Interview mit Rolf-Christel Guie-Mien

veröffentlicht am 02.07.2007 um 19:57 Uhr

Rolf-Christel Guié-Mien stellte sich im Trainingslager Marienfeld beim heutigen offiziellen Pressetermin den Fragen der Journalisten. Das Interview wurde von Tim Zähringer, unserem Mann vor Ort, aufgezeichnet.

Herr Guie-Mien, haben Sie sich schon gut eingelebt?

Ja, bis jetzt läuft alles ganz gut.


Sie sind jetzt seit einer Woche bei Rot-Weiss Essen. Wo haben Sie in dieser Zeit Rolf-Christel Guie-Miengewohnt? In einem Hotel oder vielleicht schon in einem Appartement?

Nein, eine Wohnung habe ich noch nicht. Ich wohne noch in Köln bei meiner Familie, die seit meinem Wechsel zum FC dort lebt.


Sie haben also Frau und Kinder?

Ja, wir haben zwei Töchter, sie sind elf und sechs Jahre alt.


Werden Sie auch weiter in Köln wohnen?

Da werde ich erstmal mit meiner Frau drüber sprechen. Wir haben uns noch nicht entschieden.


Wo genau wohnen Sie denn in Köln?

Wir wohnen in Wesseling. Das ist eine Kleinstadt zwischen Bonn und Köln.


Sie haben in Essen einen Vertrag über ein Jahr unterschrieben – ohne Option?

Nein, ohne Option.


Ihre Vertragsunterschrift ging ja jetzt relativ schnell vonstatten. Ist das für Sie jetzt eine neue Chance, wieder eine Klasse höher zu spielen und auch wieder etwas mehr ins Rampenlicht zu geraten?

Ich hatte auch Angebote aus dem Ausland, die habe ich aber abgelehnt.
Ich habe mit meiner Frau gesprochen, und wir bleiben lieber in Deutschland. Und dann ist es, wie gesagt, mit Rot-Weiss Essen sehr schnell gegangen.


Wie ist denn der Kontakt zustande gekommen? Über Olaf Janßen, den Sie aus Frankfurter Zeiten kennen? Oder über Ihren Berater?

Der erste Kontakt lief über meinen Berater. Herr Janßen, mit dem ich ja noch in Frankfurt zusammen gespielt habe, hat mir dann das System der neuen Saison vorgestellt. Das passt sehr gut zu mir, und ich habe sofort zugesagt.


Ihre sportliche Vita ist mit einigen Stationen in der Ersten und Zweiten Bundesliga durchaus ansehnlich, doch plötzlich kam es mit Sachsen Leipzig in der Oberliga formell gesehen zu einem Ausreißer nach unten. Können Sie erläutern, wie es dazu kam?

Als mein Vertrag in Köln auslief, war ich schon länger in Kontakt mit dem Karlsruher SC. Deren Trainer Ede Becker kenne ich gut, er war mein erster Trainer in Deutschland, und ich war mit dem KSC fast über einen Vertrag einig. Ich hatte auch ein paar weitere Anfragen, z.B. aus Rolf-Christel Guie-MienDuisburg und Saarbrücken. Für mich war aber Karlsruhe die erste Adresse, weil ich die Stadt und den Trainer schon kannte. Ich bin dann in den Urlaub gefahren und in der Zwischenzeit sollte ein Vertrag ausgearbeitet werden. Am Ende hat das dann nicht geklappt, weil der Trainer sich für einen anderen Spieler entschieden hatte. Mein Berater musste dann wieder bei Null anfangen und einen anderen Verein suchen.


Ihr Berater hatte das also etwas hinausgezögert und Karlsruhe sich dann für einen anderen Spieler entschieden?

Der KSC hatte sich für Massimo Porcello entschieden, der ein anderer Spielertyp ist als ich. Ich wurde vom Karlsruher Trainer angerufen, der sagte, dass es ihm leid täte, aber man schon einen anderen Spieler geholt hätte. Daraufhin war es nicht einfach für meinen Berater, einen anderen Club für mich zu finden. Auch, weil ich zu keinem Club im Ausland wechseln und in Deutschland bleiben wollte. Dann kam ein Anruf von Herrn Heller, dem Präsidenten von Sachsen Leipzig, der auch mal Präsident von Eintracht Frankfurt war. Er hat mich gebeten, nach Leipzig zu kommen, mit dem Ziel, am Ende der Saison aufzusteigen. Dann ist es recht schnell gegangen, und ich war bei Sachsen Leipzig gelandet.


