Hoppingbericht Großbritannien Teil 2

Schottland und Hibernian Edinburgh vs. St. Mirren 1:1 (1:1)

Auf Willam Wallace Spuren


Vor unserer geplanten Fußballtour durch England und Schottland stand zwar sehr schnell fest, dass es zunächst zum Spiel Sunderland – Wigan gehen sollte, was wir aber in Edinburgh an Fußball sehen konnten war keineswegs sicher. Dies lag an dem Spielplan für die schottische Premier League, da ab dem 34. Spieltag die höchste Spielklasse in eine Abstiegs- und eine Aufstiegsrunde geteilt wird. Allerdings waren wir uns früh einig, dass es bestenfalls ein Spiel von Hibernian Edinburgh sein sollte, und dies aus bekannten Gründen.

Es waren die „Hibs“ aus der schottischen Hauptstadt, die im Pokal der Landesmeister 1955/56 in der ersten Runde als erster britischer Verein auf den ersten bundesdeutschen Vertreter traf: Rot-Weiss Essen. Damals gewann Edinburgh 4:0 in Essen und zog nach dem 1:1 im Rückspiel bis in das Halbfinale des Wettbewerbs ein. Ironischerweise waren „The Hibs“ nur im Europapokal vertreten, weil sie die dringend notwendige Flutlichtanlage für Abendspiele besaßen. Der damalige englische Meister Chelsea London sagte im Gegensatz zum deutschen Meister Rot-Weiss Essen die Teilnahme ab. In Erinnerung blieb den Essenern die fantastische Stimmung in der Neuauflage des Pokalspiels im Juli 2005, wo zahlreiche schottische Fans zur Unterstützung ihres Teams in das Ruhrgebiet gereist sind. Es war also längst Zeit für einen Gegenbesuch.

Umso größer war die Freude, als der Spielplan eine Woche vor der Reise feststand und die Partie in der Abstiegsrunde Hibernian – St. Mirren am Ostersonntag um 15 Uhr Ortszeit angepfiffen werden sollte. In Newcastle stellten wir aber schnell fest, dass neben der anstehenden Traumhochzeit des englischen Thronfolgers die Berichterstattung sich um das auch am Sonntag stattfindende „Old-Firm-Derby“ in Glasgow zwischen den Rangers und den Celtics drehen sollte, was bekanntlich mehr als ein Fußballspiel für alle Schotten ist. Es war zudem die letzte Chance für die protestantischen Rangers gegen die katholischen Celtics die Meisterschaft noch etwas offener zu gestalten. Die Dominanz dieser beiden Teams überstrahlt alles in Schottland, so dass die letzte Meisterschaft außerhalb von Glasgow vor 26 Jahren in Aberdeen gefeiert werden konnte. Meistertrainer des FC Aberdeen war übrigens der jetzt schon legendäre Sir Alex Ferguson, der nach seinem Weggang aus Aberdeen mit Manchester United alles im Vereinsfußball gewinnen sollte, was es zu gewinnen gibt. Dementsprechend schwer ist es für die beiden Teams aus Edinburgh, Hibernian und Heart of Midlothian, sich in dieser Liga gegen die Konkurrenz aus Glasgow durchzusetzen.

Wir machten uns direkt nach einem weiteren britischen Frühstück und dem Auschecken im Hotel von Newcastle auf in die schottische Hauptstadt. Am Bahnhof erfolgte der erste Preisschock auf uns, da die Zugfahrt nach Edinburgh sagenhafte 32 Pfund kostete. Dafür war die Reise mit anderthalb Stunden Fahrtzeit sehr schnell und führte uns vorbei an der Ostküste Schottlands mit den bekannten Klippen und zahlreichen Schafsherden. Nach einer kurzen Diskussion über den Zweck und Nutzen dieser Tiere für die Wirtschaft des Landes erreichten wir Edinburgh Waverley, den Hauptbahnhof der Stadt. Wir hatten nur wenige hundert Meter zu unserem Hotel, aber schon auf dem Weg dorthin wurden wir mit klassischer Dudelsackmusik begrüßt. Am Hotel angekommen bot sich eine weitere Überraschung für uns. Der aus Frankreich stammende Portier empfing uns mit den Worten: „Deutsche? Wie geil!“ So startet man doch gerne seine Reise in eine ausländische Stadt. Diese Begrüßung konnte zum einen daran liegen, dass der Portier in Deutschland zwischen Hamburg und Berlin eine Zeit verbrachte oder zum anderen daran, dass ein holländisches Rugby-Team sich aufgrund eines Trinkgelages bis spät in die Nacht sehr unbeliebt gemacht hatte. Aber das wussten wir nicht ganz genau.

