Interview mit den Ultras Essen

veröffentlicht am 27.11.2007 um 19:12 Uhr

Neue DVD, steigende Repressionen durch Polizei und Ordner, Stimmung bei Heimspielen, Choreografien... Es gibt aktuell so einiges Interessantes. Jawattdenn.de führte daher ein Interview mit Vince, Christian und Alex vom Vorstand der Ultras Essen.

Jawattdenn.de
Ihr habt vor einigen Tagen den Trailer zu eurer neuen DVD herausgebracht: Premiere ist am 4. Dezember im Cinemaxx, Verkaufsstart beim Spiel gegen Düsseldorf. Erzählt doch einfach mal ein bisschen darüber.

Ultras-Essen
Wir haben 2004 die erste DVD produziert und hatten da schon geplant, irgendwann eine Zweite folgen zu lasen, da wir noch viel Material über hatten. Daher wurde weiter kontinuierlich gefilmt, Ultras Essen Choreosodass wir im Laufe der letzten zwei Jahre dann gesagt haben, dass wir das Projekt noch mal neu anfassen. Diesmal war es uns wichtig, dass hier eben keine weitere reine Ultra-DVD entsteht wie es sie akuell zu Hauf gibt. Wir haben Wert drauf gelegt, unsere Erinnerungen an die letzten Jahre zu dokumentieren. Es handelt sich übrigens um eine Doppel-DVD: Teil 1 zum Thema 100 Jahre Rot-Weiss Essen, Teil 2 mit 5 Jahre Ultras Essen.
In der Qualität ist die zweite DVD im Vergleich zur Ersten definitiv ein Quantensprung. Die erste DVD war noch relativ verpixelt. Das ist bei der Zweiten jetzt sehr viel besser. Auch wird teilweise aus bis zu drei Kameraperspektiven gefilmt.

Bei der Kinopreview wird es wahrscheinlich einen ca. 100 Min. Zusammenschnitt der beiden Teile geben. Im Anschluss an die Vorstellung kann die komplette DVD dann aller Voraussicht nach auch gleich erworben werden.

Das Schöne an dieser DVD ist, dass der Zuschauer hier die Entwicklung der Fanszene in den letzten Jahren sehr gut sehen kann. Ein Spiel auf der alten Nordtribüne ist noch drauf sowie der Neuanfang auf der Ost. So ist gut veranschaulicht, wie sich der Wechsel entwickelt hat und wo die Entwicklung aktuell hinführt und welche neuen Strukturen entstanden sind. Wir haben auch viel Wert auf Block- und Nahaufnahmen gelegt. Der Graffiti-Anteil auf der DVD wird übrigens nicht so groß sein wie im Trailer.


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Die erste DVD ist mittlerweile ausverkauft. Wie viele DVDs habt ihr diesmal bestellt?

Ultras-Essen
Wir haben diesmal 1.200 Exemplare bestellt. Zur ersten DVD kommen übrigens immer noch Anfragen rein, auch werden wir häufiger am UE-Stand angesprochen, ob noch Restbestände vorhanden sind. Dies ist jedoch nicht der Fall. Gelegentlich tauchen noch DVD?s bei Ebay auf, die teilweise Preise bis zu 70 Euro erzielen.


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Thema Stimmung. Wie seht ihr hier die aktuelle Entwicklung?

Ultras-Essen
Erstmal muss man ganz klar sagen, dass das letzte Heimspiel gegen Magdeburg der schlechteste Heimauftritt der bisherigen Saison war. Woran das lag, weiß keiner so genau.
Aber generell sehen wir schon eine positive Entwicklung des Stimmungskerns im Block P. Auch versuchen wir natürlich immer, die Nord einzubinden und den Funken irgendwie überspringen zu lassen -- wie zum Beispiel durch die verschiedenen Wechselgesänge.

Großer Nachteil der Ost ist natürlich, dass an den Seiten viele Familien und Rentner stehen, die an der Stimmung weniger interessiert sind. Das Problem sieht man vor allem bei größeren Choreos. In den Außenbereichen gehen die Planen nach einer halben Minute runter, weil die Ultras Essen ChoreoLeute Angst haben, den Einlauf der Mannschaften zu verpassen, während der Block P mittlerweile sicherlich so weit ist, dass man eine Choreo mal locker fünf bis sechs Minuten halten könnte, wenn halt die Außenbereiche nicht wären. Deswegen gibt es immer wieder Überlegungen, ob man größere Choreos über die komplette Ost oder doch lieber kleinere Choreos im Mittelblock macht, der dann aber wirklich mitzieht.


