16.02.2008

RW Ahlen - RWE

von Redaktion

Trotz optischer Überlegenheit war im Wersestadion für die Essener nichts zu holen. Bereits nach drei Minuten stand es 1:0 für den Gastgeber und die Rot-Weissen hatten bis auf einen Pfosten- und Lattenschuß und einem Abseitstor nichts Zählbares vorzuweisen.

 

Ursachenforschung

Dass frühe Gegentore gegen konterstarke Gegner tödlich sind, sollte sich am Samstag auch für RWE bewahrheiten. Während Lars RWA - RWEToborg in der 3. Minute als Einziger den Durchblick im Hühnerhaufen RWE-Strafraum behielt und in der 81. Minute einen Konter mit dem Tor zum 2:0-Endstand vollenden konnte, blieben die Offensivbemühungen der Essener Rot-Weissen erfolglos. So findet sich RWE inzwischen auf dem 11. Tabellenplatz wieder, der nicht zur Qualifikation für die eingleisige Dritte Liga berechtigen würde. Klar, dass nach so einem Spiel Diskussionen über Trainer, Manager und die Ursache für die Niederlage hochkochen.

Die sahen die meisten Beobachter, genau wie Trainer Heiko Bonan, vor dem gegnerischen Tor. Die Chancenverwertung und die oft zitierte „Geilheit“ auf Tore habe Rot-Weiss das Genick gebrochen. Und tatsächlich hatte RWE einige Chancen, die ungenutzt blieben.

Zunächst war bei den Essenern nach dem Schock zu Beginn des Spiels allerdings noch gehörig Sand im Getriebe. Ahlen stand nach der Führung sicher, bei RWE misslangen Pässe und Dribblings und insgesamt schien die Bewegung im Essener Spiel zu fehlen. Das führte für einige Minuten zu Kurzpassorgien am eigenem Strafraum, wo sich ein aus Daniel Masuch, Jonathan Joseph-Augustin und David Czyczson bestehendes „magisches Dreieck“ auf der Suche nach der Anspielstationen im Mittelfeld den Spielball hin und her schob.

Doch zur Mitte der ersten Halbzeit kamen die Essener dann endlich etwas besser ins Spiel.
Gerade über die rechte Seite konnten Sören Brandy und Tim Erfen, der über die gesamte Spieldauer aber auch einige schwächere Szenen hatte, für etwas mehr Gefahr sorgen.
Spätestens in der Schlussphase der ersten Hälfte hätte dann der Ausgleich fallen können, doch Jans und Lorenz scheiterten nach Standards mit ihren Kopfbällen entweder an Ahlener Verteidigern oder am guten Keeper Manuel Lenz, der unseren alten Bekannten Dirk Langerbein nach einer Verletzung am vierten Spieltag seinen Stammplatz streitig machen konnte.
Lenz war nach einer weiteren Ecke sogar schon geschlagen, doch ein Drehschuss vom aufgerückten Czyczson schlug nicht im Tor, sondern an der Unterkante der Latte ein.

In der zweiten Halbzeit erhöhte RWE den Druck weiter und rannte immer häufiger auf das Ahlener Tor an. Zählbare Auswirkungen hatte das aber nur auf das Eckballkonto. Diese Eckbälle brachten aber wenig ein: mit zu wenig Schnitt schienen die Bälle von Kotula getreten zu werden, die außerdem immer wieder lange in der Luft lagen, so dass der Heimtorwart einen nach dem anderen herunterpflücken konnte. Lediglich zwei Mal kam es zu größerer Aufregung, doch der Treffer von Jans fiel aus einer Abseitsposition, und auch ein sehenswerter Schuss aus der Drehung von Klinger fand sein Ziel nicht.

RWA - RWENur kurz nach der Klinger-Chance spielte RWE wieder nach vorne, doch noch bevor es zu einer weiteren Ecke kommen konnte, verlor man den Ball und der Ahlen Konter lief an. Der eingewechselte Chitulo legte vor Daniel Masuch uneigennützig quer, und Torjäger Toborg sorgte, wie bereits angesprochen, für das spielentscheidende 2:0.

Liest sich also so, als wäre tatsächlich die mangelnde Torgefahr das rot-weisse Hauptproblem. Ein Blick auf den Kader verstärkt diesen Eindruck. Spieler wie Guie-Mien, Güvenisik, Kurth und Brandy haben alle gehobenes Regionalliga-Format und könnten auch eine Liga höher bestehen. Doch Spieler, die um die Torjägerkanone mitspielen könnten, sind sie nicht.

