10.07.2013

Ultras Essen Kurzinterview

von Redaktion

Die erste Saison im neuen Stadion ist gespielt, die zweite mit neuer Heimtribüne steht an. Zeit also für ein kleines Fazit und Kurzinterview mit den Ultras. Die Ultras Essen beantworteten unsere Fragen zur neuen Heimat, der ersten Saison und zur Personalie Knappmann.

Jawattdenn.de: Wie sehen die Vorbereitungen für den Umzug auf die West aus?

Ultras Essen: Die Umzugskartons sind gepackt und sie sind randvoll! Wir sind überglücklich, bald wieder richtige Stehplätze unter unseren Füßen zu haben! Die letzte Saison auf der Sitzplatztribüne war so grauenhaft, dass man während dieser Spiele mal wieder gemerkt hat, was man mit der Osttribüne des GMS für einen Schatz inne hatte. Hier gilt es sämtliche Kräfte zu mobilisieren, dies Gefühl der ehemaligen Ost auf die neue West zu übertragen. Es wird sicherlich ein langer Weg und man darf nicht mit der Vorstellung die West betreten, dass sich alles bereits am ersten Spieltag findet und die Hütte brennt. Vielmehr wird es mindestens eine Saison dauern, bis jeder seinen Stammplatz gesucht und gefunden hat bzw. bis sich alles halt irgendwie eingespielt hat. Genau diese Zeit muss sich ein jeder geben, sonst wird es eine herbe Enttäuschung.

Man muss diese Tribüne aber als wirkliche Chance für die Fanszene verstehen! Hier kann sich die rot-weisse Fanlandschaft eine neue Heimat erschaffen. Aus diesem Grund haben wir zusammen mit anderen stimmungsorientierten Gruppen auch das Projekt "Westtribüne" ins Leben gerufen, welches genau diesen Ansatz verfolgt. Man konnte in der vergangenen Saison ja schon den ein oder anderen Hinweis im Stadion erblicken. Erste Infos zu diesem Projekt können unter www.westtribuene-essen.de abgerufen werden. Es sei jedem ans Herz gelegt, hier öfter mal vorbeizuschauen. Es wird sich in sehr naher Zukunft einiges tun!

Für unsere Gruppe steht jedenfalls fest, dass wir all unsere Energie in diese Tribüne legen werden, um dort mit allen anderen RWE-Fanatikern gemeinsam eine Festung auferstehen zu lassen!

 

Jawattdenn.de: Wie beurteilt man die baulichen Gegebenheiten auf der West? (Zäune, Blockabgrenzungen, Choreotauglichkeit)

Ultras Essen: Geht so! Sagen wir es mal so: es hätte besser kommen können, es hätte uns aber auch wesentlich schlimmer treffen können. Wir stehen seit geraumer Zeit mit Verein und GVE sehr eng in Kontakt, gerade Letztere hat uns recht früh kontaktiert, um Gespräche aufnehmen zu können. Sowohl der Kontakt zum Verein als auch zur GVE waren und sind sehr konstruktiv, können aber leider - in 2013 ganz normal - nicht alle fanrelevante Themen komplett befriedigen. Dass die West vor Wellenbrechern nur so strotz und es auch Blockbegrenzungen gibt, ist nun mal dank Versammlungsstättenverordnung und diversen anderen Gegebenheiten unumgänglich. Auch der Zaun zum Spielfeldrand ist so eine Sache, mit der wir nicht glücklich sind, da dieser eben nicht nur unansehnlich, sondern auch gefährlich ist. So hart es klingt, wir warten nur auf den ersten Verletzten im Gästeblock, da dort der baugleiche Zaun steht und der ein oder andere Zuschauer in der Praxis halt doch mal den Zaun besteigt. Gerade in der letzten Saison haben aber die Essener Stehplatzbesucher auf der Sitzplatztribüne gezeigt, dass es auch ohne Zaun geht. Schade, dass man der Fanszene also diese Chance nicht gibt, zumal man munkelt, dass der Zaun noch viel "extremer" hätte ausfallen sollen, wenn es nach dem Willen der Polizei ginge. Von daher hätte es noch schlimmer kommen können. So hätte die Blockbegrenzung auf der West zum Beispiel auch mal locker zwei Meter hoch, oder der Zaun zum Spielfeld hin nach innen hin abgewinkelt und mit Stacheln versehen sein können.

