Sehr geehrter Herr Paß,

wissen Sie noch, was Sie am 08. August 2009 etwa gegen 12:30 Uhr gemacht haben?

Sie standen hinter dem noch amtierenden Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Reiniger, lächelten in die Sonne und ließen sich mit dem Schal des Clubs ablichten, den Sie nun zu Grabe tragen. Herr Reiniger sprach und Sie applaudierten und nickten eifrig, als er von den wichtigen Funktionen sprach, die dieser Verein in Essen erfüllt. Wahltaktisches Kalkül nennt man so etwas wohl.

Sind Sie tatsächlich Oberbürgermeister dieser Stadt, Herr Paß?Wie kann das den Menschen, die Sie gewählt haben, angesichts ihrer Handlungsweise der letzten Tage nicht wie blanker Hohn erscheinen? Kein Wort des Bedauerns, keine Geste der Versöhnung. Sind Sie tatsächlich Oberbürgermeister dieser Stadt? Leben Sie hier und verstehen Sie die Menschen?


Wir möchten versuchen, einmal wirklich versuchen, ihre Handlungen der letzten Stunden nachzuvollziehen. Heute, nicht einmal ein Jahr später, stehen Sie an der Spitze der Stadt. Als Oberbürgermeister haben Sie sich dazu verpflichtet, den Bürgern zu dienen und im Interesse der Stadt zu handeln. Herr Paß: Kann es im Interesse der Stadt sein, wenn das einzig verbliebene sportliche Aushängeschild untergeht? Kann es im Interesse der Stadt sein, dass ein sozialer und kultureller Anziehungspunkt im Norden einfach so wegbricht? Kann es sein, dass im Jahr der Kulturhauptstadt Essen kein Platz ist für eine Kultur, die die Menschen im Ruhrgebiet wie keine andere prägt?

Dass der Verein in der Vergangenheit mehr genommen als gegeben hat, sehen wir ein. Dass an der Hafenstraße viel gutes Geld verbrannt wurde, sehen wir ein. Dass Sie einen Sparkurs im Interesse der Stadt einschlagen, ist absolut verständlich. Dass es sich die Stadt nicht leisten kann, einen auf Dauer über die Verhältnisse lebenden Viertligisten zu finanzieren, darauf haben Sie im April dieses Jahres mit Nachdruck hingewiesen.

Sie hatten Recht mit diesen Worten. Die Liaison zwischen der Stadt und Rot-Weiss Essen kann nur so lange Gültigkeit haben, bis der Verein wieder auf eigenen Füßen steht. Der Anfang wurde in den letzten Wochen gemacht. Der Verein fährt seitdem einen rigorosen Sparkurs. Das kann auch Ihnen nicht entgangen sein. Viele Menschen in dieser Stadt haben sich seit Wochen unentgeltlich für den Verein stark gemacht. Plakate geklebt, Flyer verteilt, Unterschriften gesammelt, die Resonanz war überwältigend. RWE ist vielen Menschen hier eine Herzensangelegenheit.

Vielleicht erinnern Sie sich einfach noch einmal an jenen 08. August und an die Menschen, die um Sie herumstanden. Herr Reiniger sagte an diesem Tag: „RWE war wer, ist wer, bleibt wer." Auch da applaudierten Sie. Wir schließen uns diesen Wünschen an. Heute mehr denn je.

Ihre Jawattdenn Redaktion