1:2 - Die Quittung kommt aus Babelsberg
„Jetzt
zählen nur noch Siege“, hatte RWE-Geschäftsführer
Nico Schäfer vor der Partie gegen den SV Babelsberg
03 angekündigt. Nimmt man diese Aussage als Maßstab,
dürfte eines klar sein: Heiko Bonan wird nicht
länger Trainer an der Hafenstraße bleiben.
Angesichts der desolaten Vorstellung, die seine Mannschaft
am heutigen Tag gegen den keineswegs übermächtigen
Aufsteiger aus Babelsberg ablieferte, muss man kein
Hellseher sein, um die nun folgende, und sich fatalerweise
seit Wochen abzeichnende, Demission des Übungsleiters
prophezeien zu können. Heiko Bonan scheint sich
in seinem eigenen Geflecht von System und Aufstellung
zu verheddern. Und so nahm der RWE-Trainer auch beim
heutigen Spiel wieder einige Veränderungen vor.
Tim Erfen kehrte nach abgesessener Gelb-Rot Sperre
wieder in die Startelf zurück. Auch Daniel Sereinig
durfte sich wieder das Trikot überstreifen. Überraschend
die Nominierung von Stijn Haeldermans, der erstmals
seit November 2006 wieder von Beginn an auflaufen
durfte. Dagegen mussten Markus Kurth und Sercan Güvenisik
sich das Spiel von der Bank aus ansehen.
Auch taktisch wirbelte Bonan das Team wieder kräftig
durcheinander. Wie schon im Braunschweig-Spiel ließ
er zu Beginn mit einer Viererkette spielen. Haeldermans
und Gorschlüter agierten vor der Abwehr und standen
sich dabei eher im Weg, als miteinander zu harmonieren.
Erneut versuchte die Mannschaft über die Außen
den Babelsberger Abwehrriegel zu knacken, um den einzigen
Stürmer Paul Jans zu bedienen. Das hätte
schon bereits nach wenigen Sekunden Erfolg gehabt,
als sich Sören Brandy auf der linken Seite durchsetzte,
dessen Flanke jedoch symptomatisch für das rot-weiße
Offensivspiel der letzten Wochen, sein Ziel nicht
fand.
Doch die Babelsberger versteckten sich, im Gegensatz
zu ihren Tabellennachbarn, keineswegs hinter einem
kompakten Abwehrbollwerk, sondern präsentieren
sich als mutig aufspielender Aufsteiger. So scheiterte
Daniel Frahn nach 12 Minuten nur knapp mit einem sehenswerten
Freistoß an dem gut reagierenden Daniel Masuch.
Umso überraschender fiel dann doch die Essener
Führung durch Sören Brandy (14.), der sich
erneut auf der linken Seite durchsetzen konnte. Seine
Flanke kehrte jedoch postwendend vom Babelsberger
Keeper Carsten Busch als Abpraller zurück, Brandy
musste nur noch einschieben. Die Führung beruhigte
das Essener Spiel keineswegs. Stattdessen kamen die
Babelsberger immer besser in das Spiel. Zahlreiche
Abspielfehler in der rot-weissen Offensive brachten
den Aufsteiger immer wieder in Ballbesitz, ohne jedoch
allzu zwingend vor dem Tor von Daniel Masuch zu werden.
Und so plätscherten die Minuten im nur spärlichen
besuchten Georg-Melches Stadion dahin. Die Essener
Offensive zeigte das gewohnt zerfahrene Bild. Die
schiere Anhäufung der Fehlpässe in einer
vom System völlig überforderten und verunsicherten
Essener Mannschaft war ein spielerischer Offenbarungseid
und dementsprechend glücklich war die Halbzeitführung.
Heiko Bonan stellte nach dem Wechsel erneut unnötigerweise
das System um und kehrte zur gewohnten Dreierkette
zurück. So spielte Kotula nun im Mittelfeld,
eine taktische Maßnahme deren Sinn den meisten
Anwesenden verborgen blieb.
Die Babelsberger nahmen die Einladung dankend an und
erhöhten den Druck auf das Essener Gehäuse.
Bonan wechselte mit Gorschlüter und Haeldermans
kurzerhand 2/3 der gesamten Kreativabteilung aus und
brachte dafür Markus Kurth und Mario Klinger.
Bis auf einen fulminanten Distanzschuss von Klinger,
den Carsten Busch nur mit Mühe zu entschärften
wusste, verpufften die Einwechslungen wirkungslos.
Von da an agierte die Mannschaft wie der berühmt-berüchtigte
Hühnerhaufen. Keiner der elf Spieler im rot-weißen
Trikot auf dem Platz schien noch zu wissen, wo sein
angestammter Platz sein sollte. Ein System, vorher
nur rudimentär zu erahnen, war nun gänzlich
nicht mehr zu erkennen. Die Essener Spieler produzierten
Fehlpässe, deren Anzahl vermutlich schwindelerregende
Höhen erreichen dürfte. Zündende Ideen,
gelungene Einzelaktionen oder gewonnene Zweikämpfe
waren absolute Mangelware. Stattdessen schusterte
man sich gegenseitig den Ball zu ohne wirklich zu
wissen, was man den nun mit der hübschen Kugel
hätte anfangen sollen.
