Bumms, das saß!
Waldemar Wrobel ist mit sofortiger Wirkung nicht mehr Cheftrainer von Rot-Weiss Essen. An der Hafenstraße konnte man sich an vorherige Trainer eigentlich kaum noch erinnern.
Der Verein, der in Vorinsolvenzjahren Trainer verschliss wie Lothar Matthäus Ehefrauen, spielte schließlich seit fast 45 Monaten mit dem gleichen Mann an der Seitenlinie, was in Trainerjahren in Bergeborbeck eine kleine Ewigkeit ist. Wrobel kommt auf die zweitälteste Dienstzeit nach dem Zweiten Weltkrieg - nach Karl Hohmann, der 1954, also nicht weniger als vor 60 Jahren, von seinen Aufgaben entbunden wurde.
Auch ein 4:0-Sieg am vergangenen Freitag konnte den 44-jährigen Wrobel nicht mehr retten. Nicht ganz zu Unrecht wird bei RWE auch auf die mittel- und langfristige Entwicklung geschaut, und dort schwankten die Leistungen der Mannschaft, speziell in der Rückrunde, doch zu stark. Nachdem in der Hinrunde schon in Teilen der Fanszene Kritik an Wrobel laut wurde, stellte sich spätestens mit der Verpflichtung von Dr. Uwe Harttgen als Vorstand Sport auch bei den Verantwortlichen das Bewusstsein ein, dass auf der Trainerposition eine Veränderung zu erfolgen hat.
Gegen die Entscheidung ist sportlich also nicht viel einzuwenden - dennoch schafft sich der Verein mit einem Trainerwechsel zu diesem Zeitpunkt nur unnötige Probleme. Der neue Trainer - sei es Marc Fascher oder ein anderer - wird mit einer verunsicherten und nicht von ihm zusammengestellten Mannschaft sofort funktionieren müssen. Auch wenn es nur noch um die undankbare "Goldene Ananas" geht, existiert die große Gefahr, dass der "Neue" bei einem durchaus nachvollziehbaren durchwachsenen Restsaisonverlauf ebenfalls schnell angezählt wird. Gleichzeitig wurde der Aufstiegstrainer Waldemar Wrobel ziemlich unwürdig aus seinem Amt entlassen, ohne die Möglichkeit, sich von seinem Team, seiner Mannschaft und den Fans zu verabschieden.
Und so vergibt der Verein gleich zwei Chancen auf einmal. Hätte man zum jetzigen Zeitpunkt bekannt gegeben, dass Wrobel zu Saisonende aufhört, hätte man dem verdienten Coach die Möglichkeit gegeben, sich zum Saisonende würdig und in Ehren vom Verein zu verabschieden. Eventuell hätte man ihn sogar an anderer Stelle im Verein halten können. Gleichzeitig hätte ein neuer Trainer ab sofort in die Kaderplanung zur neuen Saison eingebunden werden können, so dass dieser am 1. Juli mit einem nach seinen Wünschen gestalteten Kader und vor allen Dingen "unverbrannt" in die neue Spielzeit hätte gehen können.
Hätte, hätte, Herrentoilette... die Chance ist vertan. Nach einem neuen Übungsleiter hat man sich wahrscheinlich nicht erst seit gestern umgesehen, trotzdem sind Trainer im März meistens entweder noch an ihren Verein gebunden - oder das letzte Engagement ist nicht ganz so erfolgreich verlaufen. Gleichzeitig setzt man Wrobel ziemlich unvermittelt auf die Straße. Den Wrobel übrigens, der im Sommer sich von seinem sicheren Job bei der Polizei verabschiedet hat, um RWE in Vollzeit dienen zu können. Dass dieses Engagement keine neun Monate übersteht, hätte er sich wohl auch nicht vorstellen können.
So sagen wir am Ende nur - frei nach einem anderen Rot-Weissen - ein Wort: Danke schön, Waldi! Danke für die unvergessliche Saison 2010/11, in der du uns den Glauben an unseren Verein zurückgegeben hast. Danke für zwei Jahre hintereinander im DFB-Pokal. Danke für deinen Beitrag zum sportlichen Erfolg, ohne den es vielleicht das neue Stadion nicht gegeben hätte. Danke für deine kauzigen aber doch liebenswerten Sprüche und Phrasen, die uns zwar manchmal auf den Keks gingen, aber doch immer die Wahrheit trafen. Danke für alles! Es wäre schön, dich irgendwann wieder an der Hafenstraße begrüßen zu können.
Für Rot-Weiss Essen wird es nun irgendwie weitergehen. In Kürze wird ein neuer Trainer vorgestellt werden und bald wird alles wieder ins Tagesgeschäft übergegangen sein. Der Fußball ist zu schnelllebig, als dass man in große Sentimentalität verfallen würde. Warten wir ab, was nun kommt. Den RWE kriegt man ja sowieso nicht klein. Und übrigens, nach Karl Hohmann kam 1954 Fritz Szepan. Und mit dem wurde man - die Älteren erinnern sich - ein Jahr später Deutscher Meister.