Lahmes Derby
27.300 Zuschauer und allesamt in wunderschönem
rot-weiß gekleidet. Daneben alkoholfreie Plörre,
ein Catering, das diesen Namen nicht verdiente, Wartehallenatmosphäre,
keine Tore und ein herber Ausfall unseres stärksten
Angreifers.
Ein packendes Derby war es beileibe nicht, was uns
am Dienstagabend geboten wurde, dafür ein intensiv
geführtes mit einem verdienten Punkt am Ende.
Doch von vorne.
Einige tausend (zwischen 4-5000) wahre Rote fanden
den Weg in die von Stararchitekt Erwin entworfene
Eventhalle und sorgten gerade in der letzten halben
Stunde für prächtige Stimmung. Den Gesetzmäßigkeiten
moderner Stadionkonzepte folgend hielt man für
die traditionsbewusste Anhängerschar zwar keine
Stehplätze, dafür für jeden zweiten
einen eigenen Platzeinweiser bereit.
Weitere Eigenheiten Düsseldorfer Fußballverständnisses,
wie bunte Sitzschalen, Pissoirs aus reinstem Silber,
MacDoof-mäßige Fastfoodstände, eine
Halbzeitshow zum Verlieben und zu altstadterprobten
Rockklängen
tanzende Ordnerinnen sorgten so für ungläubiges
Staunen unter der kopfschüttelnden rot-weißen
Masse.
Kurz vor Spielbeginn, der aufgrund riesiger Schlangen
an den Kassenhäusern um eine Viertelstunde nach
hinten verlegt wurde, dann die bangen Blicke Richtung
Düsseldorfer Fankurve: Würde das angekündigte
Fahnenmeer einen tiefen Eindruck hinterlassen oder
sollte die Köstädter Haute-Couture dem in
einträchtiger Verweigerungshaltung gegenüberstehen
und dem gut aufgelegten flingerschen Stimmungsmob
die virtuelle Guccitasche zeigen?!
Na klar, Letzteres war der Fall und so wurde aus dem
Meer ein Märchen, eine Wunschvorstellung. Aber
seien wir ehrlich, in dieser Disziplin wussten die
Landeshauptstädter schon immer zu überzeugen.
Während der 90 Minuten vernahm man auf rot-weißer
Seite dann auch nur vereinzelt akkustische Fetzen
rheinischen Frohsinns und wurde nur einmal überrumpelt,
als die Gegnerschar, vom ständigen Übertönen
ihres Wechselgesangs genervt, den Spieß umdrehte,
aus „Düsseldorf“ ein „RWE“
machte und die ständige, tausendfache Stimmgewalt
des Essener Anhangs ein gewaltiges „Scheisse“
zurückschleuderte.
Dass die schlechte Akkustik der Wartehalle Hauptschuldige
dieses peinlichen Missverständnisses war versteht
sich hierbei allerdings von selbst. Trotzdem gelungen,
liebe Landeshauptstädter. Wenn schon Choreo und
Fahnenmeer nicht funktionieren, hatte man so wenigstens
die Lacher auf seiner Seite.
Zum Sportlichen.
Trainer Heiko Bonan nahm gegenüber dem mitreißenden
Cottbus-Spiel eine Änderung vor und beorderte
U23-Akteur Niklas Andersen für den angeschlagenen
Mitja Schäfer in die Abwehr. Unter den Augen
von Papa
Jörn lieferte er eine gute Partie ab, musste
in der zweiten Hälfte aber mit Kniekehlenbeschwerden
gegen Tim Erfen (61. Min.) ausgewechselt werden.
Zudem stand, wie angekündigt, unsere neue Nummer
Eins Daniel Masuch zwischen den Pfosten und bestritt
eine souveräne Partie. Zwar gab es für ihn
nicht viel zu halten, seine routinierte Ausstrahlung,
Präsenz und Strafraumbeherrschung hinterließen
aber einen sehr sicheren Eindruck.
Sichtlich beeindruckt vom Gegner oder der Kulisse
begannen beide Mannschaften recht verhalten. Bedingungslose
Offensive konnte man von unseren Roten nicht erwarten
und die Elf um Trainer Uwe Weidemann agierte zu zaghaft,
als dass man von dem angekündigten Feuerwerk
sprechen konnte. So dauerte es auch bis zur 30. Minute,
ehe Ahmet Cebe mit einer verunglückten Flanke
oder einem Torschuss von rechts außen ein erstes
Raunen auf die Lippen des Düsseldorfer Anhangs
zauberte.
Mit zunehmendem Spiel gewannen die Fortunen dann Oberwasser,
ohne aber wirklich zwingend in ihren Aktionen zu werden.
Die Abwehr und das defensive Mittelfeld der Rot-Weißen
standen gut organisiert und ließen den Gastgebern
keine Chance. Lediglich Ferhat Kiskanc sorgte durch
einige unnötige Ballverluste im eigenen 16er
oder in der Vorwärtsbewegung dafür, dass
sich Möglichkeiten für den Gegner ergaben,
die jedoch von den guten David Czyszczon, Daniel Sereinig
oder Michael Lorenz ausgeräumt wurden.