Die Babelsberger witterten ihre Chance und kamen durch
den allein gelassenen Daniel Frahn zum völlig
verdienten Ausgleich. (62.) Und so schlug sich mittlerweile
die Stimmung auch auf den Rängen nieder: die
„Bonan raus“-Rufe schallten an diesem Tag
am lautesten durch das Rund.
Als Reaktion auf den Ausgleichstreffer brachte Heiko
Bonan Rafael Kazior für den bemühten, aber
glücklosen Tim Erfen. Eine Auswechslung, die
ebenfalls für Kopfschütteln sorgte, hatte
er doch mit Sercan Güvenisik einen weitaus torgefährlicheren
Stürmer auf der Bank. Vermutlich war der durch
den mittlerweile einsetzenden Regen nun aufgeweichte
Boden nicht der geeignete für den türkischen
Stürmer.
Welche Position der Eingewechselte nun bekleiden sollte,
blieb den 7.080 Zuschauern verborgen. Mal irrte der
gelernte Stürmer vor der Abwehr, mal auf der
rechten Außenbahn umher. Der vorne um Unterstützung
bettelnde Paul Jans hing dagegen kläglich in
der Luft. An ihm lief das Spiel in der zweiten Halbzeit
komplett vorbei. Torgefahr konnte auf diese Weise
natürlich nicht aufkommen.
Zwar drängten die Essener die Babelsberger zunehmend
in ihre Hälfte, jedoch tauchten sie nur äußerst
selten und meist gefahrlos vor dem gegnerischen Kasten
auf. Gelungene Ballstafetten resultierten mehr oder
weniger aus Zufallsproduktionen. Zu harmlos waren
die Schussversuche, zu uninspiriert und zerfahren
der Spielaufbau. Die Bestrafung folgte auf dem Fuß:
Erneut konterten die Babelsberger die Essener Hintermannschaft
mit einfachsten Mitteln aus und nach einer zielgenauen
Flanke, durfte Sven Hartwig unbedrängt nach 75
Minuten zur mittlerweile verdienten Führung einköpfen.
Die Essener Versuche noch den Ausgleich zu erzielen,
ließen sich an einer Hand abzählen. Planlos
wurde der Ball nach vorne gedroschen, doch selbst
mit der Brechstange ergaben sich keinerlei Möglichkeiten.
Und so muss muss der RWE-Trainer nach einer spielerischen
Bankrotterklärung wohl seinen Hut nehmen. Heiko
Bonan, als Spieler an der Hafenstraße auf und
neben dem Platz geachtet, ist meilenweit von seinen
gesteckten
Zielen entfernt und scheint jegliche Linie verloren
zu haben. Sein System ist nur diffus zu erkennen.
Seine haartsträubenden Einwechslungen und die
ständigen Veränderungen der Startaufstellung
ermöglichen es der Mannschaft erst gar nicht,
eine spielerische Linie zu finden.
Dennoch sollte abseits der Trainerpersonalie auch
ein kritischer Blick auf die Vereinsoberen geworfen
werden. Der Verein hat an diesem Spieltag die Quittung
für eine sich seit Wochen abzeichnende Tendenz
und das fahrlässige (Nicht-)Handeln nach dem
Spiel gegen die Dortmunder Amateure erhalten. Ein
Versäumnis, dass sich nun als Kardinalfehler
der Saison entpuppt. Es sind keinerlei Verbesserungen,
schlimmer, es ist sogar zunehmende Verunsicherung
festzustellen.
Das unerträgliche Geschiebe vor dem gegnerischen
Tor ist Ausdruck einer gravierenden Verunsicherung
aller Spieler, denen es an fußballerischer Qualität
wohl nicht mangelt. Heiko Bonan scheint es nicht zu
schaffen, die Köpfe freizubekommen. Möge
ein anderer es nun richten. Es kann und darf keine
andere Konsequenz geben. Der Verein taumelt ohnmächtig
kopf- und führungslos in das fußballerische
Niemandsland Liga Vier. Dieser Absturz muss verhindert
werden, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln.
Letztendlich sind es nämlich die Fans, die die
Rechnung bezahlen.
(sb)
.
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Rot-Weiss Essen
Masuch - Joseph-Augustin, Sereinig, M. Schäfer
- Gorschlüter (53. Kurth) - Erfen (69. Kazior),
Haeldermans (53. Klinger), Kotula - Guié-Mien,
Brandy - Jans
SV Babelsberg 03
Busch - Zenk, Rudolph, Jonelat, Benchenaa (60. Lukac)-
Civa, Stiefel (71. Mauersberger), P. Moritz, Prochnow
- Frahn, Hartwig (81. Ben Hatira)
Tore
1:0 Brandy (14.), 1:1 Frahn (62.), 1:2 Hartwig (75.)
Zuschauer
7.080
Schiedsrichter
Gorniak (Bremen)
Gelbe Karten
Gorschlüter, Kotula, Guié-Mien, Masuch
- Frahn, Mauersberger
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
4+
|
Sereinig |
5
|
Kotula |
5+
|
Joseph-Augustin |
5-
|
Schäfer |
4-
|
Erfen |
4
|
Haeldermans |
5+
|
Gorschlüter |
4-
|
Guie-Mien |
4+
|
Brandy |
4
|
Klinger |
4 |
Kurth |
4- |
Jans |
5 |
|