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Diese Thematik gab es ja schon vor einigen Jahren beim Osnabrück-Spiel, als ein Teil der Planen hochgezogen wurde, ein anderer Teil dann wieder nicht, weil die Leute was sehen wollten, und als unten am Zaun die Planen abgerissen wurden, weil die Leute dachten, sie würden etwas verpassen.

Ultras-Essen
Wir haben in der Zwischenzeit viel dazu gelernt, aus der Osnabrück-Sache ganz speziell, was das Befestigen von Planen und Fahnen am Zaun angeht. Dadurch, dass die Ost-Tribüne mit Zaunfahnen verhangen ist, haben wir den Riesenvorteil, dass man dort auch Choreo-Artikel drüberhängen kann. Das war gerade bei den Aktionen zur 100-Jahre Choreo von Vorteil, wie man auch auf der DVD wird sehen können, denn dort hing doch so einiges an Material am Zaun.


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Führt ihr Gespräche mit Fangruppen, die auf der Nord-Tribüne stehen?

Ultras-Essen
Die Fanclubs "Stolze Essener" und "Matadors Essen" wurden mehrmals durch uns angesprochen. Die beiden Fanclubs argumentieren, wie wir früher auch, mit der Tradition der Nordtribüne für uns Fans. Hier müsste man aber unserer aber schon mal überlegen, wie lange die Mitglieder dieser Fanclubs zu Rot-Weiss gehen und was für sie Tradition bedeutet...

Wir haben uns irgendwann gesagt, dass, wenn man die Bilder vom Stimmungskern in den Anfangszeiten auf der Ost mit dem Stand heute vergleicht, es einen großen auch qualitativen Zulauf gegeben hat. Gerade über die Querulanten werden jüngere Leute angesprochen. Wenn es gelingt, diese Leute dauerhaft in die Gruppe zu integrieren, hat das Projekt Ost-Tribüne sicherlich eine große Zukunft, denn die Nordtribüne ist in unseren Augen schlicht tot.
Nichtsdestotrotz sprechen wir auch weiterhin mit diesen Gruppen, sei es über Verbesserungen Ultras Essen Choreoder Stimmung oder Dingen die uns nicht gefallen.


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Ihr bekommt also schon mit, was die verschiedenen Gruppen so machen, z.B. auf Auswärtsfahrten?

Ultras-Essen
Ja, klar. Wir fahren mit den gleichen Zügen und bekommen natürlich mit, wenn da jemand rumrandaliert.


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Freut ihr euch auf das neue Stadion wenn es gebaut werden sollte?

Ultras-Essen
Teils, teils. Irgendwie hängt man natürlich an dem alten Stadion. Andererseits hätte man gerade in einen neuen Stadion auch neue Möglichkeiten. Denkbar wäre hier z.B. ein Supporterblock, in dem sich alle Support-Willigen zusammenfinden und man wieder eine kontinuierlich laute Kurve hinkriegt, was momentan bei RWE in vielen Spielen fehlt. Leider wird man aber in einem neuen Stadion auch aber auch viele Freiheiten verlieren und die Überwachung wird noch mehr steigen, auch wenn sie sich jetzt schon auf recht hohem Niveau. Wir werden derzeit zum Beispiel von drei Kameras durchgehend gefilmt.


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Ein Problem im neuen Stadion könnte vielleicht sein, dass man nicht alle Gruppierungen an einen gemeinsamen Standort kriegt, der Verein aber ein sehr gästefreundliches Stadion bauen will und man dann übersungen wird.

Ultras-Essen
Die Frage ist, wie weit sich die jetzt gegebenen eingefahrenen Denkweisen verändern werden. Viele Leute, die momentan auf der Nord stehen, werden auf Grund der Sicht auch den neuen Stehplatz Unterrang auf der Gegengerade bevölkern. Hier kann man leider nicht davon ausgehen, dass Leute, die jetzt Vorbehalte gegen eine Hintertortribüne haben, diese im neuen Stadion ablegen werden.


