Nachdem Rolf Hempelmann am Wochenende in mehreren Interviews seine Unzufriedenheit über die letzten Spiele betonte und angeblich schon mit Peter Neururer verhandelt wurde, schienen die Tage Heiko Bonans bei RWE schon gezählt. Auch die Vorverlegung des eigentlich immer mittwochs stattfindenden Pressegesprächs um einen Tag wurde als Indiz für einen Trainerwechsel angesehen.
Doch als Hempelmann und Nico Schäfer heute um kurz vor halb Eins das Medienzentrum an der Hafenstraße betraten, hatten sie keinen neuen Trainer im Schlepptau. Stattdessen wurden sie von Olaf Janßen und Heiko Bonan begleitet, die auch weiterhin die sportliche Verantwortung bei Rot-Weiss Essen tragen werden.

Die früher anberaumte Pressekonferenz sollte laut Hempelmann dem hohen öffentlichen Interesse an der Situation bei RWE Rechnung tragen und außerdem die Position der Vereinsführung deutlich machen, um die Gerüchteküche nicht noch weiter brodeln zu lassen.

So habe das Präsidium schon am Sonntag getagt und auch das Trainergespann und den sportlichen Leiter angehört. Dabei wäre deutlich geworden, dass man sich in einer schwierigen Situation befinde, im Gegensatz zu ähnlichen Situationen die Ursachenforschung aber nicht so leicht von statten gehe. Würde es zum Beispiel zwischen Trainer und Mannschaft nicht mehr stimmen, so wären die Probleme relativ offensichtlich. Das wäre aber überhaupt nicht der Fall, die Mannschaft stehe hinter dem Trainer. Auch habe es sonst in Krisenzeiten eine ganze Reihe von Baustellen gegeben, doch auch das wäre derzeit nicht der Fall.
Man habe den Eindruck, die Mannschaft wäre leistungsbereit, konditionell auf der Höhe, wolle gewinnen und hätte in den letzten Ligaspielen auch keine mangelhafte Einstellung an den Tag gelegt. Die Defensivarbeit wurde ebenfalls positiv hervorgehoben. Ebenso, dass man die zu Saisonbeginn aufgetretenen Probleme beim Erarbeiten von Torchancen abgelegt hätte.
Man würde die Situation aber nicht schönreden wollen.

Hauptproblem wäre ganz klar die mangelnde Chancenverwertung. Zu diesem Thema hätten Olaf Janßen und Heiko Bonan am Sonntag Stellung bezogen und aufgezeigt, welche Mittel ihnen zur Verfügung stehen und was sie bereits umgesetzt haben, um für mehr Sicherheit im Abschluss zu sorgen. Das Präsidium war somit weiterhin von einer Zusammenarbeit überzeugt. Das wurde am Montag dann auch in der Aufsichtsratssitzung diskutiert und bestätigt.

Heiko Bonan zeigte sich überzeugt davon, weiterhin der richtige Mann für den Trainerjob bei RWE zu sein, weil er den besten Zugang zu den Spielern habe. Niemand kenne die Mannschaft und ihre Mentalität so gut wie das Trainerteam und der sportliche Leiter.
Außerdem benannte er mit unter anderem Bielefeld und Wuppertal Beispiele, nach denen ein Trainerwechsel nicht zwangsläufig zu mehr Erfolg führen muss.

Eine Garantie für den Trainer, bis Saisonende bei RWE arbeiten zu können, wollte Rolf Hempelmann jedoch nicht erteilen. Trotz der Entscheidung von Sonntag werde man die Entwicklung der Mannschaft sehr genau verfolgen, um bei weiteren Problemen den Zeitpunkt für einen Trainerwechsel nicht zu verpassen. Schon bei einer Niederlage in Emden würde man sich wieder zusammensetzen müssen.

Eine Jobgarantie wolle Bonan jedoch auch nicht. Er habe nichts davon, am Saisonende mit RWE abzusteigen, und bis zum Saisonende gehe es für ihn auch nicht mehr um Millionen. Ihm liege ebenso das Wohl des Vereins am Herzen, fragte aber, was ein anderer Trainer denn anders machen könne als er. Die Einstellung der Spieler stimme, ebenso kämen sie mit der Grundordnung klar. Es gäbe nur ein Problem: „Wir treffen das Tor nicht!“.

Zur Diskussion darum, ob Olaf Janßen in Zukunft enger mit Heiko Bonan zusammenarbeiten und mehr Einfluss auf die Mannschaft nehmen sollte, äußerten Trainer und Manager, dass man ohnehin nicht mehr viel enger zusammenarbeiten könne.

Bonan stellte aber auch klar, dass er, sollten ihm Vorgaben in Sachen Aufstellung und Taktik gemacht werden, nicht mehr als Trainer zur Verfügung stehen würde. Da Olaf Janßen so etwas aber ohnehin nicht tun würde, wäre eine solche Diskussion sinnlos.

Stellung bezogen wurde ebenfalls zu den Spekulationen, RWE habe bereits mit anderen Trainern verhandelt. Dem erteilte Rolf Hempelmann eine klare Absage: „Der Verein hat offiziell mit keinem anderen Trainer gesprochen“. Er räumte jedoch ein, dass es Kontakte zwischen Gremiumsmitgliedern und anderen Trainern gegeben hätte. Dass wäre aber völlig normal. Man befände sich nun mal im Fußballgeschäft, und so würde man ständig mit Trainern, Beratern usw. in Kontakt stehen. Konkrete Nachfolgekandidaten oder Verhandlungen habe es aber nicht gegeben.

Die Meldungen um Peter Neururer wurden als Gerüchte abgetan. Hempelmann kommentierte aber die im Raum stehenden Gehaltszahlen. Er habe diese auch gelesen, und solche Gehälter wären für jeden Regionalligisten - und Rot-Weiss Essen im speziellen - absolut utopisch.

Am Rande wurde auch noch auf das Spiel in Emden eingegangen. Es ist nicht zu erwarten, dass im Vergleich zur Vorwoche wieder mehr Spieler zur Verfügung stehen werden. Stijn Haeldermans befindet sich im Lauftraining und Jozef Kotula wird derzeit mit Antibiotika behandelt. Dafür mache Mitja Schäfer immerhin gute Fortschritte.

RWE wird schon einen Tag eher in den Norden fahren und auf Empfehlung von Michael Boris, dem ehemaligen Co-Trainer der Kickers, in Greetsiel Quartier beziehen, wo auf ähnlichen Platzverhältnissen wie im Emdener Stadion trainiert werden kann. Der in der Regionalliga gefürchtete Rasen im Kickers-Stadion käme den Qualitäten der Emder Spieler doch sehr entgegen, dementsprechend erwartet Heiko Bonan auch in Emden kein wirklich gutes Fußballspiel. Wichtig wäre neben einer guten Abwehrarbeit vor allem eines: die Aggressivität vor dem Tor.

(hh)