Interview mit Stefan Kühne
Stefan Kühne (28) ist nach seinen Stationen FSV Mainz 05, Holstein Kiel und Carl-Zeiss Jena in Essen angekommen. Er ist mit 38 Spielen in der Zweiten Bundesliga und 81 Spielen in der Dritten Spielklasse einer der erfahreneren Spieler im jungen Essener Team. Gleich im Monat August wurde Stefan Kühne bei Jawattdenn.de Spieler des Monats. Grund genug, um mit ihm über seinen Wechsel und die aktuelle Situation in der Mannschaft zu sprechen.
Jawattdenn.de:
Wie ist die Stimmung im Team nach dem Pokalerfolg gegen Odenkirchen?
Stefan Kühne:
Die Stimmung ist relativ gut. Aber man sollte den Erfolg,
obwohl wir 7:0 gewonnen haben, nicht an die große Glocke hängen. Ich
will den Gegner nicht schlecht reden, aber es wirkte beinahe wie ein
Trainingsspiel. Nach dem schlechten Auftritt gegen Kaiserslautern haben
wir uns in dieser Woche hauptsächlich auf den VFL Bochum konzentriert.
Wir wollen Sonntag wieder einen guten Auftritt hinlegen.
Jawattdenn.de:
Wie hat die Mannschaft den Rückschlag in Kaiserslautern verkraftet?
Stefan Kühne:
Die Mannschaft hat danach auch ohne Trainer viel
untereinander gesprochen. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass Vieles
nicht gut gelaufen ist. Es lag nicht daran, dass ein Einzelner schlecht
gewesen ist, sondern mehrere Spieler dort einen schlechten Tag hatten.
Auf gut deutsch: Die ganze Mannschaft war scheiße! Wir haben
besprochen, was wir besser machen müssen und wollen das gegen Bochum
umsetzen.
Jawattdenn.de:
Wie läuft die Vorbereitung auf das Spiel gegen Bochum?
Stefan Kühne:
Wie bei jedem anderen Spiel auch. Wir trainieren Freitag
und Samstag. Sonntag um 14 Uhr ist dann Anstoß. Dann kann uns keiner
mehr helfen. Dann müssen wir, die auf dem Platz stehen, das Spiel
gewinnen.
Jawattdenn.de:
Das Ziel ist der Aufstieg. Was siehst du darüber hinaus für Perspektiven für den Verein Rot-Weiss Essen?
Stefan Kühne:
Ich habe mich schon seit ich hier angefangen habe
gefragt, was so ein Verein in der Vierten Liga sucht. Das geht
eigentlich gar nicht bei diesem Zuspruch. Fast 11.500 Fans waren gegen
Schalke im Stadion. Den Aufstieg wollen wir erreichen, gar keine Frage.
Darüber hinaus wollen wir den Verbandspokal holen, damit wir in der
kommenden Saison wieder im DFB-Pokal vertreten sind. Alles Weitere wird
sich dann ergeben.
Jawattdenn.de:
Du sprichst die Zuschauerzahl von 11.500 an. Ist das Druck oder Motivation?
Stefan Kühne:
Das motiviert! Ich habe mit Jena hier gespielt, als das
Spiel 4:4 ausgegangen ist. Da habe ich schon gedacht: Leck mich am
Arsch, was ist hier los! Es ist total beeindruckend bei dieser Stimmung
zu spielen. Schade, dass es jetzt die Vierte Liga ist. Da müssen wir
jetzt durch.
Jawattdenn.de:
Wie kam der Kontakt damals zu RWE zustande?
Stefan Kühne:
Mein Berater Karl Herzog hat den Kontakt hergestellt. Ich
hatte darüber hinaus Möglichkeiten in die Dritte Liga zu gehen oder zu
Holstein Kiel in die Regionalliga Nord. In Kiel habe ich schon gespielt
und ich hatte nicht den Eindruck, dass sie mich unbedingt haben
wollten. Das Interesse war vorhanden, aber nicht in dem Maße, in dem
sich Herr Strunz um mich bemüht hat. Ich habe sofort gemerkt, dass hier
Leute im Hintergrund sind, die mir den Rücken stärken und da war es für
mich klar, dass ich nach Essen wechsele.
