Interview mit Lothar Dohr
Lothar Dohr, Fanbeauftragter von Rot-Weiss Essen, deutschlandweit bekannt als der "Schreck vom Niederrhein" steht für Jawattdenn.de Rede und Antwort zu den aktuellen Diskussionsthemen rund um RWE und seine Person. Als Sahnehäubchen gibt es noch ein Video von Lothar auf der Stange. Dieses wurde uns freundlicherweise vom Fanclub "Asoziale Essener" zur Verfügung gestellt.
Lothar Dohr, Fanbeauftragter von Rot-Weiss Essen,
deutschlandweit bekannt als der "Schreck vom
Niederrhein" steht für Jawattdenn.de Rede
und Antwort zu den aktuellen Diskussionsthemen rund
um RWE und seine Person.
Als er mit 11 Jahren erstmals mit seinem Vater zum
Spiel RWE-Werder Bremen an die Hafenstrasse pilgerte,
war ihm sicherlich nicht bewusst, dass er später
durch den Club zur lebenden Legende werden würde.
Die Roten spielten 2:2 und der Virus hatte ihn gepackt.
Vier Jahre später besuchte er sein erstes Auswärtsspiel
gegen die großen Bayern. Am Ende standen zwei
Tore von Willi Lippens zwei von Gerd Müller gegenüber.
Nach den Heimspielen besuchte er fortan nun auch regelmäßig
fast alle Auswärtsspiele.
Sein Kultstatus brachte ihm sogar zwei Kurzauftritte
im Tatort ein, allerdings hatte die zunehmende Berühmtheit
auch negative Auswirkungen. Beispielsweise häuften
sich Androhungen von "Konsequenzen" gegnerischer
Fans vor anstehenden Auswärtsspielen, falls man
Lothar in die Finger bekommen würde. Sogar ein
"Kopfgeld" wurde einst auf ihn ausgesetzt.
Zum Glück blieben es leere Drohungen und so kann
Lothar heute als Fanbeauftragter bei RWE arbeiten
und somit Hobby und Beruf gleichzeitig ausüben.
So bekannt auch der "Schreck vom Niederrhein"
ist, so unbekannt ist für viele seine Entstehungsgeschichte.
Jawattdenn.de sprach mit Lothar:
Jawattdenn.de:
Hallo Lothar, dein erstes Heimspiel war 1970 gegen
Werder Bremen. Gab es damals schon den Schreck vom
Niederrhein?
Lothar:
Nein, ich glaube nicht. Bewusst wahrgenommen habe
ich den ab 1973, allerdings wurde er eher sporadisch
gerufen.
Jawattdenn.de:
Also gab es keinen direkten Vorgänger?
Lothar:
Nein, nicht so richtig. Ich kann mich auch nicht an
den Namen erinnern, der das gerufen hat.
Jawattdenn.de:
Und dann bist du einfach selbst auf die Stange gegangen?
Lothar:
Ja, es war 1974, ich bin einfach mal drauf und habe
es versucht. Da war ich 15. Früher wurde das
während des Spiels sogar mehrmals gerufen, das
war aber auch vom Spielverlauf abhängig. Später
nur noch einmal pro Spiel.
Jawattdenn.de:
Was ist das Gefühl von tausenden Fans gefordert
und hinterher gefeiert zu werden?
Lothar:
Was mir gefallen hat, dass es von jetzt auf gleich
ruhig war, wenn ich auf der Stange war und natürlich,
dass um die 6-7 tausend geschrieen haben „Nur
der RWE“.
Was mir nicht gefallen hat, war das „Lothar,
wir bitten dich“. Ich habe sogar versucht, vor
den Rufen auf die Stange zu gehen, diese kamen allerdings
trotzdem. Das war mir eher peinlich.
Jawattdenn.de:
„Früher war alles besser“ in Bezug
auf Stimmung, stimmt das?
Lothar:
Im Augenblick ja. Obwohl im letzten Jahr war sie noch
in Ordnung. Durch den Abstieg sind viele sehr enttäuscht.
Die Stimmung ist auch von der Gesamtsituation abhängig.
Dazu kommt noch die Blocktrennung. Die Nord hatte
sich auch erst nach langer Zeit etabliert, nachdem
die Fans damals bereits aus der Westkurve „vertrieben“
wurden. Jetzt müssen sich die Fans wieder umorientieren.
Wobei ich die Alternative Ost besser finde. Wir haben
damals auch in der Westkurve hinter dem Tor gestanden.
Ich stehe seit kurzem selbst meistens auf der Ost
und die Sicht ist besser, als in der Nähe des
Gästebereiches auf der Nord.
Jawattdenn.de:
Woher kommt, deiner Meinung nach, die offensichtlich
angespannte Beziehung zwischen Fans und Spieler?
Lothar:
Es liegt sicherlich an den Spielern der letzten Saison,
denn die aktuelle Mannschaft kann ja im Prinzip gar
nichts dafür. Die drei Jungs, die geblieben sind,
spielten bis jetzt ja auch unregelmäßig...
Jawattdenn.de:
..zumal diese Spieler auch nicht der Angriffspunkt
sind!