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Wie seht ihr das Problem Eventfans in einem neuen Stadion?

Ultras-Essen
Es gibt Mittel und Wege, diesen Leuten klar zu machen, dass sie nicht unbedingt genau dort stehen müssen, wo wir Stimmung machen. Man wird aber wohl nicht bei jedem Spiel 14.000 Zuschauer auf den Stehplätzen haben.

Das Thema neues Stadion befindet sich aber eh noch in einem so frühen Stadium, dass einfach noch nicht viel zu uns durchgedrungen ist. Man weiß natürlich, wie es aussieht. Aber wie es darin dann tatsächlich ablaufen wird, weiß keiner. Es bedarf sicherlich einiger Organisation im Vorfeld. Aber St. Pauli hat es vorgemacht, wie man eine Fankurve umsiedelt und man ist gespannt, was Ultras Essen Choreodaraus wird. Wir wissen nicht, wie die ganze Sache laufen wird. Planung ist derzeit nicht möglich, weil wir nicht sonderlich viele Informationen über das Stadion haben.


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Die Zusammenarbeit mit dem Verein funktioniert aber schon noch, z.B. mit Nico Schäfer?

Ultras-Essen
Ja, mit Nico und dem Fanprojekt auf jeden Fall. Mit den Fanvertretern ist da noch eine Instanz dazu gekommen. Es gab schon mal erste, inoffizielle Überlegungen eine Stadiongruppe zu gründen, die sich wirklich mit dem neuen Stadion beschäftigt, aber leider weiß derzeit noch keiner, wanns losgeht. Der Vertrag mit Kölmel ist wohl noch immer nicht unterschrieben, andererseits spricht Rolf Hempelmann von einem möglichen Spatenstich im Januar. Andere Leute sagen, dass das Stadion eh nicht so gebaut wird, wie geplant war. Da müssen wir abwarten, auch wenn wir natürlich schon ein paar Ideen hätten.

14.000 Stehplätze machen übrigens noch lange nicht das gastfreundlichste Stadion aus. Zumal in letzter Zeit die Erfahrungen, auch gerade mit den Gästefans, eher in eine andere Richtung gehen, was das fanfreundlichste Stadion so angeht...


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Ihr kriegt also schon mit, was bei den Gästen so abläuft?

Ultras-Essen
Es ist ja nicht so, dass wir nicht wissen, was am Spieltag im Umfeld von unserem Stadion passiert. Uns ist so was bekannt, dass z.B. auch gegen Magdeburg wieder Gästebusse im Gewerbegebiet standen und es dort Polizeiaktionen gab wie gegen Dresden. Wir hören natürlich von den Gästegruppen im Nachhinein auch was bei uns los war. Da sind wir durchaus solidarisch. Wir wollen ja auswärts auch nicht wie Tiere behandelt werden. Wir wissen aber natürlich auch nicht, was z.B. Dynamo auf dem Weg nach Essen bereits gemacht hat. Aber wir kennen die Vorgänge auch von unseren Auswärtsfahrten.

Dabei sollten eigentlich die Fantrennungsmaßnahmen solche Einsätze in Essen mittlerweile überflüssig machen. Aber wenn man mal die Reserven sieht, die die Polizei im Hafengebiet auffährt, gleicht das wirklich fast einem Bürgerkrieg. Gerade auch weil wir hier einen recht kulanten Sicherheitschef, ein vernünftiges Fanprojekt und auch einen sehr fan-nahen Geschäftsführer haben, sollte man auf den Umgang mit Gästen hier ein Auge werfen. Das sehen auch wir in gewisser Weise als unsere Pflicht an.


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Meint ihr denn, dass ihr oder der Verein auf die Polizei einwirken könnt?

Ultras Essen ChoreoUltras-Essen
Wir sicherlich nicht, aber der Verein kann dies definitiv. In welchem Maß ist offen.


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Wurde denn eurerseits mal das Gespräch gesucht, zum Beispiel mit der Bereitschaftspolizei Essen?

Ultras-Essen
Von uns direkt nicht, nein.
Wir haben dem Verein immer wieder mitgeteilt, dass wir das Verhalten der Polizei hier nicht gut heißen. Auch war auch mal ein runder Tisch geplant, doch beruhigte sich die Lage zwischenzeitlich wieder. Seit zwei Spielen sieht es aber leider wieder anders aus. Als nächstes kommt nun Düsseldorf, da wird's sicherlich noch mal einen gewaltigen Aufmarsch der Polizei geben.