Ähnlich sieht es auch bei Neuzugang Jans aus. Er wusste gehen Ahlen durchaus zu überzeugen, strahlte große Präsenz aus, hatte viele Ballkontakte und konnte seinen Körper geschickt gegen die Ahlener Verteidiger einsetzen. Doch ein Spieler, der mal aus dem Nichts für ein entscheidendes Tor gut ist, scheint auch er nicht zu sein. Mit Spielern wie Löbe, van Lent oder Boskovic wären die Chancen auf einen Punktgewinn in einem solchen Spiel in der letzten Regionalligasaison sicherlich tatsächlich höher gewesen.

Aber ist das wirklich das Hauptproblem? Immerhin steht mit Düsseldorf eine Mannschaft, die noch sechs Tore weniger als RWE erzielt hat, auf einem Aufstiegsplatz. Und hätte RWE bei der Ahlener Ecke vor dem 1:0 nicht jegliche Form der Zuordnung und der Konsequenz beim Versuch, noch einen Körper zwischen Ball und Torlinie zu bekommen, vermissen lassen und sich acht Minuten vor Schluss nicht auf erschreckende Art und Weise auskontern lassen, hätte man noch vorne noch so viele Chancen ungenutzt lassen und Eckbälle vergeigen können: Das Spiel wäre 0:0 ausgegangen, Essen und Ahlen hätten sich die Punkte geteilt und hätten nicht die Plätze in der Tabelle getauscht.

Die offenkundigen Probleme in der Essener Defensive wiegen mindestens genauso schwer wie die in vorderster Front. Es war nicht nur so, dass man zwei Mal gepennt und sich in diesen Situationen die Tore eingefangen hätte – was schon schlimm genug gewesen wäre: Viel mehr hatten die Ahlener in der zweiten Halbzeit im Angriff mehrmals mehr Platz, als man ihn sich als Stürmer eigentlich wünschen könnte. Doch zum Glück für RWE scheiterten die Ahlener an Daniel Masuch, pöhlten den Ball aus wenigen Metern über das Tor oder standen im Abseits. Exemplarisch dabei war eine Szene, in der sich bis auf Mittelstürmer Paul Jans alle Essener Feldspieler zurückgezogen in der eigenen Hälfte positionierten, der Ball aber doch irgendwie den Weg zum völlig freien Lars Toborg finden konnte, der zum Glück aber im Abseits stand – was allerdings sicherlich nicht einer geschickten Essener Abseitsfalle zu verdanken war…

RWA - RWEAuffällig war auch, dass die Ahlener, nicht wie bei einer Dreierkette eigentlich anzunehmen wäre, besonders viel Raum auf den Flügeln gehabt hätten. Die größten Lücken in der Essener Abwehr zeigten sich viel mehr im Zentrum.

RWE hatte bisher in allen drei Pflichtspielen nach der Winterpause Probleme in der Defensive.
Der HSV hatte keine Schwierigkeiten, drei Tore zu erzielen und nahm nach dem 0:3 merklich einen Gang heraus und ersparte RWE weitere Gegentore. Doch während der HSV immerhin ein international vertretenes Spitzenteam ist, bekamen die Essener selbst die Homberger Oberligaspieler diverse Male nicht wirklich in den Griff, wobei die Homberger Konter noch oftmals nicht durch die Essener Abwehr, sondern die mangelnde Qualität der Angreifer vereitelt wurden. Auch das zwischenzeitliche Ausgleichstor des Oberligisten bei ihrer 2:1-Niederlage an der Hafenstraße hatte RWE sich eigentlich selbst ins Tor gelegt.

Bei David Czyczson wechseln sich schon seit Monaten Licht und Schatten. Während er in der Luft zuverlässig seine Kopfballduelle gewinnt, scheint er am Boden häufiger zu spät zu kommen, und neben einigen guten, durchdachten Bällen in der Spieleröffnung landen etliche seiner Pässe in den Füßen der Gegenspieler oder werden von ihnen geblockt.

Niklas Andersen kann nicht an die Hinrunde anknüpfen und scheint Probleme mit dem Fehlen von Abwehrchef Daniel Sereinig zu haben, der sonst in der Dreierkette klar den Ton angibt.

