06.05.2019

Interview Mario Basler

von Sebastian Hattermann

Am 14. Mai jährt sich zum 25. Mal das DFB-Pokalfinale gegen Werder Bremen. Bis dahin blicken wir aus unterschiedlichen Perspektiven zurück und lassen Akteure und Fans zu Wort kommen. Den Anfang macht Mario Basler im Interview mit Jawattdenn.de .

Mario Basler im RWE-Dress 1989 (www.rwe-autogramme-fm.de)Jawattdenn.de: Hallo Herr Basler, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, das Pokalfinale 1994 nochmal mit uns Revue passieren zu lassen. Welche Erinnerungen kommen Ihnen da so in den Sinn?

Mario Basler: Wir haben 2:1 gewonnen…

Jawattdenn.de: 3:1. Wynton Rufer. 88. Minute per Elfmeter.

Mario Basler: 3:1 haben wir gewonnen? Ich wurde früh ausgewechselt (Anm. d. Redaktion: 75. Minute) und bin in die Kabine gegangen. Da war ich im Warmwasserbecken, wo mich jemand aus dem Vorstand später rausgeholt hat. Ich kam dann mit Adiletten zur Siegerehrung.

Jawattdenn.de: Willi Lemke biss sich an Ihnen die Zähne aus. Klaus-Dieter Fischer war es letztlich, der Sie in letzter Sekunde davon überzeugen konnte, sich nicht der Ehrung durch den deutschen Bundespräsidenten zu entziehen. Warum waren Sie so sauer, dass Ihnen selbst die Pokalübergabe kein Lächeln entlocken konnte?

Mario Basler: Es stand ja erst 2:1, da konnte immer was passieren. Und wenn du dann theoretisch das 2:2 bekommen hättest, kannst du deiner Mannschaft nicht mehr helfen. Das wäre eine Katastrophe gewesen. Wenn du im Endspiel bist, willst du unbedingt den Pokal gewinnen und bis zum Schluss auf dem Platz sein. Darum hat mich das so geärgert. Dazu noch gegen meinen Ex-Verein.

Jawattdenn.de: Wie hätten Sie heute als Trainer reagiert, wenn ein Spieler sich aufregt, weil er ausgewechselt wird?

Mario Basler: Da hätte ich Verständnis für. Wenn man sich nicht ärgert, wenn man ausgewechselt wird, macht irgendjemand was verkehrt.

Jawattdenn.de: Die Situation war damals für ein Pokalfinale ziemlich untypisch. Rot-Weiss war nicht nur Zweitligist, sondern stand schon als Absteiger fest. War die Konstellation ein Thema in der Bremer Mannschaft?

Mario Basler: Nein, für uns war das überhaupt kein Thema. Otto war sowieso immer jemand, der vor allem Angst hatte. Ob du gegen einen höherklassigen Gegner gespielt hast, gegen Bayern oder einen unterklassigen Gegner. Der war immer sehr vorsichtig und hat speziell darauf hingewiesen, niemanden zu unterschätzen.

Jawattdenn.de: Jetzt haben Sie den Trainer schon angesprochen. Otto Rehhagel hat ebenfalls eine Essener Vergangenheit. War der RWE mal Thema zwischen Ihnen beiden, so unmittelbar vor dem Pokalfinale?

Mario Basler: Nein, das spielte vorm Pokalendspiel keine Rolle. Klar, wir haben viele Gemeinsamkeiten. Die erste Profistation in Essen, Bremer Zeiten, Kaiserslautern. Wir waren beide gelernte Maler/Lackierer. Deswegen hat die Chemie zwischen uns beiden so extrem gepasst. Aber das war für uns eigentlich nie ein großes Gesprächsthema.

Jawattdenn.de: Haben Sie denn heute noch Kontakt?

Mario Basler: Ja klar, wir sehen uns sehr oft. Wenn wir mit den Legenden ein Spiel haben, ist er meistens unser Trainer. Deswegen haben wir regelmäßig Kontakt.

Jawattdenn.de: Nach dem Zwangsabstieg waren die Essener Fans extrem sauer auf den DFB, der RWE die Lizenz entzogen hatte…

Mario Basler: Das habe ich ja in meiner Essener Zeit schon selbst miterleben dürfen.