Da noch kein Zimmer frei war machten wir uns schon einmal zum Stadion auf. Dies lag glücklicherweise auch nur wenig Laufzeit in den Osten der Stadt. Auf der „London Road“ liefen wir in Richtung der sichtbaren Flutlichtmasten, nur um später festzustellen, dass es sich hier um das „Meadowbank Stadium“ handelte und nicht um die legendäre „Easter Road“. Ein paar Schritte zurück in die Easter Road (Ist ja auch irgendwie logisch, dass das Stadion in der Nähe dieser Straße liegen muss) und nach ein paar Meter erreichten wir recht kleine Hinweisschilder, die uns in die „Albion Road“ direkt zum Ziel führten. Das „Easter Road Stadium“ wusste jetzt schon zu überzeugen. Ein schmuckes Kästchen mit ca. 20.000 Zuschauern, ein moderner Fanshop unter der Tribüne, Ticketcenter und extrem nah am Feld ohne Sichtbehinderung – Ein Traum jedes Fußballfans, besonders wenn er aus Essen kommt. Allerdings folgte der nächste Preisschock. Für das Abstiegsrundenduell gegen St. Mirren verlangte man von uns 22 Pfund für einen Platz direkt hinter dem Tor. Dass die Preise in Großbritannien so hoch sind wussten wir zwar vorher, aber wenn man dies mit dem Preisen in Sunderland vergleicht war dies doch schon ein kleiner Skandal. Dafür sind die angebotenen Merchandise-Artikel relativ günstig zu erhalten. Da die Trikots für die neue Saison schon in den letzten Spielen der alten Saison präsentiert werden sind die alten Artikel schon frühzeitig runter gesetzt. Leider waren keine Trikots mehr in unseren Größen erhältlich, so dass ich als Andenken einen Schal für rund 7 Pfund erhalten konnte. Dieses Preis-Leistungs-Verhältnis ist mehr als okay.

Traditionell setzen wir uns vor dem Spiel noch in einen Pub, der direkt vor dem Stadion ansässig ist, um uns das ein oder andere schottische Bier zu genehmigen. Aber schon dort fiel uns auf, dass so kurz vor dem sehr wenig los war. Lecker war es trotzdem und die richtige Wahl, wie wir bald feststellen sollten. Denn anders als im Stadion von Sunderland gab es dort kein Bier. Dafür wollte ich mir etwas zu Essen holen und bestellte mir ein „Hot Dog“ für 4,50 Pfund. Allerdings erhielt ich völlig verdutzt einen Becher voller „Hot Choc“. Ein klassischer Fall von fehlender Völkerverständigung. Ich hatte zuvor noch keine heiße Schokolade vor einem Fußballspiel getrunken, aber einmal ist immer das erste Mal. Die Preise waren für das Catering recht hoch, aber in der heutigen Zeit noch akzeptabel. Auch im Inneren beinhaltet dieses Stadion alles, was eine moderne Arena enthalten sollte. Direkt gegenüber den Cateringständen waren übrigens auf einer Tafel alle wichtigen Trainer und Spieler des Vereins, teilweise mit Bildern, vorhanden, eine perfekte Kombination von Tradition und Moderne. Hier haben uns die Briten einiges voraus. Wie im „Stadium of Light“ in Sunderland konnten die anderen Spiele der Liga auf den Monitoren im Innenraum angeschaut werden. So erfuhren wir auch, dass das „Old-Firm-Derby“ in einem schwachen und torlosen Unentschieden endete. Kurz vor dem Anpfiff bestätigten sich aber unsere Befürchtungen, es blieb still und leer. Nur wenige Fans fanden den Weg ins Stadion, die „Supporter“ sammelten sich mit ca. 30 Mann unter dem Dach der Gegengerade und feierten sich mit Gesängen und Tänzen selbst. Aus Paisley, der Stadt der gegnerischen Mannschaft St. Mirren, waren etwa 70 Fans angereist. Paisley liegt etwa 13 Kilometer westlich von Glasgow und ist Heimatstadt des wohl berühmtesten Schotten Sir William Wallace, der durch den Film „Bravehart“ mit Mel Gibson in der Hauptrolle einem breiteren Publikum bekannt wurde. Der Freiheitskämpfer, dessen Kopf 1305 nach seiner Hinrichtung auf der London Bridge aufgespießt wurde, wäre aber wohl heute auch eher das „Old-Firm-Derby“ anschauen anstatt die Mannschaft seiner Heimatstadt vor Ort zu unterstützen.