Generell ist natürlich auch so manche bauliche Gegebenheit zu bemängeln. Ein Mundloch direkt hinterm Tor könnte ein Stimmungsloch sein, im wahrsten Sinne des Wortes. Da fragt man sich natürlich schon, ob man bei der Planung / Architektur auch mal an die Praxis gedacht hat, oder schlicht nach irgendwelchen (sinnfreien) Vorgaben gegangen ist. Ein Mundloch gehört nicht hinters Tor, hier gehören die Fans hin!

Schlussendlich wird aber auch hier die Zeit zeigen, wie sehr uns das alles beeinträchtigt. Wir gehen zumindest davon aus, dass wir mit Verein und Sicherheitsdienst einen Weg finden, dass nicht alle fünf Meter ein Ordner steht und / oder man alle zehn Meter seine Eintrittskarte vorzeigen muss, so dass der Heimspielaufenthalt auch wirklich einer wird und man sich wohl fühlen kann.

Was die Choreotauglichkeit betrifft, konnten wir die ausführenden Organe für manch eine Idee gewinnen, aber auch hier ist noch nicht aller Tage Abend. Wir haben gerade durch die letzten beiden Choreos zum GMS-Abschied und dem 60-jährigen Pokalsieg gemerkt, dass noch sehr viel Luft nach oben ist. Diese wollen wir auf der West ausnutzen und unsere Vorstellungen verwirklichen. Sicherlich werden einige Aktionen den Stempel "Experiment" bekommen, doch die Latte ist hoch gesetzt und wartet nun auf Verwirklichung. Wichtig in diesem Kontext ist uns, nochmals ein "Danke" an die Tribünenbesucher loszuwerden, welche gerade die letzen beiden Choreos zu etwas ganz Besonderem gemacht haben! Wir sind uns bewusst, dass nicht jeder Essener etwas mit solchen Aktionen anfangen kann und Viele Unverständnis haben, wenn mal 5 Minuten das Spielfeld verdeckt wird. Aber genau hier fängt der gegenseitige Respekt an und dass eben dieser uns anhand diverser Mails, Gespräche oder Spenden entgegengebracht wird, erfüllt uns mit großem Stolz. Von daher können wir ebenso stolz auf die Entwicklung hinsichtlich "Choreos und optischem Support" an der Hafenstraße blicken und wollen dies nun auf der West ausbauen!

 

Jawattdenn.de: Geht man für organisatorischen Hinweise noch auf die Fanszene zu? (Fahnenplätze, Positionierung,...)

Ultras Essen: Ja! Wir haben bereits mit 2-3 Informationstexten auf unserer Homepage und den bekannten Medien erste Schritte eingeleitet. Auch im Hintergrund laufen Gespräche mit anderen Gruppen und Fans.

Unsere Gruppe wird sich zur neuen Saison im W2 hinter unserer Zaunfahne einfinden und analog zur alten Ost den Stimmungskern wieder hinters Tor legen. Wie bereits erwähnt, wird sicherlich der ein oder andere Spieltag ins Land ziehen, bis sich alles findet, wobei sich soviel unserer Meinung nach aber gar nicht im Vergleich zur alten Ost tun wird. Sowohl Zaunfahnen, als auch der jeweilige Stammplatz, waren auf der Ost klar definiert und so würde es uns wundern, wenn sich da nun große Unterschiede auftun.

Dennoch wollen wir vor der Saison noch ein gemeinsames Treffen einberufen, um genau solche Themen kurz aufzugreifen und zu besprechen, damit es am ersten Spieltag kein "Chaos" gibt. Dieses Treffen kann allerdings recht kurzfristig passieren, eventuell wenige Tage vor dem ersten Spieltag, da die letzten Infos und Fakten eben sehr kurzfristig feststehen werden. Wir wissen zum Beispiel am heutigen Tage noch nicht genau, wo unser Info-Stand stehen wird. Auch solche Details müssen noch geklärt werden. Aber zu all diesen Themen stehen wir mit den Offiziellen im engen Kontakt, so dass wir alle zusammen sicher ein gutes und langfristiges Konzept ausarbeiten können. Aktuell sondieren wir zum Beispiel mögliche Zaunfahnenplätze und die Möglichkeit, die West so rot-weiss wie möglich gestalten zu können. Wir sind da recht entspannt und können nur jedem empfehlen, auch selbst nicht in Hektik zu verfallen. Lasst uns zusehen, dass wir uns gemeinsam eine Heimat aufbauen, welche es verdient, als Heimat bezeichnet zu werden!

