Regionalliga-Reform: Es nervt nur noch - Ein Kommentar
Und täglich grüßt das Murmeltier. Mit der erneuten Insolvenz des Traditionsvereins Alemannia Aachen formiert sich nun erstmals leiser Widerstand gegen die unsägliche Regionalliga im deutschen Fußball. Einmal mehr äußerte sich nun DFB Vizepräsident Rainer Koch, dessen Ideen man auf der Homepage des Reviersports nachlesen kann. Man überlegt, ob man die Aussagen nicht ignorieren soll, aber so viel Ignoranz verlangt einen Widerspruch.
Verfolgt man die Argumentation, muss man zunächst ansprechen, bei welchen Punkten man ihm Recht geben muss. In der Tat ist die zweite Insolvenz der Alemannia nicht allein der Regionalliga anzulasten, denn auch hier gelten kaufmännische Prinzipien im Bereich Einnahmen und Ausgaben, die einfach angepasst werden müssen. RWE-Fans sprechen aus eigener Erfahrung, dass das Schuldenmachen und Hoffen auf eine schwer planbare Zukunft eine ganz explosive Mischung sind.
Danach wird es allerdings aberwitzig. Koch stellt nun in Aussicht, dass man kein Vollprofitum in der Regionalliga betreiben dürfe. Dies zeigt eine gewissen Kenntnislosigkeit der eigenen Liga, die da gerade verteidigt werden soll. Schaut man auf die Konkurrenzsituation der Regionalliga West (aber auch der anderen Staffeln) wäre die Umwandlung in den Amateurbetrieb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch der Abschied von ambitionierten sportlichen Zielen. Die dann entstehende sportliche Lücke zu den Vereinen, egal ob sie durch Mäzene unterstützt (z.B. Viktoria Köln, SV Rödinghausen) oder von den Millionen der Muttervereine gefüttert (Zweitvertretungen von Mönchengladbach oder Borussia Dortmund) sind, kann nicht mehr geschlossen werden, und wenn die sportlich Verantwortlichen noch so gut sind. Diese Aussage ist also als Aufforderung zu verstehen, dass man nicht einmal mehr versuchen darf, in den bezahlten Fußball zurückzukehren?
Wie will Herr Koch das den sportlichen Absteigern der Dritten Liga erklären? Sobald ihr absteigt, dürft ihr nicht wieder hochkommen? Diese Haltung mutet schon kurios an.
Die Beweisführung erreicht beinahe humoristische Züge, wenn Koch erklärt, dass gerade die Traditionsvereine an der Regionalliga zerbrechen und die kleineren Klubs damit hervorragend fahren. Lassen wir mal außer Acht, dass auch die Sportfreunde Siegen – nicht gerade ein Verein, der mit geliehenen Millionen den Aufstieg erzwingen wollte – sich aus finanziellen Gründen aus dieser Liga zurückziehen musste. Aber selbstverständlich kann so mancher Klub, der eben die ganz großen Ambitionen nicht erfüllen muss, sich in dieser Liga einrichten. Der SC Verl ist ein Musterbeispiel für solides Wirtschaften und eine seit Jahrzehnten kluge Kaderzusammenstellung. Für Verl wird es in dieser Konstellation jedoch niemals darum gehen, in die dritte Liga aufzusteigen. Also erneut die Frage: Sollen die Vereine den sportlichen Wettbewerb einstellen und den Viktorias und Dortmund IIs überlassen?
Die Aussagen zur Verteidigung einer für jeden klar denkenden Menschen völlig verfehlten Ligenstruktur sind nicht mehr hinnehmbar und wirken in ihrer Verzweiflung wie die Trotzaussagen eines störrischen Kindes, das jedes noch so absurdes Argument aufnimmt, nur um nicht zugeben zu müssen, dass es danebengelegen hat. Die Frage ist, ob Herr Koch wirklich glaubt, dass dies eine gute Lösung ist, oder ob es ein Versuch ist, die eigenen Pfründe – er ist gleichzeitig Vorsitzender des bayrischen Verbandes, der nur in dem Fünf-Ligen-System eine eigene Regionalliga betreibt – zu sichern. Man könnte, egal wie die Antwort ausfällt, nicht sagen, was schlimmer wäre.
Diese Regelung kann nur erdacht werden, von jemandem, der selbst nie im Sport aktiv war, oder jemandem, der den großen Schaden, den er anrichtet, billigend in Kauf nimmt. Jede Regelung – außer den Aufstieg ganz abzuschaffen – wäre besser als die aktuelle. Wir spielen momentan im „Worst-Case“. Die Stimmen mehren sich nun, die eine Abkehr fordern. Aus Cottbus, aus Hamburg, aus Essen, aus Aachen und aus Oberhausen wird es lauter und diese Chance sollte ergriffen werden. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben der Verantwortlichen von RWE, darüber mit den Vereinen der verschiedenen Regionalligen im Gespräch zu bleiben, und offenen Widerstand entgegenzusetzen. Die Arroganz, die auch in der aktuellen Aussage mitschwingt, darf nicht an Zwistigkeiten der konkurrierenden Vereine ersticken. Es ist beispielsweise völlig egal, für welches neue System sich die gemeinsame Phalanx ausspricht, denn jedes andere System ist besser als das jetzige.