SV Babelsberg - RWE
Auswärtsspiele sind schön …
Wer diese Saison Geld übrig hat oder einfach
nur den aktuellen Ratenkredit noch erweitern kann,
dem sei eines wärmstens empfohlen: Fahr' doch
mal mit RWE auswärts!
Auf
des Gegners Platz ist unser Team trotz Personalkarussells
und Abwehrkettenlotto noch ungeschlagen, kassierte
im vierten Spiel gerade mal das erste Gegentor der
Saison. Wieso sollte man sich also weiterhin bei Fußball-ähnlichen
Veranstaltungen im eigenen Stadion quälen, wenn's
doch für gerade mal für 50 Euro 'nen Auswärtssieg
zu sehen gibt?!
Gegen 06:00 Uhr ging's auch für drei Jawattdenns
wieder auf die A2 in Richtung Wolfsburg. Dieses Mal
durften wir jedoch noch ein paar Kilometer dranhängen,
es ging in Brandenburgs Landeshauptstadt Potsdam,
genauer gesagt in den Stadtteil Babelsberg zum dort
heimischen SV Babelsberg 03. Gegen 11:30 Uhr erreichte
man bereits das Karl-Liebknecht-Stadion, welches sicherlich
das Prädikat „klein aber fein“ verdient
hat. Auch sonst erinnert in der Stadt in unmittelbarer
Nähe der Bundeshauptstadt so gar nichts an das
gewohnte Bild im Osten. Babelsberg erinnert eher ein
wenig an den Stadtteil Prenzlauer Berg in Berlin:
viel renovierte Altbauten, buntes Treiben auf den
Straßen, gepflegte Vorgärten und Balkons.
Das Karli, wie es die Einheimischen liebevoll
nennen, liegt in einer Sackgasse, die in einen Landschaftspark
mündet. Parkplätze gibt es sicherlich
nicht allzu viele, mit früher Anreise oder ca.
fünf Minuten Fußweg parkt man aber in Babelsberg
gut und vor allem kostenfrei.
Über eine Querstraße kommt man zum Gästeblock.
Dieser war jedoch noch nicht geöffnet, als wir
ihn erreichten. Gelangweilt schaut man sich auch hier
ein wenig um und, oho, man erspäht die Ausläufer
einer Schlossanlage. Wenn ich da dran denke, was der
Gästefan hier so sieht, wenn er sich vor dem
Gästeeingang umschaut. Hier wurden wir übrigens
noch von zwei netten jungen Damen und einen Fotografen
angesprochen, der uns gerne fotografieren wollte,
für sein Internetportal www.die-fans.de („ihr
kennt doch Internet, oder?“). Naja, wir machen
ja auch jeden Scheiß mit, also aufgestellt.
Auflockernd kommt die Frage des Herren: „Na,
was machen Fußballfans denn so beim Auswärtsspiel?“.
Na klar, randalieren ...
Pünktlich um 12:30Uhr öffnete der Gästeblock.
Es gibt Wurst und Steak, dazu die üblichen Getränke.
Wurst-Preise von 1,50 Euro schonen hier den Geldbeutel.
Und schmecken tut's vom Holzkohlegriff ja eh tausend
Mal besser als aufgewärmt in 'ner neuen Multifunktionsarena.
Am Stadioneingang verkauft ein junger Mann das örtliche
Stadionmagazin mit Namen "Nulldrei". Vor
dem Spiel haben natürlich auch wir uns über
die Babelsberger Fanszene etwas informiert, und es
ist wohl auch so hinreichend bekannt, dass man dort
eher das politisch linke Spektrum als die im Osten
sonst üblichen „Thor Steinar“-Skins
trifft. Umso mehr verwundert
doch das Aussehen des Zeitungsverkäufers mit
Glatze und Szene-typischer Kleidung.
Das Magazin ziert eine Karikatur mit dem in Essen
bisher wohl gänzlich unbekannten Gassenhauer
„Omi, is Essen schon fertig?“. Immer wieder
ein Brüller. Die Zeitschrift selber gleicht inhaltlich
jedoch so gar nicht den üblichen Stadionzeitungen.
Langweilige Statistiken werden hier optisch aufgepeppelt.
Enthalten sind Choreobilder der Fanblöcke sowie
Berichte über die Fanszene inkl. Hoppingberichte
oder auch Werbung für Punkrock-Konzerte.