Sereinig soll von Neuzugang Joseph-Augustin ersetzt werden, der zunächst wohl für den rechten Part in der Dreierabwehr eingeplant war. Dass er nach wenigen Wochen in der Mannschaft die Abwehr noch nicht anführen kann, überrascht nicht. Wir erinnern uns daran, wie lange Sereinig gebraucht hat, um den Ansprüchen, die an seine Position gestellt wurden, gerecht zu werden.
Dabei hatte der Schweizer noch den Vorteil hat, auf dem Platz wesentlich präsenter als sein französischer Ersatz zu sein und vor allem auch die Sprache seiner Mitspieler sprechen!

Auch vor der Abwehr präsentieren sich die Spieler nicht in Bestform. Michael Lorenz hat im Jahr 2008 sicherlich nicht seine stärksten Spiele im rot-weissen Dress abgeliefert, während Mario Klinger sich zuletzt immer wieder mit guten Leistungen angeboten hat. Und auch von Tim Gorschlüter war, nachdem er gegen Hamburg und Homberg noch zu den besten Essenern gehörte, in Ahlen nicht viel zu sehen.

Bis zum Spiel gegen die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund muss Heiko Bonan die Probleme in der Defensive in den Griff kriegen. Vor dem Hinspiel hatte man ähnliche Probleme, auf die Bonan mit einer kurzfristigen Umstellung von Dreier- auf Viererkette reagiert und die Mannschaft generell defensiver eingestellt hatte. Das ging aber deutlich zu Lasten der Durchschlagskraft in der Offensive, in der Bonan nach dem Spiel in Ahlen sowieso schon das Hauptproblem seiner Mannschaft sieht. Es wird also spannend, wie und ob es Bonan gelingen wird, diese Probleme abzustellen.

Er steht inzwischen jedenfalls unter gehörigem Druck. Nach der Hinrunde und den ersten drei Pflichtspielen ist sein Kredit beim Großteil der Fans inzwischen restlos aufgebraucht. Läuft es gegen in den nächsten zwei, drei Spielen nicht, werden die Unmutsbekundungen wieder deutlicher werden, als sie es noch in Ahlen waren. Darauf, dass die Verantwortlichen noch einige Wochen Ruhe bewahren werden und der Trainer auch bei Misserfolgen wie bisher weiterarbeiten kann, kann Bonan nicht setzen.

Zwar scheint es bei RWE den ausgeprägten Wunsch zu geben, endlich einmal für Kontinuität in der Besetzung der sportlichen Verantwortlichen zu sorgen, doch in diesem Jahr geht es nicht um den Abstieg aus dem Profi- in den Amateurfußball und der zweiten in die dritte Klasse. Sollte RWE sich nicht für die eingleisige Regionalliga qualifizieren, würde man zunächst einmal völlig von der Landkarte des deutschen Fußballs verschwinden. Dieses Risiko wäre zu groß, als dass man das Mittel eines Trainerwechsels unversucht lassen könnte, sollte RWE sich in den nächsten Spielen nicht Luft im Abstiegskampf verschaffen können.

Dessen scheint sich Heiko Bonan bewusst zu sein, der schon jetzt um seinen Posten fürchtet und hofft, die nächste Woche zu überstehen. Er wird kämpfen müssen.
Es bleibt zu hoffen, dass er dabei die richtigen Mittel findet, denn es geht nicht nur um den (ehemaligen?) Publikumsliebling Bonan, sondern um einen Verein, der ihm und uns allen am Herzen liegt.


(hh)


.


Rot-Weiß Ahlen

Lenz - Wiemann, Miletic, Kittner, Maul (68. Schaffrath) - Busch, Bäumer, Gibson, Heithölter (54. Chitsulo) - Toborg (85. Glöden), K. Großkreutz


Rot-Weiss Essen

Masuch - Czszyczon (68. Klinger), Joseph-Augustin, Andersen - Erfen (77. Baltes), M. Lorenz, Gorschlüter, Kotula - Kurth (66. Güvenisik), Brandy - Jans


Tore

1:0 Toborg (3.), 2:0 Toborg (82.)


Zuschauer

3.967


Schiedsrichter

Wenkel (Mühlhausen)


Gelbe Karten

Bäumer, Kittner, Maul - Gorschlüter.












.....

 

Spieler des Spiels

Sören Brandy

  Jawattdenn Spielerbewertung

 

Masuch
4
Andersen
4
Czyszczon
4+
Joseph-Augustin
4-
Erfen
5+
Kotula
4-
Gorschlüter
4-
Brandy
3
M. Lorenz
4-
Jans
3-
Kurth 4