 

Jawattdenn.de: Wie ist das Fazit der 1. Saison im neuen Stadion?

Ultras Essen: Schwierig. Am besten beschreibt es das Wort "Übergangssaison", intern übrigens das (Un-)Wort des Jahres bei uns. Müsste man heute ein Fazit zum neuen Stadion ziehen, würde es negativ ausfallen. Das Gute ist aber, dass wir nun auf "unsere" Tribüne wechseln und dort einen wirklichen Neuanfang starten können. Von daher ist es schwierig, jetzt schon ein Fazit zu ziehen.

Generell zum Stadion ist im Endeffekt nur das zu sagen, was man überall schon mal in irgendeiner Form gelesen hat. Es ist alles sehr steril, es kommt bisher keine wirkliche Atmosphäre auf. Heimisch fühlt sich von uns noch keiner und es wird sicherlich noch lange dauern, bis dies der Fall sein wird. Gerade den Älteren unter uns, eben denen, die ihre ersten Spiele in den 90ern an der "alten" Hafenstrasse gemacht haben, fällt es sichtlich schwer, sich mit dem neuen Stadion anzufreunden.

Es bedarf also noch viel Zeit bis wir ein richtiges Fazit ziehen können. Momentan wäre es durch diese erste Saison sehr negativ, deshalb lasst uns diese Frage besser in 2-3 Jahren beantworten.

 

Jawattdenn.de: Generelles Fazit der letzten Saison

Ultras Essen: Wir haben erst neulich einen mehrseitigen Bericht für das überregionale Fanzine Blickfang Ultra (http://www.blickfang-ultra.de/) verfasst, welcher genau auf die Beantwortung dieser Frage abzielt. Das Heft kommt wohl Ende Juli / Anfang August in den Handel und ist bei uns am Stand zu erwerben. Wer also mal tief in unser Seelenleben bzw. unseren Alltag blicken möchte, kann sich dies gern zu Gemüte führen.

Sportlich war es die Saison, die wir erwartet haben. Der Aufstieg wäre zuviel des Guten gewesen, hätte uns überrascht. Nichtsdestotrotz muss dies das langfristige Ziel sein. Zwei Jahre ab jetzt sollten das Maximum in dieser Liga sein. Dennoch ist uns ein konstantes Wachstum auf allen Ebenen wichtiger als ein schneller Aufstieg, dies haben wir zu oft mitgemacht und standen dann schnell vor einem Scherbenhaufen. Unnötig hohe und blamable Niederlagen wie gegen Hüls und Mönchenglabdach II gilt es aber in Zukunft zu vermeiden, erst Recht diese peinliche Nummer im Niederrheinpokal. Ansonsten war es den Erwartungen entsprechend.

Für uns stand in der vergangenen Saison in erster Linie die "Arbeit" mit dem neuen Stadion und den neuen Gegebenheiten an. Lange Gespräche mit den Vereinsoffiziellen und die Arbeit hinter den Kulissen prägten unsere Spielzeit. Dazu über Wochen die Arbeiten an der Pokalchoreo, ein Einbruch in unseren Räumlichkeiten, die Proteste rund um 12:12 und und und... Langeweile ist anders.

 

Jawattdenn.de: Aussichten auf die neue Saison

Ultras Essen: Heiter bis wolkig! Sportlich wäre es zu wünschen, wenn sich das Team weiter festigt und man weiterhin an der Langfristigkeit arbeitet, zumal diese Saison mit all den ambitionierten Vereinen sicherlich nicht leichter wird als die letzte. Die unsympathischen Vereine aus Lotte und Köln werden wieder alles daran setzen, den Aufstieg zu erzwingen, während Aachen langfristig auch sicher kein Bock auf Liga 4 haben wird. Überraschungen aus Uerdingen und Wattenscheid nicht ausgeschlossen.

Wo wir auch direkt beim Thema sind. Die Liga ist schon irgendwie attraktiv neben all den Zweitvertretungen und Dorfvereinen. Wir gehen jedenfalls von einigen stimmungsgeladenen Spielen aus. Die alten Schlager gegen Uerdingen, Wattenscheid und Aachen werden sicherlich nicht uninteressant werden, auf dem Spielfeld sowie auf den Rängen. Neben den etablierteren Fanszenen blickt man auch gespannt auf "Neulinge" wie Lippstadt. Mit Hinblick auf die neue Heimat "Westtribüne" könnte es jedenfalls eine sehr interessante Saison werden. Es bleibt letztlich an uns allen daran zu arbeiten, dass unser RWE wieder dahin zurückkehrt, wo er hin gehört, nach ganz oben!