Wir hatten damals versucht, ins Gespräch zu kommen, als der neue Gästeblock und die Polizeiwache hinter der Nord errichtet wurden -- daraus ist nie etwas geworden. Die Polizei sieht die Maßnahmen als angebracht an. Dabei haben wir gerade am Anfang immer wieder mit Bildern dokumentiert, wie viel Polizei sich dort aufhielt. Es kommt auch immer wieder vor, dass sich Polizeikräfte zum Beispiel provokativ vor unseren Stand stellen oder uns schon vor dem Spiel abfilmen.


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Thema Fahnenklau: Seid ihr denn der Meinung, dass ihr solche Einsätze vielleicht teilweise provoziert, wenn ihr z.B. erbeutete Gästefahnen auf dem Zaun präsentiert oder durch andere Aktivitäten außerhalb des Stadions?

Ultras-Essen
Wenn wir aufhören würden, würde sich unserer Meinung nach auch nichts verbessern. Wir achten aber darauf, dass hier vor dem Stadion keine normalen Fans oder kleine Kinder von Gästen ihres Schals beraubt werden. Wir konzentrieren uns da eher auf die Fahnen gleich gesinnter Gruppen. Wer da mit seiner Zaunfahne offen vor unseren Blöcken herumläuft, muss sich dann nicht wundern, wenn er Diese verliert.


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Rechnet ihr denn hier auch mal mit einer entsprechenden Reaktion von z.B. gefoppten Gruppen?

Ultras-Essen
Klar, das ist eben ein Geben und Nehmen. Aber wir achten natürlich schon auf unsere Sachen, im und außerhalb des Stadions.


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Kommen wir noch mal zum aktuell recht heiß diskutierten Thema "Verhältnis zur Polizei". Man liest gerade aktuell sehr verstärkt in diversen Internetforen, dass es immer häufiger zu Zusammenstößen mit Polizeikräften kommt, besonders auf der An- und Abreise zu Auswärtsspielen. Wie seht ihr das Thema?

Ultras-Essen
Aus unserer Sicht ist das Verhältnis zur Polizei aktuell auf dem Nullpunkt angelangt und die entstandenen Rissen sind auch nicht mehr so schnell zu kitten, denn dafür ist einfach zu viel Ultras Essen Choreovorgefallen. Mittlerweile hat sich zusätzlich dazu ein Umgangston bei Polizeikräften durchgesetzt, der eine Kommunikation unmöglich macht. Leider scheint der gemeine Fan, was dieses Thema angeht, immer mehr abzustumpfen und reagiert zunehmend genervt auf Berichte über Repressionen für aktive Fans.


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Wie seht ihr das denn, wer ist hier der Auslöser? Wenn man zum Beispiel sieht, dass 30 Fans zu einem 9er Bus laufen und die Polizei da hinterherläuft und verar**** wird ...

Ultras-Essen
Genau so was kann natürlich ein Auslöser sein, wenn Polisten einen Umweg von mehreren hundert Metern laufen müssen wegen solch einer Aktion. Allerdings wurde bei der von dir angesprochenen Aktion unser Material zu den Autos gebracht, ein ganz normaler Vorgang. Klar ist auch, dass nicht jeder Lust hat, jedes Wochenende mit Fussballfans durch die halbe Republik zu reisen. Die Osnabrücker Einheit, die jetzt nach dem Bremenspiel für große Probleme sorgte, musste am nächsten Tag z.B. noch nach Dresden gegen LOK. Schon am Freitag hatten die ebenfalls einen Einsatz. Die Magdeburger Fans hatten jetzt mit der BFE (Beweis- und Festnahme Einheit) St. Augustin auf dem Rückweg von uns Probleme. Da kam die Einheit aus der Nähe von Köln. Sie mussten mit dem Bus nach Magdeburg, dann mit den Fans hin und zurück und wieder zurück in die Kaserne nach Köln. Aber das ist eben deren Beruf und damit sollte man umgehen können. Ich werd ja auch kein Bäcker wenn ich mit den frühen Arbeitszeiten nicht zurechtkomme.