Zum eigentlich Spiel ist schnell alles gesagt. Beide Mannschaften boten ein schwaches Spiel mit wenig Höhepunkten und vielen technischen Fehlern. Wenn jemand die Initiative in dieser Partie übernahm war es das Gästeteam aus Paisley. Dies war auch nur zwangsläufig, da es für St. Mirren theoretisch noch um den Klassenerhalt in dieser Saison geht. Denn von den 6 Teams, die an der Abstiegsrunde teilnehmen, steigt nur eine Mannschaft ab und dies auch nur, wenn die Mannschaft aus der zweitklassigen „First Divison“ die wirtschaftlichen und technischen Vorrausetzungen für die „Clydesdale Premier League“ erfüllen kann. Da die Meister aus Glasgow jedes Jahr quasi feststehen geht es also für ¾ der Mannschaften aus dieser Liga jedes Jahr um die Goldene Ananas. Spricht für kein hohes Niveau dieser Liga, von der Stärke her wäre Eintracht Braunschweig aus der dritten Liga heißer Kandidat für die Qualifikation in der „Europe League“, die man mit dem dritten Platz in der „Clydesdale Premier League“ erreichen kann.

Auch die Stimmung besserte sich nicht. Um uns herum war es sehr ruhig, nur ein paar ältere Herren meckerten was das Zeug hält, den Rest konnten wir wegen dem starken schottischen Akzent sowieso nicht verstehen. Doch nach 26 Minuten wurden wir aus unserem Halbschlaf etwas herausgerissen. Ein toller Pass von Hibernians Derek Riordan ermöglichte Stürmer Akpo Sodje aus kurzer Distanz mit der ersten wirklichen Chance von Edinburgh das 1:0 zu erzielen. Der Jubel der etwa 7000 Fans im Stadion währte aber nur kurz, da St. Mirren weiter auf den Ausgleich drückte und in der 38. Minute durch einen Elfmeter regelrecht belohnt wurde. Die Berührung von Verteidiger Victor Palsson an Paul McGowan war alles andere als Elfmeter würdig, doch das war St. Mirren und vor allem dem Spieler Craig Dargo, der locker zum 1:1 verwandeln konnte, völlig egal. In der Folge genoss St. Mirrens Jim Goodwin die Aufmerksamkeit der heimischen Fans, der ein wenig an den abgezockten und in die Jahre gekommenen Achim Weber erinnerte. Zweimal ging er mit gestrecktem Bein in seinem Gegenspieler hinein und erntete dafür viele Pfiffe des Publikums. Auffällig war seine Spielweise vor allem, da wie auch bei der gestrigen Partie hart, aber besonders fair gespielt wurde. Es muss also nicht wie in Deutschland alles abgepfiffen werden, es geht auch so. Nur das Niveau sollte dadurch auch nicht steigen. Als die Halbzeit beendet wurde raunte ein sehr lautes „Buhhhhhhhh“ durch das Stadion, dass vor allem den Schiedsrichter und Goodwin begleiten sollte.