Jawattdenn.de:
Du warst in Kiel, in Mainz und in Jena. Was ist am Ruhrgebiet anders?
Stefan Kühne:
Ich bin in Wiesbaden aufgewachsen, Mainz ist
aber mein Heimatverein. Da habe ich schon in der Jugend gespielt. Im
Gegensatz zu den anderen Vereinen wird hier der Fußball gelebt. Es ist
unglaublich, was die Leute alles auf sich nehmen. Viele Leute, die
jeden Cent dreimal umdrehen müssen, fahren zu Auswärtsspielen. Dieser
Zuspruch ist schon sensationell. Das war vorher nicht so.
Jawattdenn.de:
Du bist mit 28 im besten Fußballeralter. Ist es nicht
riskant, ausgerechnet in diesem Alter in die Regionalliga zu wechseln?
Stefan Kühne:
Das habe ich vorher auch überlegt und meine Bedenken mit
meinem Berater besprochen, der sie mit mir teilte. Nun bin ich aber da,
und wenn wir aufsteigen sind wir wieder in der Dritten Liga. Dann bin
ich immer noch 28... für ein, zwei Monate. (lacht)
Jawattdenn.de:
Sascha Mölders sagte vor der Saison, er wolle hier
durchstarten und zweimal hintereinander aufsteigen. Hast du auch so
ehrgeizige Ziele?
Stefan Kühne:
Wenn es so kommt, sage ich nicht nein. Wäre natürlich klasse, wenn das so passieren würde...
Jawattdenn.de:
...am Besten in einem neuen Stadion.
Stefan Kühne:
Ich habe schon von einigen Leuten gehört, dass das schon
länger im Gespräch ist in Essen. Für den Verein wäre ein richtig
schönes Fußballstadion natürlich eine Riesensache. Es müsste allerdings
so sein, wie es jetzt ist. Das Stadion müsste schön eng sein, damit die
Stimmung weiterhin so gut herüberkommt. Dann aber natürlich mit der
vierten Tribüne.
Jawattdenn.de:
Die Liga ist aktuell schwer einzuschätzen. Hast du schon Konkurrenten um den Aufstieg im Auge?
Stefan Kühne:
Besonders unangenehm ist es, gegen die
Amateurmannschaften zu spielen. Die sind sehr jung und gut ausgebildet.
Kaiserslautern, Bochum, aber auch Schalke fand ich gar nicht so
schlecht. Da spielen junge Spieler, von denen einige sogar bald in der
Bundesliga spielen. Der schärfste Konkurrent ist in meinen Augen
Borussia Dortmund.
Jawattdenn.de:
Du hast drei Tore in drei Spielen erzielt. Wirst du bei RWE zum Torjäger?
Stefan Kühne:
Wenn wir aufsteigen und ich kein Tor mehr erziele, ist
das absolut in Ordnung. Ich weiß nicht, warum es bei mir auf einmal so
gut läuft. Ich profitiere vom System. Ich habe einen Trainer und eine
Mannschaft, bei denen ich es mir erlauben kann, mal vorne mit
hineinzugehen. Das gelingt mir im Moment ganz gut und ich hoffe, dass ich den Verein auch in Zukunft noch mit weiteren Toren unterstützen kann.
Jawattdenn.de:
Du spielst mit Michael Lorenz im defensiven Mittelfeld. Sprecht ihr euch ab, wer mit nach vorne geht?
Stefan Kühne:
Wir sind mittlerweile so gut aufeinander abgestimmt, dass
wir jeweils erkennen, wenn der andere nach vorne geht. Das klappt sehr
gut.
Jawattdenn.de:
Es war eine besondere Szene, als du gegen Lotte auf den
Zaun gestiegen bist und die Humba angestimmt hast. Bist du der Typ
dafür?