Die Thematik schauckelt sich einfach immer mehr hoch. Viele Polizisten wissen mittlerweile ganz genau, dass Fußballfans in gewisser Weise relative leichte Übungspersonen sind. Wenn wir dann teilweise die Einheiten sehen mit Sturmhaube und Mundschutz, dann ist das für ins im Endeffekt einfach der Hooligan auf der anderen Seite.


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Aber den Ärger mit den Einheiten ziehen ja auch eher solche aktiven Fangruppen wie Ultras an, oder?

Ultras-Essen
Klar, die suchen sich natürlich auch gezielt die Gruppen heraus. Dafür gibt's ja dann z.B. SKB?s. Wir haben übrigens nicht nur negative Zug-, sondern auch negative Busfahrten mit der Polizei erlebt. Da hatten wir schon Aktionen, wo wir in Boxershorts bei Minusgraden auf einer Wiese beim Rastplatz stehen mussten. Hier hört für uns dann der Spaß auf. Das sind doch schon sehr tiefe Eingriffe in die Persönlichkeit.
Die Polizei bietet genug Fläche für negative Schlagzeilen. So was wird nur leider von der Presse nicht aufgegriffen.

Ein anderes Beispiel: wir fahren nach Augsburg, direkt bei der Ankunft unseres Busses kommt ein USK-Beamter (Unterstützungskommando, bayrische Sondereinheit) in den Bus und sagt "Hier herrscht heute das Zero-Toleranz-Prinzip, wer auffällt, fährt direkt ein". Du bist noch gar nicht richtig am Stadion angekommen und wirst direkt angegangen. Dazu wird man 90 Minuten gefilmt, teilweise mehrfach durchsucht.

In Rostock wird man mit dem Bus auf einem Rastplatz angehalten, da geht die Polizei mit Ultras Essen ChoreoSprengstoffspürhunden (auf die erstmal eine halbe Stunde gewartet werden muss) in den Bus und macht den Kartoffelsalat der Leute auf. Oder die Frikadellen werden einzeln ausgepackt.


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Ging es bei der Aktion nicht konkret darum, dass vorher von Leuten aus dem Bus angeblich auf einem Rastplatz Graffitis gesprüht wurden?

Ultras-Essen
Nein, darum ging es bei der Aktion nicht. Niemand fragte oder suchte nach Sprühdosen oder ähnlichem. Ziel war eine Durchsuchung des Busses auf Sprengstoff oder Pyroartikel. Wenn man eine Sprühdose suchen würde, würde man danach wohl kaum in einem Kartoffelsalat suchen oder Leute bei Minus-Graden die Schuhe ausziehen lassen.


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Welche Lösungsmöglichkeiten seht ihr denn hier?

Ultras-Essen
Wir sind keine Unschuldslämmer, das ist auch ganz klar. Natürlich kommt's bei einer 6-Stunden-Tour bei Fußballfans mit teilweise starkem Alkoholpegel auch mal zu Sachbeschädigungen.
Andererseits gibt's aber eben Fälle, wo zum Beispiel im Stadion eine Fahne zu hoch hängt. Es weißt einen aber kein Ordner darauf hin, dass dies verboten ist, sondern es kommt gleich zu einem Polizeieinsatz, bei dem Beamte mit Helm in "Rambo-Manier" in den Block gehen, nicht außen rum, sondern natürlich von oben mitten durch. Da gibt's natürlich auch entsprechende Gegenreaktionen. Wir sehen hier die Verhältnismäßigkeit einfach nicht gegeben.


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Aber ihr wärt noch gesprächsbereit?

Ultras-Essen
Allerhöchstens über Mittelsmänner, direkt nicht mehr, nein.


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Wieso beteiligt ihr euch nicht mehr an gemeinsamen Aktionen vereinsübergreifend?

Ultras-Essen
Das haben wir ja früher getan, aber man sieht ja wo z.B. die Ombudsstelle im Sande verlaufen ist. Die hatte Otto Schily nach der Demo vor dem ConfedCup damals noch groß versprochen. Nichts ist passiert. Wir wollen hier für Essen eher den Weg über die neuen Fanvertreter und das Fanprojekt gehen. Angestrebt wird durch uns eine Revolutionierung des Stadionverbotes, beginnend mit einem generellen Anhörungsrecht wie es aktuell nur beim FC Sankt Pauli praktiziert wird. Dies soll sowohl für Gäste- als auch für Heimfans gelten.


