Im RWE-Forum werden nach einem anfänglich allgemeinen Aufschrei inzwischen differenziert die Pros und Contras diskutiert. Überraschend ist dabei, dass der Verein selbst zunächst keine Argumente für die Preiserhöhung beigesteuert hatte, sondern in einer ersten Stellungnahme auf der Homepage eine fanfreundliche Preisgestaltung suggerieren wollte. Die Preiserhöhungs-Information erfolgte ohne nähere Erläuterung im letzten Satz.

Zudem waren viele Anhänger überrascht, dass entgegen vieler Ankündigungen im Laufe des Frühjahrs die Mannschaft schließlich doch ein recht neues, professionalisiertes Gesicht erhalten hat, so dass sicherlich auch frische Gelder zur Deckung des erhöhten Mannschaftsetats notwendig werden. Da in der kommenden Saison aufgrund des fehlenden Abstiegskampfes schnell sportliche Langeweile aufzukommen und damit der Zuschauerschnitt zu sinken droht, ist es für den Verein sehr wichtig, schon möglichst viele Zuschauereinnahmen im Vorfeld (sprich: über den Dauerkartenverkauf) zu generieren. Ebenso benötigt der Verein nach der Insolvenz Startkapital.

Der Dauerkartenverkauf in diesem Sommer ist damit noch wichtiger als in anderen Jahren. Das ist nachvollziehbar - allerdings trotzdem reine Spekulation. Denn der Verein kommunizierte die wahren Hintergründe der Preisgestaltung (zunächst) nicht, dabei gibt es doch zahlreiche (nicht nur die obigen) nachvollziehbare Gründe für die Erhöhung der Tageskassenpreise - diese mussten sich die Anhänger allerdings selbst zusammenreimen. Erst unter dem wachsenden Druck des verärgerten Teils der Anhängerschaft begann man damit, die wahren Hintergründe zumindest häppchenweise per E-mail zu erläutern.

Dabei bleibt die Frage: Warum nicht gleich so? Eine nachvollziehbare Darstellung der organisatorischen und ökonomischen Gründe, gekoppelt an eine Bitte um Verständnis dafür, dass es auch hier Härtefälle gibt (z.B. Gelegenheitsbesucher aus der Ferne), hätte die ersten Reaktionen vermutlich gemäßigter ausfallen lassen. Denn wie sensibel die RWE-Fangemeinde inzwischen insbesondere bei auf den ersten Blick wenig plausiblen Eintrittspreisgestaltungen reagiert, sollte nach diversen Boykottandrohungen in der vergangenen Saison auch der Vereinsspitze bekannt gewesen sein.

Auch die Preisdiskussion wird sich bald wieder legen. Festzuhalten bleibt, dass durch die Verpflichtung von Profispielern sowie durch die vermutlich auch daran gekoppelte partielle Erhöhung der Eintrittspreise die sportliche Messlatte und Erwartungshaltung unter den Fans gesteigert wurde. Die "Alles-ist-toll"-Stimmung ist unnötigerweise ein wenig angekratzt worden. Bei unpopulären Beschlüssen dieser Art sollte die Vereinsführung in Zukunft deshalb ein Schlagwort beachten: Transparenz!

Der leidgeprüfte RWE-Fan ist im Kern sicher bereit, für den Verein den einen oder anderen Euro mehr auszugeben. Das hat er nicht erst in der vergangenen Saison bewiesen, als er die trotz Abstieg nicht gesenkten Eintrittspreise ohne zu murren hingenommen hatte und für einen tollen Zuschauerschnitt sorgte. Mit mehr Transparenz in Hinblick auf die ökonomischen Hintergründe für unpopuläre Entscheidungen erreicht man wesentlich mehr Fans als wenn man kommentarlos die Tageskassenpreise als Mittel für den Dauerkartenverkauf erhöht - insbesondere in diesem Fall, den man sehr leicht hätte plausibel erläutern können!

Michael Jaskolla