Stefan Kühne:
Nein, eigentlich nicht. Es war das erste Mal. Es war aber
nicht mein Fehler. Ich saß da oben und dann hieß es, ich solle die
Humba anstimmen. Es kam dann ein Fan runter und erklärte mir, dass ich
das H und das U rufen müsse. Danach würde er etwas rufen und dann
sollte ich das B und das A anstimmen. Darauf meinte ich, dass das M
noch fehlen würde. Er reagierte erst nach mehrfacher Nachfrage und dann
klappte es ja auch. Aber ich glaube trotzdem, es war das letzte Mal.
Jawattdenn.de:
Eine Karriere als regelmäßiger Zaungast ist also ausgeschlossen?
Stefan Kühne:
Dafür bin ich nicht geeignet. Das sollen die machen, die das immer machen. Die können das sehr gut.
Jawattdenn.de:
Wie ist das Verhältnis zum Trainer und zu Thomas Strunz?
Stefan Kühne:
Das Verhältnis ist sehr gut. Thomas Strunz und der
Trainer arbeiten sehr eng mit der Mannschaft zusammen. Michael Kulm
gibt immer genaue Anweisungen in einem moderaten Ton. Das ist sehr
wichtig. Das ist ein sehr gutes Gespann.
Jawattdenn.de:
Die Mannschaftszusammenstellung ist in dieser Saison recht ungewöhnlich: Es gibt elf etablierte Spieler
und der Rest sind Spieler aus dem Nachwuchsbereich von RWE.
Unterscheidet sich die Arbeit mit dieser Mannschaft von früheren
Stationen?
Stefan Kühne:
In Jena, wo ich zuletzt gespielt habe, wurden 14 neue
Spieler gekauft. Das halte ich für den falschen Weg. Es ist schwierig,
eine Mannschaft nach einem Abstieg zusammenzustellen. Ich finde die
Mischung von jung und alt aber perfekt. Die jungen Spieler geben hier
Vollgas und wenn die etwas sagen, dann hören wir älteren Spieler auch
darauf.
Jawattdenn.de:
Die jungen Spieler können sich also schon richtig einbringen?
Stefan Kühne:
Ja, sicher. Das sind sehr gute Fußballer. Die werden
sicher ihren Weg gehen und in Zukunft auch höherklassig spielen.
Jawattdenn.de:
Hast du mit bestimmten Spielern innerhalb der Mannschaft schon Freundschaft geschlossen?
Stefan Kühne:
Normalerweise gibt es immer Leute, mit denen man nicht
klarkommt. Das war in meinen vorherigen Stationen immer so. Hier muss
ich aber sagen, dass ich bis jetzt mit jedem gut klar komme. Insgesamt
habe ich aber auch den Eindruck, dass die Mannschaft gut miteinander
harmoniert. In einer Negativserie wird sich dann zeigen, ob das auch so
bleibt. Wenn es so ist, dann wird das die Basis für den Erfolg.
Jawattdenn.de:
Vor der Saison gab es Befürchtungen, dass Ausfälle von erfahrenen Spielern nicht kompensiert werden könnten.
Stefan Kühne:
Für die jungen Spieler wäre es natürlich schwieriger, mit der enormen
Drucksituation klarzukommen, die wir uns selbst mit dem Ziel Aufstieg
auferlegt haben. Damit umzugehen, lernt man erst mit dem Alter. Ich habe
ebenfalls so angefangen.
Aber wie schon gesagt, das sind alles gute Fußballer.
Jawattdenn.de:
In einem Satz zusammengefasst: Stefan Kühne ist...
Stefan Kühne:
Privat bin ich für jeden Spaß zu haben, auf dem Platz bin
ich allerdings sehr ernst, denn ich will Erfolg haben. Ich helfe gerne,
es kann jederzeit in der Mannschaft jeder mit einem Problem zu mir
kommen.
Jawattdenn.de:
Du bist jetzt hierhin gezogen. Wie gefällt es dir in deiner neuen Umgebung?
Stefan Kühne:
Ich habe mich schon sehr gut eingelebt. Stefan Lorenz ist
mein Nachbar. Michael Lorenz und Robert Mainka wohnen in der Nähe. Das
ist sehr gut.
Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führten Hendrik Stürznickel und Fabian Jerrentrup