Vor Beginn wurde der Antrag abgestimmt, dass die Entlastung und Neuwahl des Aufsichtsrates auf eine weitere Sitzung verschoben wird. Nachdem der Stellvertreter des Insolvenzverwalters diesen Antrag unterstützt hatte, wurde diesem stattgegeben. Allerdings wurde durch die Mitglieder die Einschränkung durchgesetzt, dass diese Sitzung spätestens bis zum 31.12.2010 einberufen werden muss.
Die Moderation übernahm Walther Müggenburg, der Mitglied des Ehrenrates ist, auf Wunsch von Aufsichtsrat und Vorstand. Dies war die wohl beste Entscheidung, die beide Gremien seit langer Zeit getroffen hatten, denn Herr Müggenburg moderierte gekonnt und nahm alle Seiten ernst. Nach den obligatorischen Ehrungen kam der am meisten erwartete Tagesordnungspunkt, denn Vorstand und Aufsichtsrat gaben ihre Jahresberichte ab.
Für den Vorstand sprach Dr. Thomas Hermes, der in der Sitzung wie angekündigt zurückgetreten ist. Der Jahresbericht war ungewöhnlich transparent und man bekam einen Einblick welche Schwierigkeiten der Vorstand hatte und Hermes sparte gleichzeitig nicht an Selbstkritik. Es wäre nämlich schon im September 2009 möglich gewesen die Bürgschaft zu ziehen. Er wurde in der Zeit allerdings falsch beraten, denn es wurde gesagt, dass bei in Anspruchnahme der Bürgschaft, der Verein automatisch die Lizenz verlöre. Eine Falschinformation, wie Hermes heute weiß, aber er vertraute damals auf das Umfeld.Stattdessen wurden 650.000€ Sponsorengelder für die Saison 2010/2011 vorgezogen, die in dieser Saison fehlen werden. Ein weiterer Aufreger war der Grund für den Rücktritt des Vorstands, denn Hermes erklärte, dass der Oberbürgermeister die Unterstützung des Vereins von dem Rücktritt der Vorständler abhängig gemacht hat. Ohne deren Ausscheiden hätte es kein Geld für den Neuanfang in der NRW-Liga gegeben. Es könnte einem bei der Vorstellung schlecht werden, dass der Oberbürgermeister, der massiv an der Insolvenz des Vereins mitgearbeitet hat, nun in die Besetzung der Gremien maßgeblich eingreift.
Herr Bückemeyer seinerseits wollte indes nicht in die Vergangenheit schauen, sondern in die Zukunft. Bei den sich anschließenden Rückfragen kam es dabei zu peinlichen Szenen. Immer wieder weigerte sich der Chef des Aufsichtsrates auf die Frage, warum der Gesamtetat so unglaublich viel höher ausfällt als der Etat für die Erste Mannschaft, zu antworten. Erst das Eingreifen Hans-Henning Schaefers, der weitere Posten in der Bilanz konkretisierte, beendete die Diskussion. Dietmar Bückemeyer wies weiterhin immer wieder auf die Entscheidung hin, Strunz zu entlassen, weswegen es zu massiven Störungen bei der Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat kam.
Besondere Beachtung verdient der sympathische Auftritt von Rechtsanwalt Marcus Wehler, der Frank Kebekus vertrat, der das Insolvenzverfahren für RWE durchführen wird. Er stellte in Aussicht, dass RWE am Ende des Insolvenzverfahrens wirklich schuldenfrei sein könnte und war zuversichtlich, dass dies erreicht wird. Angesichts eines Schuldenbergs allein bis zum 31.12.2009 von fast 14 Millionen Euro wäre das schon ein Erfolg für den Verein. Der Schuldenberg wuchs allein im Jahr 2009 um mehr als 2 Millionen. Auf Nachfrage bestätigte er, dass es auch zur Ablösung der vertraglichen Bindungen zu Dr. Kölmel kommen könnte. Belastbares konnte er allerdings nicht verkünden. Dafür wird für alle Mitglieder zusätzlich zur Sitzung, in der neu gewählt wird, vom Insolvenzverwalter eine Informationsveranstaltung angeboten, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Im September wurde diese Veranstaltung in Aussicht gestellt.
Die Freunde und Förderer von Rot-Weiss Essen gehen mit gemischten Gefühlen von dieser Veranstaltung. Zufrieden kann mit der aktuellen Situation niemand sein, die Aussicht, dass der Verein in der Fünften Liga befreit von der drückenden Schuldenlast einen Neuanfang machen kann, lässt dagegen verhalten optimistisch in die Zukunft blicken. Einige Personalentscheidungen sind bereits getroffen. U23-Coach Waldemar Wrobel ist wie im Vorfeld schon bekannt wurde Favorit der handelnden Gremien. Darüber hinaus soll in Essen eine Expertenrunde für den sportlichen Bereich installiert werden. Dieter Bast wird dieser Runde angehören und auch mit Frank Kurth ist man in Verhandlung. Weitere ehemalige Fußballer könnten die beiden Ex-RWE-Profis unterstützen.
Der Aufsichtsrat ist nun an der Reihe. Die Mitgliederversammlung hat ihnen die Möglichkeit gegeben, die Lizenz für die NRW-Liga zu erhalten. Damit haben die Mitglieder den Forderungen, die im Vorfeld erhoben wurden, entsprochen.
Teaserbild by Michael Gohl