Die Glaskugel – So wird 2009
Januar:
Thyssen-Krupp überrascht mit einer Pressekonferenz zum Thema
Sportsponsoring. Man wolle mit einer einmaligen, aber dafür recht
üppigen Finanzspritze dafür sorge tragen, dass das Ziel, Aufstieg des
Traditionsvereins Rot-Weiss Essen, doch noch realisiert werden kann.
Die Essener Führung ist sich schnell darüber einig, das Geld in die
chronisch unterbesetzte 6er Position zu stecken und verpflichtet den
erfahrenen Thomas Zdebel. Die Probleme bei Freistößen sind ebenfalls
offensichtlich und so wird Michael Tarnat von Hannover 96 losgeeist, um
für die nötige Durchschlagskraft zu sorgen. Das Jahr beginnt gut, denn
Fortuna Düsseldorf kann mit 3:0 aus dem Stadion gefegt werden. Der
Einzug in den DFB-Pokal ist greifbar nah.
Februar
Der 39-jährige Tarnat knickt beim Gang zum ersten Training um und fällt
mit einer komplizierten Knöchelfraktur wochenlang aus. Tanne hilft
fortan an der Seitenlinie mit, um die Schusskraft von Stefan Kühne, der
von nun an für Freistöße vorgesehen ist, zu optimieren. Michael Kulm
lässt alte Verbindungen zur Polizei spielen und per Radarfalle lässt
sich eine Steigerung der Schussgeschwindigkeit Kühnes um satte 20%
feststellen. Der neue Techniktrainer Tarnat wird frenetisch gefeiert.
Beim Meisterschaftsauftakt nach der Winterpause zeigt sich, dass die
Integration der neuen Kräfte noch Zeit benötigt. RWE kommt über ein
hart erkämpftes 0:0 in der verhassten Nachbarstadt nicht hinaus.
März
Peter Neururer, der kurz zuvor in Duisburg entlassen wurde, wegen
seiner Bemerkung, dass er nun die Nachfolge des bei Real Madrid
entlassenen Juan Ramos antreten wolle und endlich diesen elenden Job
hier in Duisburg aufgeben dürfe, wird als erfahrener Mann zusätzlich an
die Seitenlinie zu Trainer Kulm gestellt. Die Niederlage gegen den 1.
FC Kaiserslautern kann er dadurch nicht abwenden.
Eine positive Nachricht mit Blick auf die Finanzen: Rot-Weiss Essen
gelang es eine Übereinkunft mit der Beate Uhse AG zu erzielen. In den
kommenden Monaten filmt ein Kamerateam die Auftritte der rot-weissen
Mannschaft und die Aufzeichnungen werden ab sofort in der Rubrik
Masochismus verkauft. Obwohl RWE alle Spiele im März gewinnen kann,
versprechen sich Verein und Unternehmen eine fruchtbare Zusammenarbeit.
Außerdem steht noch ein Ratsbeschluss aus: Die SPD-Fraktion setzt eine
Verschiebung der Abstimmung bis nach der Kommunalwahl im September
durch. Völlig überraschend verkündet die Ratsfraktion, dass Rolf
Hempelmann für das Amt des Bürgermeisters kandidiert.
April
Neururer verliert seinen Job, da er Bora Karadag Flausen in den Kopf
setzt, indem er ihm eine große Karriere als Torwart voraussagt. Der
technisch starke Nachwuchskicker kann erst nach einem mehrstündigen
Gespräch davon überzeugt werden, dass er weiterhin im Mittelfeld sein
Glück versucht. Der Erfolg des März setzt sich indes fort, obwohl sich
die Qualität des Spiels nicht wirklich verbessert. Gut für die Kasse,
denn die RWE-Maso-Reihe schlägt ein wie eine Bombe. Der Flensburger
Konzern kommt mit der Produktion der Scheiben kaum nach. RWE kann sich
bereits am 15. April finanziell vom Hauptschuldner Sportwelt trennen.
Mai
Die Regionalligaspitze ist hart umkämpft und es kommt im Juni zum
Entscheidungsspiel zwischen Dortmund und Essen um den Aufstieg in die
Dritte Liga. Das Gerücht, die Spieler würden nicht mehr verlieren, weil
ihnen mit einer Wiederverpflichtung von Peter Neururer gedroht wurde,
sind offensichtlich üble Nachrede. Der unerwartete Erfolg beschäftigt
die Stadt. Auf einer Wahlkampfrede in Freisenbruch vermutet Hempelmann,
dass nun die Früchte seiner Arbeit als Präsident geerntet werden.