Mit einem Pfeifkonzert wurden auch die Schiedsrichter wieder begrüßt, und auch aus neutraler Sicht war das nicht ungerechtfertigt. Gleich zweimal übersah Referee Alan Muir ein deutliches Handspiel von St. Mirren. Bei strittigen Entscheidungen war vor allem die Heimmannschaft immer benachteiligt. Das ohnehin schwache Spiel verlor noch einmal an Niveau. Viele Pässe von den „Hibs“ landeten im Aus und auch die Abschläge von Torwart Mark Brown fanden nie ihr Ziel. Anstatt die Linie entlang zu laufen blieben die Spieler lieber stehen. Die Luft war anscheinend schon vor dem Spiel raus. So erwarteten wir sehnsüchtig den Abpfiff und verließen sehr enttäuscht das Stadion. Hier hatten wir deutlich mehr erwartet, aber jeder „Groundhopper“ weiß um dieses Risiko eines schlechten Spiels.

Dennoch war der Ausflug nach Edinburgh alles andere als eine Enttäuschung. Nach einem kurzen Eindruck von der City legten wir uns früh aufs Ohr, um am nächsten Tag noch etwas von dieser atemberaubenden Stadt zu sehen. Direkt am nächsten Morgen besuchten wir das Shoppingcenter „St. James“ um uns mit Trikots einzudecken, die mit rund 25 Pfund günstiger als in Deutschland sind. Den offiziellen Fanshop der Hearts of Midlothian betraten wir jedoch nicht, dafür waren doch die „Hibs“ zu sehr in unserem Herzen fest verankert. Weiter ging es über die „Rose Street“, eine Meile mit Pubs und Geschäften, über den Stadtgarten hoch zum Edinburgh Castle. Der Eintritt mit 14 Euro war uns aber etwas zu teuer, dafür wollten wir aber noch einmal über die Royal Mile zum schottischen Parlamentsgebäude. Dieser Bau ist aber aufgrund des neuartigen Stils eher uninteressant, dafür ist der „Palace of Holyrood“, der offizielle Sitz von Königin Elizabeth II. in Schottland und dem Parlament gegenüberliegend, umso sehenswerter. Zum Abschluss ging es in den naheliegenden „Holyrood Park“, von dessen Hügeln aus man einen unbezahlbaren Blick über die gesamte Stadt hat. Beim anschließenden Essen erfuhren wir von der unwichtigen 1:3-Niederlage unserer Rot-Weissen gegen Wegberg per SMS. Besten Dank an die daheim gebliebenen Mitglieder der jawattdenn.de-Crew für die Nachrichtenversorgung! Es folgte der Weg zum Flughafen begleitet mit einer nochmaligen Dudelsack-Darbietung und eine anderthalbstündige Reise nach Köln/Bonn.

Edinburgh darf völlig zu Recht als eine der schönsten Städte Europas bezeichnet werden. Allerdings war es eine fußballtechnische Enttäuschung, was aber auch der sportlichen Situation von den „Hibs“ geschuldet ist. Interessanter wären wohl eher das Derby gegen die Hearts oder ein Duell gegen die beiden Glasgower Vereine. Was allerdings Merchandise, Stadionkultur und Catering angeht ist dieser Club vielen deutschen Zweit- und Drittligisten voraus. Es wäre schön, RWE in einem solchen Stadion spielen zu sehen wie die „Easter Road“, natürlich mit mehr Stehplätzen und angemesseneren Preisen. Trotz allem wird ein kleiner Teil des rot-weissen Herzens diesem sympathischen Verein treu bleiben. Und wir bedanken uns für eine tolle Tour und einem sehr gastfreundlichen Land, in das wir gerne wiederkommen. Come on Hibs!

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