 

Jawattdenn.de: Ultras Essen, Hauptsponsor 2013 / 2014 - wie kommt´s?

Ultras Essen: Wir haben seit jeher ein gutes Verhältnis zur rot-weissen Geschäftsstelle und unterstützen Projekte die wir für sinnvoll erachten. Dies ist bei der Mehrheit unserer Gruppe hier nach der Fall!

Hintergrund unseres Engagements ist im Endeffekt einfach die Tatsache, dass dieses Projekt in Essen auf einem ganz anderen Level aufgebaut ist, als die 08/15 kommerziell orientierten Sponsorings die man aus der Bundesliga kennt. Klar geht es um Geld, klar geht es darum zu verdienen, aber es handelt sich um eine recht innovative Idee, die es eben auch "kleineren Unterstützern" ermöglicht sich einzubringen und den Verein so zu sponsorn - irgendwie ehrlicher als es dem zu geben, der die meiste Kohle locker machen kann. Generell spricht unserer Auffassung nach nichts gegen ein Sponsoring, finanzieren muss sich schließlich jeder irgendwie, es kommt halt nur immer auf das "wie" an.
In der Zeit rund um die Insolvenz haben wir dem Verein immer wieder unterstützend unter die Arme gegriffen. Beispielsweise im Design von Fanartikeln, die weg gingen wie warme Semmeln. Finanziell ist unser Verein ja noch nicht ganz dort angelangt, wo wir sportlich gerne sein würden. Daher betrachten wir das als Hilfe zum weiteren Schritt nach Vorne.

Davon ab, ist es die Möglichkeit ein Stück Identität zurückzugewinnen, wenn demnächst Trikots und Werbeflächen mit szeneinternen Inhalten statt "Firma XY" zu sehen sind, kann da doch keiner etwas gegen haben. Würde es tragbar sein, würden wir uns sofort die Rechte am Stadionnamen sichern. Wer hat nicht schonmal den Traum gehabt, im Lotto zu gewinnen und sich mit dem Geld den alten Stadionnamen zurückzuholen?

Netter Nebeneffekt ist hier noch die Tatsache, dass wir auch was für unser Geld bekommen. Das exklusive Trikot mit unserem Logo wird unseren Mitgliedern vorbehalten sein und ist eine Art Dank für die jahrelange Treue und Vertrauen in unsere Gruppe, immerhin ist diese in den letzten Jahren doch stark gewachsen. Wir gehen davon aus, dass es ein schöner Anblick sein wird, wenn man sich das Teil in 20 Jahren nochmal anschaut.

 

Jawattdenn.de: Wie steht UE zur Personalie Knappmann und Koep?

Ultras Essen: Spieler kommen und gehen. Die Zeiten, als sich Spieler mit Verein und Umfeld identifiziert haben, sind doch längst zur Seltenheit geworden. Von daher brauchen wir da gar nicht so viele Worte zu diesem Thema verlieren. Heute küssen sie unser Logo, morgen ein anderes. Ganz selten ist da noch jemand dabei, dem man das abnimmt bzw. zu dem man ein wirklich aufrichtiges Verhältnis hat. Andersrum ist es doch genauso. Für 99% der heutigen Spieler ist es doch einfach ein Job, kaum mehr. Treffen mit den Anhängern gehören dazu und hinterlassen kaum Spuren. Man könnte hier gut in eine Grundsatzdiskussion verfallen, welche aber jeglichen Rahmen sprengen würde.

Klar, Knappmann polarisiert, erst Recht, weil er den RWE-Anhängern mal den Mittelfinger gezeigt hat. So etwas vergisst man nicht. Aber wer würde sich andersrum solche Spieler nicht in den eigenen Reihen wünschen? Es ist also ein zweischneidiges Schwert mit solchen Personalien. Unsere Gruppe wird ihm eine Chance geben, welche er sich durch Aussagen und Gespräche erarbeitet hat. Dann liegt es an ihm, wie sehr er sich für den Verein ins Zeug legt. Alles andere wird eh die Zeit und damit die Saison zeigen, denn wenn wir ehrlich sind: lasst ihn gut spielen und die Leute verdrängen schnell, dass er mal den "Effe" gegen uns gemacht hat.

 

Vielen Dank für das Interview!