Die Feuertaufe

Die Entscheidung, Abwehrchef Alexander Thamm vor die Tür zu setzen, kommt bei den Essener Fans extrem schlecht an. Schon wird auf Facebook zu Demonstrationen vor der Geschäftsstelle aufgerufen.

Damian Jamro und Waldemar Wrobel haben bewiesen, dass sie Eier haben. Denn diese Reaktionen waren vorhersehbar. Beide wissen, wie emotional die RWE-Fans reagieren, wenn ihnen etwas nicht passt. Dass sie ihre Entscheidung trotzdem durchgezogen haben, zeugt von Mut und Entschlossenheit.

Aber zeugt es auch von Klugheit?

Mit Thamm verlässt den Verein ein unumstrittener Stammspieler, der in allen 32 Partien der abgelaufenen Saison auf dem Platz stand. 5 Tore, darunter das heute schon legendäre 1:0 gegen Homberg stehen für ihn auf der Liste, dazu vier Torvorlagen - Spitzenwerte für einen Verteidiger. Die Abwehr ist mit 28 Gegentoren die zweitbeste der Liga. Und dieser Mann - Platz 3 in der Jawattdenn-Bestenliste der Saison - wird aus "sportlichen Gründen" aussortiert? Das ruft Unverständnis hervor, zumal Thamm als Stammspieler in Lotte bewiesen hat, dass er mit Leichtigkeit in der Regionalliga zurechtkommt.

Wer jetzt in Essen seinen Platz einnimmt, wird es verdammt schwer haben. Thamm war als Führungsfigur in der Mannschaft anerkannt, bei den Fans wegen seiner lockeren Art hochgradig beliebt. Jeder Nachfolger wird an Alexander Thamm gemessen werden. Man mag sich gar nicht ausmalen, was passiert, wenn der neue Abwehrchef im ersten Spiel zweimal über den Ball tritt ...

Wrobel und Jamro stehen nun in der Bringschuld. Sie müssen dem aufgebrachten Umfeld einen Nachfolger präsentieren, der ebenbürtig, nein, eigentlich besser sein muss als Thamm. Und die Entscheidung darüber werden die Fans fällen. Das ist eine schwere Hypothek für den neuen Mann und eine Belastungsprobe für das Team und die sportliche Leitung.

Besteht man diese Feuertaufe, wird RWE gestärkt aus der Situation herausgehen. Aber wehe, wenn nicht ...

Thomas Mollen