Kurz vor der Pause dann ein erster Versuch des RWE.
Nach gutem Eckball von Kiskanc konnte Markus Anfang
einen Kopfball von Kapitän Lorenz erst auf der
Linie retten und nun blieb in dieser Szene den unermüdlichen
Essenern der Torschrei in der Kehle stecken. Dies
war dann auch die vermeintlich beste Torszene
des Spiels.
Kurz zuvor allerdings blieb dem versammelten Anhang
beinahe das Herz stehen. Nach unglücklichem Zusammenprall
bei einem Kopfballduell mit erwähntem Cebe blieb
unsere Sturmhoffnung Sercan Güvenisik für
einige Sekunden bewusstlos am Boden liegen, verlor
nach Medienberichten drei Zähne und musste anschließend
vom Platz getragen werden. An dieser Stelle wünschen
wir ihm natürlich Gute Besserung und hoffen,
dass er uns alsbald wieder zur Verfügung steht.
Für Güve kam in der 40. Minute Vincent Wagner
ins Spiel und sortierte sich gleich vorne ein. Viel
passierte nun nicht mehr und so ging es mit einem
0:0 und der Gewissheit, dass irgendwie nichts anbrennen
würde in die Pause. Zu harmlos agierten die Fortunen,
zu sicher stand unsere Defensive.
Nach dem Seitenwechsel dann das gleiche Bild. Zwar
wurde die Partie nun bissiger und ruppiger, gelungene
Offensivaktionen blieben auf beiden Seiten hingegen
aus.
Schiedsrichter Florian Meyer sorgte durch seine zahlreichen
Unterbrechungen zudem dafür, dass nicht mehr
Spielfluss in die Begegnung kam. Zwar hielt er sich
lange mit Gelben Karten zurück, pfiff aber sehr
kleinlich, machte bei einigen Szenen eine unglückliche
Figur und muss sich fragen lassen, warum er und seine
Linienrichter den Bodycheck übersahen, mit dem
Nachwuchsstürmer Wagner vor dem gegnerischen
16er in bester Rhein-Fire-Manier umgesäbelt wurde.
Auf der anderen Seite wird Derwisch Weidemann allerdings
auch einige Fehlentscheidungen gesehen haben, denn
anders lässt sich seine vorzeitige Versetzung
auf die Tribüne nicht erklären. Warum er
dieser Anweisung
nicht folgte und lediglich auf den oberen Absatz des
Kabinenaufganges trat, wird er uns zum Rückspiel
sicher beantworten.
Nach einer knappen Stunde kam Mario Klinger für
den soliden Sereinig in die Partie, konnte aber nicht
dafür sorgen, dass das rot-weiße Spiel
zwingender oder besser wurde.
So endete die Partie ohne große Höhepunkte,
aber mit gutem Kampf des RWE. Man merkte den Akteuren
deutlich die fehlende Frische und die kräftezehrende
Erstrundenbegegnung gegen Cottbus an. Gerade Sören
Brandy und Tim Gorschlüter konnten zu keinem
Zeitpunkt den Druck entwickeln, der das Spiel am vergangenen
Samstag noch auszeichnete.
Mit dem Punkt kann unsere Truppe aber sehr gut leben
und nun gilt es, gegen Bonans Ex-Verein nachzulegen
und den Wersestädtern aus Ahlen zu zeigen, dass
wir durchaus in der Lage sind, auch Siege einzufahren.
Eines ist jedoch sicher: Von Düsseldorf und seiner
Arena hab ich erstmal genug. Da ändert auch eine
Tormaschine wie Axel Lawaree nichts dran.
(fs)
|
Rot-Weiss Essen
Masuch - Czysczczon, Sereinig (57. Klinger), Andersen
(61. Erfen) - Kotula, M. Lorenz, Gorschlüter,
Kiskanc - Kazior, Brandy - Güvenisik (40. Wagner)
Fortuna Düsseldorf
Melka - Krecidlo (83. Hergesell), Langeneke, Cakir,
Hampel - Anfang - Cebe, Christ, Lambertz (76. Heidinger)
- Erwig, Lawaree
Tore
Fehlanzeige
Zuschauer
27.300
Schiedsrichter
Florian Meyer (Burgdorf)
Gelbe Karten
Sereinig - Langeneke
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..... |
Spieler des Spiels
Jawattdenn Spielerbewertung
Masuch |
3+
|
Czyszczon |
2-
|
Sereinig |
4
|
Andersen |
3-
|
Kotula |
3-
|
M. Lorenz |
2-
|
Gorschlüter |
3-
|
Kiskanc |
5-
|
Kazior |
4+
|
Brandy |
4+
|
Güvenisik |
3
|
Klinger |
4 |
Erfen |
4 |
Wagner |
4+ |
|