktionen. Zu harmlos waren die Schussversuche, zu uninspiriert und zerfahren der Spielaufbau. Die Bestrafung folgte auf dem Fuß: Erneut konterten die Babelsberger die Essener Hintermannschaft mit einfachsten Mitteln aus und nach einer zielgenauen Flanke, durfte Sven Hartwig unbedrängt nach 75 Minuten zur mittlerweile verdienten Führung einköpfen.

Die Essener Versuche noch den Ausgleich zu erzielen, ließen sich an einer Hand abzählen. Planlos wurde der Ball nach vorne gedroschen, doch selbst mit der Brechstange ergaben sich keinerlei Möglichkeiten.

Und so muss muss der RWE-Trainer nach einer spielerischen Bankrotterklärung wohl seinen Hut nehmen. Heiko Bonan, als Spieler an der Hafenstraße auf und neben dem Platz geachtet, ist meilenweit von seinen RWE - Babelsberggesteckten Zielen entfernt und scheint jegliche Linie verloren zu haben. Sein System ist nur diffus zu erkennen. Seine haartsträubenden Einwechslungen und die ständigen Veränderungen der Startaufstellung ermöglichen es der Mannschaft erst gar nicht, eine spielerische Linie zu finden.

Dennoch sollte abseits der Trainerpersonalie auch ein kritischer Blick auf die Vereinsoberen geworfen werden. Der Verein hat an diesem Spieltag die Quittung für eine sich seit Wochen abzeichnende Tendenz und das fahrlässige (Nicht-)Handeln nach dem Spiel gegen die Dortmunder Amateure erhalten. Ein Versäumnis, dass sich nun als Kardinalfehler der Saison entpuppt. Es sind keinerlei Verbesserungen, schlimmer, es ist sogar zunehmende Verunsicherung festzustellen.

Das unerträgliche Geschiebe vor dem gegnerischen Tor ist Ausdruck einer gravierenden Verunsicherung aller Spieler, denen es an fußballerischer Qualität wohl nicht mangelt. Heiko Bonan scheint es nicht zu schaffen, die Köpfe freizubekommen. Möge ein anderer es nun richten. Es kann und darf keine andere Konsequenz geben. Der Verein taumelt ohnmächtig kopf- und führungslos in das fußballerische Niemandsland Liga Vier. Dieser Absturz muss verhindert werden, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Letztendlich sind es nämlich die Fans, die die Rechnung bezahlen.


(sb)


.

 

Rot-Weiss Essen

Masuch - Joseph-Augustin, Sereinig, M. Schäfer - Gorschlüter (53. Kurth) - Erfen (69. Kazior), Haeldermans (53. Klinger), Kotula - Guié-Mien, Brandy - Jans

SV Babelsberg 03

Busch - Zenk, Rudolph, Jonelat, Benchenaa (60. Lukac)- Civa, Stiefel (71. Mauersberger), P. Moritz, Prochnow - Frahn, Hartwig (81. Ben Hatira)

Tore

1:0 Brandy (14.), 1:1 Frahn (62.), 1:2 Hartwig (75.)

Zuschauer

7.080

Schiedsrichter

Gorniak (Bremen)

Gelbe Karten

Gorschlüter, Kotula, Guié-Mien, Masuch - Frahn, Mauersberger














.....

 

Spieler des Spiels

Guie-Mien

Jawattdenn Spielerbewertung

 

Masuch
4+
Sereinig
5
Kotula
5+
Joseph-Augustin
5-
Schäfer
4-
Erfen
4
Haeldermans
5+
Gorschlüter
4-
Guie-Mien
4+
Brandy
4
Klinger 4
Kurth 4-
Jans 5