Rolf Hempelmann tritt als Präsident zurück
Rolf Hempelmann tritt mit sofortiger Wirkung als RWE-Präsident zurück. Wie in einer Erklärung auf der offiziellen Homepage zu lesen ist, wird seine letzte offizielle Amtshandlung die Leitung der am Sonntag stattfindenden Jahreshauptversammlung (11 Uhr - Cinemaxx) sein.
"Durch die immer stärker werdende Inanspruchnahme durch mein Bundestagsmandat wird es für mich immer schwerer, meinen ehrenamtlichen Pflichten als RWE-Präsident nachzukommen", teilte Hempelmann mit: "Der Verein benötigt einen Präsidenten, der vor Ort ist." Er stehe für eine Übergangsregelung zur Verfügung.
Der Präsident geht von Bord
Am 29.06.2008 geht eine Ära zu Ende. Nach
über zehn Jahren wird Rolf Hempelmann, ehemaliger
Lehrer und Mitglied des deutschen Bundestages, sein
Amt übergeben. Es gibt bestimmt einfachere Aufgaben
als die des Präsidenten von Rot-Weiss Essen.
Neben viel Lob, das Rolf Hempelmann für seine
Arbeit an der Hafenstraße bekam, musste er gerade
in der letzten Zeit viel Kritik einstecken. Daher
muss man sich auch die Zeit nehmen, die gesamte Präsidentschaft
von Rolf Hempelmann Revue passieren zu lassen.
„Der Asche ganz Nahe…“
Als Rolf Hempelmann das Amt des Präsidenten im
April 1998 übernahm, war RWE in den Niederrungen
des deutschen Fußballs verschwunden. Aber nicht
nur die sportliche Situation ließ den Druck
auf den Traditionsverein größer werden,
vor allem die desolate finanzielle Schieflage stellte
Rolf Hempelmann am Anfang seiner Präsidentschaft
vor große Herausforderungen. Neben den langfristigen
Schulden wurden 900.000 Mark an Gehaltsforderungen
und Abgaben an die Berufsgenossenschaft gefordert,
die er umgehend mit einem eingerichteten Sonderkonto
begleichen ließ. Auch für die langfristigen
Forderungen sollte gesorgt werden. Doch Rolf Hempelmann
gab dem Verein mehr als nur neue Finanzierungskonzepte:
Anders als manche Präsidenten zuvor brachte seine
Person Renommee und vor allem Seriosität zurück
an die Hafenstraße. Die spätere Verbindung
zur Kinowelt AG ließ ihn endgültig zum
Retter des Vereins werden, auch wenn dieser vermeintliche
„Gewinn“ sich als Fehler herausstellen sollte.
Doch ohne das Geld von Michael Kölmel wäre
es schon früher um den Verein geschehen. Rolf
Hempelmann war schon in seiner frühen Amtszeit
bemüht, alles Mögliche zu tun, um die Herzensangelegenheit
RWE zu unterstützen. Doch ruhigen Zeiten steuerte
er durch seine Entscheidung nicht entgegen.
Die größte Stunde der Präsidentschaft
Kein RWE-Fan wird diesen Tag vergessen, an dem es
beinahe kein Fußball mehr an der Hafenstraße
gegeben hätte. Der gefeierte Partner Kinowelt
konnte die Zahlungen nicht mehr erfüllen, Rot-Weiss
Essen stand kurz vor dem Aus. Doch der Präsident,
der genauso wie alle anderen an die Kinowelt geglaubt
hatte, verließ das sinkende Schiff nicht. Mit
vereinten Kräften versuchte er, dass Schicksal
noch abzuwenden. In diesen 72 Stunden von der Mitteilung
der Kinowelt bis zur endgültigen Rettung war
er nur für RWE da und sorgte sich um potentielle
Geldgeber. Und hier konnte er seine Kontakte ausnutzen:
Tatsächlich hatte er durch Gespräche mit
Sponsoren kurz vor Ablauf der Frist die Bürgschaft
zusammen bekommen. Rolf Hempelmann hatte einen großen
Verdienst daran, dass an der Hafenstraße nicht
die Lichter ausgingen.
Höhen und Tiefen eines Präsidentenamts
Mit den sportlichen Höhepunkten hatte auch Rolf
Hempelmann seine erfolgreichste und wahrscheinlich
ruhigste Zeit an der Hafenstraße. Nach zwei
verpassten Aufstiegen und dem Erfolg von 2004 äußerte
Hempelmann seine Vorstellungen, die jedem Fan das
Herz höher schlagen ließ. Er träumte
davon, Rot-Weiss Essen in einem neuen Stadion Bundesligafußball
spielen zu sehen. Doch seine seriöse Arbeit und
seine visionären Vorstellungen konnte er nicht
auf die sportliche Arbeit im Verein übertragen.