Jawattdenn.de: Genau, das war 1991. Der erste Lizenzentzug der Vereinsgeschichte. 1994 gab es dann beim Pokalfinale seitens der RWE-Fans Proteste gegen die zweite Lizenzverweigerung. Den Fans im Stadion wurden teilweise T-Shirts und Protestbanner abgenommen. Um Schmähgesänge zu übertonen, wurde wohl sogar während der Partie Musik eingespielt. Hat man sowas auf dem Platz mitbekommen?

Mario Basler: Wenn ich jetzt ganz ehrlich bin, habe ich das gar nicht mitgekriegt. Das höre ich jetzt zum ersten Mal. Wenn den Fans T-Shirts oder Banner abgenommen werden, kriegt man das als Spieler natürlich nicht mit, anders als wenn auf den Rängen beispielsweise Bengalos gezündet werden.

Jawattdenn.de: Wie haben Sie die Atmosphäre im Stadion generell aufgenommen? Es waren immerhin rund 30.000 Essener und 30.000 Bremer im Stadion.

Mario Basler: Ja, das ist ja immer Hälfte-Hälfte, was die Fans angeht. Das ist das Schöne! Dadurch hat man in Berlin immer eine tolle Atmosphäre im Pokalendspiel. Meistens werden die Karten ja zu gleichen Anteilen an die Fanlager verteilt. Bayern kriegt da sicherlich mal ein paar Tausend Karten mehr als andere Vereine, aber grundsätzlich ist es immer schön im Pokalfinale. Deswegen will da auch jeder hin! Zum einen ist es der einfachste Weg, um international zu spielen und zum anderen ist es die Atmosphäre. Und ein bisschen Geld gibt es ja auch noch dafür.

Jawattdenn.de: Für Sie war der Gewinn des DFB-Pokals mit Werder Bremen der erste große Titel. Hat dieser eine besondere Bedeutung für Sie?

Mario Basler: Ja, der hat eine besondere Bedeutung. Weil ich sauer war, wie gesagt. Wenn du dir das Bild von der Pokalübergabe anguckst und mich mit Trainingsanzug (Anm. d. Red.: lila-blaue Ballonseide) siehst und den Rest der Mannschaft im Trikot, hat das etwas Besonderes. Aber klar, der erste große Titel ist immer was Besonderes. Das Größte für mich war aber der erste Deutsche Meister-Titel. Dafür spielst du Fußball.

Jawattdenn.de: Die Spieler von RWE haben sich, nachdem die erste Enttäuschung gewichen war, in das Berliner Nachtleben gestürzt. Wie war das beim Pokalsieger? Gab es eine organisierte Festlichkeit oder haben Sie unter Leuten gefeiert?

Mario Basler: Wir hatten erstmal unseren Empfang im Hotel und haben abends noch mit einigen Sponsoren und Fans zusammen gegessen. Ich meine, wir wären dann nachts noch rausgegangen. Da bin ich mir jetzt aber nicht mehr sicher.

Jawattdenn.de: Rot-Weiss Essen war die erste Station Ihrer Profikarriere. Sie kamen für 25.000 DM aus Kaiserslautern, wo Sie zunächst nur auf einen Einsatz in der Bundesliga kamen. Der Kontakt entstand über Hansi Wüst.

Mario Basler als Trainer bei RWO 2012Mario Basler: Über Hansi Wüst und Hans-Günter Neues, genau. Die Entscheidung war für mich natürlich relativ einfach. Kaiserslautern wollte mir keinen Profivertrag mehr geben. Ich sollte noch ein Jahr als Vertragsamateur spielen. Hans-Günter Neues, der da noch Trainer war, hatte mich angerufen und gefragt, ob ich mir nicht vorstellen könnte, nach Essen zu wechseln. Auf einer Raststätte am Moseltal haben wir uns zum ersten Gespräch getroffen. In Essen habe ich dann Hansi Wüst kennengelernt. Ein hervorragender Manager damals. Super lockerer, entspannter Typ. Auch heute noch, wenn wir uns sehen. So kam ich nach Essen. Ich wollte spielen und dort habe ich die Gelegenheit gekriegt.