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Und wie seht ihr hier die Entwicklung zukünftig? Geht die Kluft aus eurer Sicht eher auseinander oder nähert man sich an?

Ultras-Essen
Wir warten aktuell eigentlich nur noch darauf, dass neue Techniken wie zum Beispiel der Taser Ultras Essen Choreooder Farbkugeln eingesetzt werden. Die Repressalien steigen immer weiter, die Überwachung ebenfalls. Man sieht auch, was z.B. die Bundesregierung alles plant zur verstärkten Überwachung seiner Bürger. So was landet dann auch meist ganz schnell beim Fußballfan.


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Bekommt ihr eigentlich im Stadion Feedback von normalen Fans?

Ultras-Essen
Oh ja, wir haben ja durch unseren Stand einen Anlaufpunkt gegeben. Natürlich gibt es die, die nur in der virtuellen Welt die Anonymität nutzen um einfach nur zu pöbeln. Aber es gibt auch Leute, die z.B. mal 50 Euro in die Spendendose werfen und sagen "weiter so", Andere diskutieren einfach mit uns und sagen uns ihre Meinung.


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Daher verzichtet ihr auch auf einen großen Internetauftritt?

Ultras-Essen
Ja, die Zeit, die man im Internet verschwendet, kann man unserer Meinung nach sinnvoller verwenden als Ultragruppe. Als Beispiel sieht man die Kurvennews, die inzwischen eine Auflage von 500 Stück hat und bei jedem Spiel ausverkauft ist. Zusätzlich werden die Kurvennews über die Homepage noch ca. 1000-mal runtergeladen. Das macht einen in gewisser Weise natürlich auch stolz.


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Gibt es bei Heimspielen keine Choreos mehr?

Ultras-Essen
Doch, natürlich! Man kann ja sehen, dass unsere Choreos qualitativ hochwertiger, größer und ausgereifter werden. Dementsprechend haben wir uns dazu entschlossen, keine kleinen Choreos mehr zu machen, sondern lieber vereinzelt ausgereifte und große Aktionen.
Wenn man so was angeht oder ein Projekt begleitet -- eine Choreo entsteht ja nicht an einem Tag -- dann spielt da auch der eigene Ehrgeiz etwas rein. Man möchte am liebsten jede Choreo toppen!

Bei Rot-Weiss ist man aufgrund der Tribüne leider ein bisschen eingeschränkt. Das Hochziehen wie z.B. beim FC Zürich ist hier nicht möglich. Solche Sachen erhoffen wir uns aber vom neuen Ultras Essen ChoreoStadion. Man überlegt sich, was man machen kann. Man möchte natürlich nichts machen, was eine andere Gruppe in ähnlicher Form schon mal gemacht hat. Aber es wird halt jedes mal schwieriger, sich etwas einfallen zu lassen um noch ein Tüpfelchen draufsetzen. Es werden aber auf jeden Fall wieder Choreos kommen. Die sind einfach ein Bestandteil der Ultras Essen und werden auch weiterhin durchgeführt.


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Zu Beginn der Ultra-Bewegung hieß es, Politik habe im Stadion nichts zu suchen. Ein paar Jahre später war dann die vorherrschende Meinung eher, dass man bei Problemen wie der Kommerzialisierung des Fußballs und den Repressionen gegen aktive Fans als Ultra eigentlich gar nicht unpolitisch sein könnte. Hat sich an diesem Grundtenor etwas geändert?


Ultras-Essen
Bezüglich der rechts- oder linksextremen Ausrichtung von Ultra-Gruppen sagen wir einfach, dass wir damit nichts zu tun haben. Wir wollen uns da auf keine Seite stellen und das wäre wohl auch der größte Fehler in Essen. Repressionen gegen Fans sind im Fußball sozusagen tagespolitisches Geschäft geworden. Hier äußern wir uns natürlich auch politisch. Aber politische Ausrichtungen wie bei Extrembeispielen wie Chemnitz oder St. Pauli wollen wir nicht und wird es auch in Zukunft bei uns nicht geben.


Das Interview führten Martin Noll, Thomas Jeschke und Henrik Holländer