Juni
„Essen ist drittklassig, Düsseldorf sowieso!“ Mit dieser zweideutigen
Spitze gratuliert der Kölner Express den Essenern zum Aufstieg und zur
Neuauflage des ewig jungen Derbys zwischen Rot-Weiss und Fortuna. In
Essen regiert die Erleichterung. Sascha Mölders, der mit seinen Toren
Nummer 53 und 54 Essen zu einem verdienten 2:1 Erfolg gegen Dortmund II
verhalf, verlängert seinen Kontrakt um zwei weitere Jahre. Michael
Tarnat wird außerdem als Schusskrafttrainer behalten. Das Freistosstor
Kühnes gegen Preußen Münster, bei dem eine Geschwindigkeit von 155 km/h
gemessen wird, genügt als Arbeitsnachweis für den 39-jährigen.
Juli
Das Stadion kommt! Die Best-Of Rot-Weiss Essen DVD mit
Zusammenschnitten aus den Spielzeiten 07/08 und 08/09 verkauft sich so
sensationell, dass der Verein nun ohne die Unterstützung der Stadt
beginnen kann. Die Bitte des Partnerunternehmens, sich fortan Rot-Weiss
Uhse nennen zu dürfen wird aber ebenso abgeschmettert wie
Peepshowplätze auf der Gegengeraden. Bei der Pokalauslosung bekommt RWE
mit Energie Cottbus das Wunschlos. DFB-Pressesprecher Niersbach
entschuldigt sich via TV für die Panne bei der Auslosung im letzten
Jahr und verweist auf technische Probleme.
August
Ein heißer Sommer drückt Deutschland. Pünktlich eine Woche vor dem
Saisonstart gegen Rot-Weiß Oberhausen fängt es an zu regnen. Am
Spieltag ist es kalt und naß. Bei einem schlechten Spiel trennen sich
die Vereine mit 0:0. Dafür feierte RWE bereits eine Woche zuvor den
Einzug in die zweite Pokalrunde. Im Elfmeterschießen versenkte Kühne
den entscheidenden Elfmeter mit 165 Stundenkilometern. Sein trockener
Kommentar: „Da ist noch Luft nach oben!“
September
Den Niederlagen gegen Osnabrück, Paderborn und Holstein Kiel, folgt ein
triumphaler Erfolg gegen Fortuna Düsseldorf. Endlich ist Essen in der
Liga angekommen. Allerdings findet sich das erste Sorgenkind. Mölders
plagt sich mit Schuldgefühlen, da er in den ersten vier Spielen erst
vier Mal getroffen hat. Die Quote des Vorjahres erscheint bereits jetzt
unerreichbar. Thomas Zdebel verletzt sich und aus Mangel an
Alternativen muss Manager Thomas Strunz noch mal die Fußballschuhe für
RWE schnüren. Rolf Hempelmann zieht mit 75% der Stimmen im ersten
Wahlgang ins Essener Rathaus ein. Seine Aussage, dass er sich zunächst
einmal dem Projekt Krupp-Boulevard widmen möchte, kontert Ehrenbürger
Berthold Beitz cool, indem er den Stadtoberen auffordert sich bitte
etwas anderem zuzuwenden, da er die Fertigstellung des Geländes gerne
noch erleben wolle.
Oktober
Der goldene Oktober und Manager Strunz bringen RWE Glück. Es zieht
regelrechte Spielkultur an der Hafenstraße ein, was zur Folge hat, dass
der DVD-Verkauf rapide absackt. RWE ist es egal, denn das Stadion war
bereits mit der Premium Version des Spiels Rot-Weiss Essen gegen Rot
Weiß Erfurt aus dem Jahr 2004 aus Sicht der Spezialkamera Teixeira
abbezahlt. Die Partnerschaft wird von nun an nicht mehr weitergeführt.
Da das Unternehmen aber weiterhin das gierige Publikum befriedigen
möchte, wird der Kontakt mit dem im Januar wieder eingesetzten Schalker
Manager Assauer gesucht, da man an den Rechten der königsblauen Partien
interessiert sei. Das Geschäft kommt allerdings nicht zustande, da der
Deutsche-Masochisten-Verband Einspruch erhebt: „Das ist doch krank!“
November
Thomas Strunz schafft es die Wirtschaftskräfte Essens zu bündeln. Aldi
bekommt von nun an den begehrten Platz auf den Trikots. Deutschlandweit
bekennt Aldi nun auch Farbe und lässt in Erinnerung an alte Zeiten alle
Gurken und Würstchen in rot-weiße Verpackungen einschweißen. Der Absatz
ist enorm.
Dezember
RWE feiert einen versöhnlichen Jahresabschluss auf dem zehnten Tabellenplatz. Die Fans gehen zuversichtlich ins Jahr 2010. Bürgermeister Hempelmann verschreckt währenddessen die Kulturfreunde der Bundesrepublik mit dem Ausspruch: „Sollte sich Essen nicht als würdige Kulturhauptstadt erweisen, werde ich mein Amt als Bürgermeister niederlegen.“ Die Verlagerung der Feierlichkeiten nach Görlitz ist aus organisatorischen Gründen nicht mehr möglich.