Jawattdenn.de: Nach dem Lizenzentzug sind Sie dann zur Hertha nach Berlin gewechselt. Wären Sie gerne länger in Essen geblieben?

Mario Basler: Ja, das war schon eine sehr schöne Zeit. Dass der Traditionsverein Rot-Weiss Essen immer noch in der vierten Liga spielt, macht mich schon traurig. Mit diesen Fans, dem tollen Stadion und einem Schnitt von vermutlich 6000-8000 Zuschauern pro Spiel in der Regionalliga. Sehr schade. Es ist zwar so, dass man jedes Jahr versucht vorne mitzuspielen, aber es klappt halt nie. Jetzt ist man wieder Achter oder Sechster, hat 15 oder mehr Punkte Rückstand und keine Chance mehr nach oben. Einfach schade, dass man da in der vierten Liga rumkrebst. Für mich gehören diese Vereine mindestens in die dritte Liga, wenn man den Fanzuspruch sieht. Gerade in so einer großen Stadt, wie sie Essen nun mal ist.

Jawattdenn.de: Sie haben seinerzeit mit vielen RWE-Legenden zusammengespielt: Dirk Pusch, Ralf Regenbogen, Willi Landgraf oder Frank Kurth. Haben Sie mit den ehemaligen Kollegen aus der Zeit noch Kontakt?

Mario Basler: Nein, überhaupt nicht. Schon Ewigkeiten nicht mehr.

Jawattdenn.de: Frank Kurth sagte in einem Jawattdenn-Interview mal, Sie seien auch schon als junger Spieler ein Spaßvogel in der Kabine gewesen. Ist diese extrovertierte Art schon immer Ihr Markenzeichen gewesen?

Mario Basler: Ja. Wenn du deinen Job machst, soll der Job ja auch Spaß machen. Wenn du da immer so bierernst bei bist, wird es irgendwann langweilig und dann macht es auch keinen Spaß mehr. Ich habe viel Blödsinn mit den Jungs in der Kabine gemacht. Der Spaß hat mein Leben immer schon ein bisschen bestimmt.

Jawattdenn.de: In einem anderen Interview haben Sie mal sinngemäß gesagt, dass Sie notfalls zu Fuß zur Hafenstraße laufen würden, wenn RWE Sie als Trainer einstellen würde. Wie kam es dazu? Haben Sie noch eine Verbundenheit zum Verein?

Mario Basler: Nein, eine Verbundenheit habe ich nicht. Natürlich würde man so einen Verein wie Rot-Weiss Essen gerne trainieren, wenn man bei jedem Auswärtsspiel und bei jedem Heimspiel so viele Zuschauer dabeihat. Vor allem, wenn man selbst mal hier, in so einer schönen Stadt, gespielt hat, dann ist das einfach ein Traum, vielleicht auch mal so einen Verein zu trainieren. Leider ist es nie dazu gekommen.

Jawattdenn.de: Ambitionen gibt es aber noch?

Mario Basler: Ambitionen gibt es immer, klar. Wenn es passt.

Jawattdenn.de: Inwieweit verfolgen Sie noch den Werdegang von RWE?

Mario Basler: Ich bin jetzt nicht tagtäglich auf der Homepage, aber man bekommt das schon mit und verfolgt die ganzen ehemaligen Vereine, bei denen man mal gespielt hat. Jedoch nicht in der Intensität, dass ich jetzt jeden Spieler aufzählen könnte, der bei Rot-Weiss Essen spielt.

Jawattdenn.de: Für welchen Verein schlägt denn das Herz? Sie kommen aus der Nähe von Kaiserslautern. Ist das Ihr Herzensverein?

Mario Basler: Ich bin Pfälzer, ja. Aber sonst, muss ich sagen, bin ich jetzt kein Fan. Ich halte zu den Mannschaften, wo ich als Trainer oder Spieler gearbeitet habe. Da guckt man natürlich besonders hin.

Jawattdenn.de: Vielen Dank für das Interview und eine erfolgreiche Show nun, Mario Basler!

Das Interview führte Sebastian Hattermann vor der Show „Basler ballert“ am 17.03.2019 im Ebertbad Oberhausen.