Hier offenbarten sich erste Schwächen in seiner
Amtszeit: Viel Geld wurde für wenig Qualität
ausgegeben, ein unbekannter Sicherheitsbeauftragter
sorgte für Ärger über den Verein hinaus
und auch in den sportlichen Stellen krachte es oft
ordentlich. Viele wünschten sich hier, dass Rolf
Hempelmann mehr Entschlossenheit zeigen würde
und für Ruhe im internen Bereich sorgen könnte.
Doch seine Arbeit im fernen Berlin ließ eine
Präsenz oft nicht zu, zudem war seine wirtschaftliche
nicht mit seiner sportlichen Kompetenz gleichzusetzen.
„Rot-Weiss Essen wird sein neues Stadion
bekommen!“
Das neue Stadion war das wohl wichtigste Projekt von
Herrn Hempelmann – und an diesem ist er auch
gescheitert. Seine Vision dieses Projekts ragte dabei
weit hinaus über eine schnell gebaute neue Arena.
Hempelmann wusste, was RWE ausmacht: Mit 14.000 Stehplätze
wollte er den Mythos Hafenstraße und die legendäre
Atmosphäre erhalten. Es sollte ein Stadion für
Rot-Weiss Essen und nicht einfach für die Stadt
werden. Er wusste, dass ein solches Projekt den Verein
konkurrenzfähig macht und zugleich Identifikation
stiften würde. Doch mit der Zeit wurde deutlich,
dass dieses Projekt nicht mehr umsetzbar war. Neben
dem sportlichen Niedergang rankten sich die Gerüchte,
wer jetzt nun die Sponsoren des Stadions sein würden
und wer wie viel für dieses Projekt aufbringen
würde. Am Ende war es zu einem Politikum geworden,
in dem der Verlierer Rolf Hempelmann zu sein schien.
Als er auf der letzt jährigen Jahreshauptversammlung
die Flucht nach vorn antrat und den Bau dieses Stadions
versprach, musste er als Politiker wissen, dass er
sich an diesen Worten messen lassen musste. Sein Rücktritt
war nach dem Scheitern seines Projekts also keine
wirkliche Überraschung.
„Am Ende einer Schlacht werden die Leichen
gezählt!“
Würde man nach diesem Motto die Amtszeit von
Rolf Hempelmann bewerten, würde man fälschlicherweise
zu einem negativen Ergebnis kommen. Verkürzt
könnte man sagen, er hat in der vierten Liga
begonnen und übergibt den Verein auch dort wieder.
Zehn Jahre sind eine lange Zeit, mittlerweile hat
sich eine neue Generation von Fans herausgebildet,
die Ansprüche sind höher geworden und Vereine
wie Hoffenheim und Wehen-Wiesbaden haben RWE längst
überholt. Doch ohne die Arbeit von Rolf Hempelmann
hätte es diesen Verein schon lange nicht mehr
gegeben. Es gelang ihm zwar nie, die alten überkommenden
Strukturen um oder in dem Verein ganz aufzureißen,
aber er hat versucht, in Kooperation mit anderen,
den Verein am Leben zu erhalten und ihm eine Zukunftsperspektive
zu geben. Seine Nachfolger müssen jetzt bemüht
sein, seine Visionen in die Tat umzusetzen. Dafür
fehlte es Rolf Hempelmann leider am Ende an Zeit,
Glück, Unterstützung und sportliche Kompetenz.
Wir danken Ihnen, Herr Hempelmann…
...für 10 Jahre Amtszeit, in denen Sie mit ganzen
Herzen trotz enormer Widrigkeiten für unseren
Verein unermüdlich gearbeitet und gelebt haben
…für Ihren seriösen Führungsstil,
mit dem Sie dem Verein in der gesamten Bundesrepublik
wieder zu Ansehen verholfen haben
…für Ihre Menschlichkeit, die jedem Fan
das Gefühl gab, auch in Ihren Vorstellungen der
Zukunft des Vereins eine Rolle zu spielen
…für Ihre Freundlichkeit, denn für
ein einfaches „Hallo“ oder ein Gespräch
hatten Sie immer ein offenes Ohr
… für Ihre ruhige Hand, die dafür gesorgt
hat, dass der Verein in schwierigen Zeiten nie die
Bodenhaftung verloren hat
Wir wünschen uns, dass Sie diesem Verein die
Treue halten und sowohl privat als auch beruflich
Ihre Ziele erreichen können!
Die Jawattdenn-Redaktion