Lothar:
Nein, wenn du einen Typ wie Alex Löbe dabei hast,
von dem erzählt wird, wie viel er angeblich verdient
und er dann nicht, wie einige erwarten, drei oder
vier Tore pro Spiel macht, ist natürlich der
Buhmann schnell ausgemacht. Das selbstbewusste Auftreten,
was meiner Meinung nach ein Torjäger haben muss,
eckt bei einigen Fans zusätzlich an.
Jawattdenn.de:
Zurück zum Schreck vom Niederrhein. Aus gesundheitlichen
Gründen hört man dich wohl nicht mehr. Gar
nicht mehr, oder juckt’s dir noch in den Fingern?
Lothar:
Es gibt ja auch viele Gerüchte. Es hieß
ja schon, ich hätte Kehlkopfkrebs und würde
bald sterben. Bei hohen Temperaturen ist das kreislauftechnisch
manchmal ein Problem, denn wenn ich es mache, dann
will ich es auch „Natur“ machen. Ich würde
niemals so eine Flüstertüte nehmen. Ich
hätte es letzte Saison auch zwei mal gemacht,
gegen Köln und Frankfurt. Ich war schon auf dem
Weg, als die Roten noch geführt haben. War ja
auch ziemlich voll und als ich dann in der Nord ankam,
fielen die Ausgleichstreffer.
Bei solchen Nackenschlägen auf die Stange zu
gehen, ist einfach unpassend. Bei den restlichen Heimspielen
war die allgemeine Stimmung, aus meiner Sicht, nicht
passend.
Jawattdenn.de:
Was sagst du zu der Diskussion um einen eventuellen
Nachfolger ?
Lothar:
Es waren schon ein paar Leute da, die das machen wollten
und mich gefragt haben. Ich habe nur geantwortet „Klar,
versuch es einfach“. Von diesen Leuten habe ich
danach nichts mehr gehört. Es wurden auch Termine
vereinbart, um die Sache nochmals zu besprechen, aber
es hat sich im Endeffekt keiner getraut.
Ich hatte damals auch keinen, der mich an die Hand
genommen und mich auf die Stange gezerrt hat. Ich
bin da drauf gegangen und fertig.
Meiner Meinung nach, geht das heutzutage aber nicht
mehr ganz so einfach. Die Aktion müsste im Vorfeld
gut geplant und öffentlich gemacht werden, sei
es bei den Fanclubs, oder auch beim Verein. Macht
es jemand und die eine Tribüne macht mit, die
andere nicht, vielleicht auch aus Trotz, dann bringt
das auch nichts.
Jawattdenn.de:
Also meinst du, der Schreck vom Niederrhein ist bald
Vergangenheit?
Lothar:
Nicht unbedingt. Einerseits ist es ja auch nicht üblich,
dass noch einer mit 46 auf die Stange geht. Wenn es
einer machen möchte, soll er es einfach mal versuchen,
aber dann nicht nur für ein- oder zweimal, sondern
derjenige sollte schon bei nahezu allen Heim- und
Auswärtsspielen dabei sein. Ich bekomme ja auch
mit, dass sich im RWE-Forum der ein- oder andere anbietet,
aber da ist sicherlich keiner dabei, der den Schreck
vom Niederrhein über Jahre weiterführt.
Es bringt ja auch nichts, dass Thema jedes Jahr neu
zu diskutieren.
Jawattdenn.de:
Also können wir mit dir in nächster Zeit
wieder rechnen?
Lothar:
Ich will mich da nicht festnageln lassen. Die aktuelle
Stimmung der Fans muss erst mal besser werden. Wie
schon gesagt, wenn es jemand machen möchte und
er akzeptiert wird, werde ich bestimmt nichts dagegen
haben.
Jawattdenn.de:
Nun arbeitest du beim Verein deines Herzens als Fanbeauftragter.
Was zählt alles zu deinen Aufgaben?
Lothar:
Es ist natürlich schön, wenn man sein Hobby
mit dem Beruf verbinden kann.
Der Aufgabenbereich ist vielfältig und umfasst
mehr als nur Busfahrkarten verkaufen, wie einige behaupten.
Der Fanbeauftragte ist praktisch das Sprachrohr zwischen
den Fans und Verein. Ich stehe in engem Kontakt mit
dem Fanprojekt, und mit Verantwortlichen von gegnerischen
Vereinen, vor Heim- und insbesondere Auswärtsspielen.
Auch versuche ich Sponsoren zu finden, die anstehende
Busfahrten zu weiter gelegenen Spielen bezuschussen,
damit es für die Fans billiger wird.
Allerdings wurden gleich zweimal mündliche Zusagen
später zurückgezogen.
Es wurde ein Fanrat gegründet, bei dem im kleinen
Kreis Fans ihre Meinung und Probleme schildern können.
Um auf die Belange der Fanclubs einzugehen, wurde
der Fanstammtisch eingeführt, beim dem Vertreter
der Fanclubs, des Vereins und gegebenfalls des Sicherheitsbeauftragten
und der Polizei miteinander diskutieren können.
All dieses will koordiniert sein.
Jawattdenn.de:
Und die obligatorische Abschlussfrage, wo stehen wir
am Ende der Saison?
Lothar:
Natürlich auf einem Aufstiegsplatz. Dafür
hat das Team genügend Potenzial und die Konkurrenz
wird auch noch Punkte lassen.
Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Interview
Video "Der Schreck vom Niederrhein"
Das Interview führten Thorsten Pydde und Oliver
Perrey