Und enthalten ist auch ein Interview mit unserem Trainer
Heiko Bonan, ich zitiere die ersten Zeilen:
„Der Saisonstart Ihrer Mannschaft war nicht gerade
erfolgreich. Wo sehen Sie die Ursachen? ->Das habe
ich doch schon tausend Mal versucht zu erklären
…“
Na klar, welch ein Schelm, der meint, das Babelsberger
Publikum liest nicht die Reviersport oder die WAZ.
Was sollen also so blöde Fragen? :-D
Im
Stadion selbst ist die Sicht perfekt, es herrscht
strahlender Sonnenschein, einzig das Fangnetz vor
dem Gästeblock behindert die Sicht doch etwas.
Links auf der Gegengeraden befindet sich der Babelsberger
Stimmungs- und Fanblock, Bewegung ist dort bei ca.
50 Personen zu sehen (samt Capo mit Megafon). Gleich
zwischen Heimblock und Gästefans postiert sich
heute nicht nur die obligatorische Bereitschaftspolizei,
sondern auch wohl eher erlebnisorientierte Einheimische
samt Unterstützung der „Antifa Ultras“
von FC Sankt Pauli, welche überwiegend dadurch
glänzen, mal das Stadion (und sich selbst) einzunebeln
und Pöbeleien rüberzuwerfen. Vielleicht
sollten die Herrschaften demnächst den doch etwas
schwachen Heimsupport etwas aufbessern, anstatt ständig
samt Fähnchen auf dem Zaun rumzuhampeln. Und
nein, in Essen sind nicht alle Fans „Nazis“,
das sollte aber mittlerweile auch bis Hamburg oder
Potsdam durchgedrungen sein. Andererseits ist ein
„Babelsberg könnt ihr uns hörn?"
- "Wir werden eure Stadt zerstörn!“
von Seiten der doch etwas jungen Sänger auf Essener
Seite auch nicht wirklich die feine Art.
Soweit so gut. Das Spiel beginnt eigentlich wie ein
Heimspiel: gut angefangen, Gegentor, dann geht gar
nichts mehr. Erst ein wohl doch eher wohlwollend gegebener
Elfmeter bringt wieder Leben in unsere Truppe. Da
Babelsberg sich aber nicht blamieren möchte gegen
uns, gibt man nun alles und, zack, fängt sich
direkt zwei Kontertore. Tja, wohl doch noch nicht
fertig das Essen, was Oma?
Kurz vor dem Abpfiff springt dann noch mal „Ultra
Sankt Pauli“ auf den Zaun, damit auch wirklich
jeder Gästefan mitkriegt dass
man nur zum Pöbeln in die Filmstadt gekommen
ist. Alle Achtung!
Nach Spielende geht's dann auf den Rückweg durch
zwei Polizeisperren, wo man jedoch eher den Schal-tragenden
Fan kontrolliert als Leute in sportlichem Outfit ohne
Fanutensilien, naja. Ohne Probleme oder Pöbeleien
geht's aber auch mit rot-weißer Kluft zurück
zum PKW, der gerade mal knapp 50 Meter vom Treffpunkt
der Babelsberger Fanszene entfernt steht. So was hat
man wohl eher selten. Ein Gruß geht an dieser
Stelle noch mal an den Herrn mit der „Filmstadt
Inferno“-Fahne in den Armen, der uns ganz kritisch
beäugte und sein Stückchen Stoff wie das
liebste Kuscheltier an sich presste. Wir wollten dir
nix klauen. ;o)
Der zweite Auswärtssieg in Folge, sieben Punkte
innerhalb von sieben Tagen, ein sonniger Nachmittag,
passt doch! Da nimmt man auch 14 km Stau auf dem Rückweg
mit einem Lächeln in Kauf, erst Recht, wenn man
den 9er Bus der Chaos Boys und Asozialen Essener neben
sich hat, schade, dass unsere Kameras im Kofferraum
waren, war geil mit euch, Jungs! Ach, und wenn die
drei Mädels aus dem blauen Kombi mit dem Mettmanner
Kennzeichen, die meinem Mitfahrer so nett gewunken
haben über zehn km, das hier lesen sollten: Meldet
euch, er hatte nichts zum Schreiben.
In 14 Tagen geht's wieder auf die A2, wieder nach
Wolfsburg, wieder nach Potsdam, diesmal jedoch noch
ein Stückchen weiter zum nächsten Auswärtscoup,
diesmal zu Eisern Union, und auch Jawattdenn ist dann
wieder „on the road“.