War es im Nachhinein der richtige Schritt, nach Leipzig zu gehen? Immerhin folgte dort eine recht chaotische Saison.

Ich bin im September ohne Vorbereitung zur Mannschaft gestoßen, das war nicht einfach. Am Ende der Saison hatten wir unser Ziel nicht erreicht, also war das insgesamt eine negative Sache. Es gab während der Saison ein ziemliches Hoch und Runter, und wir sind immerhin Vierter geworden. Es war also nicht alles schlecht oder eine Katastrophe, aber wenn man sein Ziel nicht erreicht, ist das halt keine gute Sache.


Für Sie persönlich war das Jahr wahrscheinlich auch nicht so erfüllend, wenn man aus der Ersten und Zweiten Bundesliga kommt und dann in der Oberliga seine Ziele nicht erreicht. Wie Sie schon sagten, war es ja kein gutes Jahr, und dafür muss es doch einen Grund gegeben haben? Lag das nur am Sportlichen oder auch am Umfeld?

Ich bin quasi aus der Ersten Liga in die Oberliga gekommen. Das war das erste Mal, dass ich in der Oberliga gespielt habe, und ich muss sagen, dass das ein ganz anderer Fußball ist. Die Stadien sind auch nicht so toll, und es kommen vielleicht 1000-2000 Zuschauer. Wenn man aus Stadien mit 15.000 Zuschauern kommt, und man spielt auf einmal vor 1000 Leuten, dann ist das halt etwas anderes. Wir haben gegen Vereine wie Dessau oder Pößneck gespielt, die Rasenverhältnisse sind nicht immer gut. Es ist ein bisschen chaotisch. Es war auch nicht einfach, zum ersten Mal so weit weg von meiner Familie zu wohnen und fast jedes Wochenende nach Köln fahren zu müssen. Aber auch aus negativen Dingen kann man lernen, und ich habe in der Oberliga viel gelernt.


Es war für Sie also frühzeitig klar, in dieser Saison wieder etwas im Raum NRW finden zu wollen?

Rolf-Christel Guie-MienIch habe meinem Berater gesagt, es wäre gut, wenn er für mich einen Verein in NRW finden würde. Ich habe den Clubs aus dem Ausland abgesagt, weil ich bei meiner Familie bleiben möchte. Meine Familie geht für mich vor.


Es gab aber in NRW keinen anderen Verein, bei dem Sie hätten unterkommen können?

Zuerst habe ich ein Probetraining bei der TSG Hoffenheim absolviert, und da sah es auch ganz gut aus. Die Hoffenheimer haben aber gewartet und gesagt, dass sie noch Zeit hätten. Ich habe dann einen Anruf von RWE bekommen, und weil Essen in der Nähe von Köln liegt, habe ich eigentlich sofort ja gesagt. Ich wollte nicht länger warten und mich nach anderen Vereinen umsehen.


Jetzt gab es in Essen erst noch eine Woche Probetraining.

Das war kein Probetraining. Ich habe mit Olaf Janßen und dem Trainer besprochen, dass ich erst einmal kommen und mir alles ansehen wollte. Ich wollte nicht noch mal denselben Fehler wie in Leipzig machen, wo ich sofort unterschrieben habe und es schief gelaufen ist.
Ich wollte erst noch sehen, wie gut die Mannschaft ist, wie der Trainer arbeitet und die Bedingungen in Essen sind.


Was ist Ihr erster Eindruck von der Mannschaft?

Das ist eine sehr gute Truppe. Sie ist sehr jung, und die Zusammenarbeit mit ihr und dem jungen Trainer macht sehr viel Spaß. Der erste Eindruck fällt schon mal positiv aus.


Was ist drin?

Es ist gut, dass jeder zeigen will, was er kann. Und das sieht schon gut aus.


Sie haben jetzt eine Saison in der Oberliga gespielt. Denken Sie, dass es für Sie jetzt vom spielerischen oder körperlichen eine Umstellung oder ein Problem sein wird, wieder eine Liga höher zu spielen?

Ich glaube, das ist für mich kein Problem. Ich kenne meinen Körper gut und habe noch keine größeren Verletzungen gehabt. Man muss nur richtig arbeiten, dann erreicht man sein Niveau.


Also werden Sie wahrscheinlich von ihrer Erfahrung und der schon angesprochenen Vita her eine Führungsrolle in der Mannschaft bekommen?

Als ich gekommen bin, hatten wir schon genug Führungsspieler in der Mannschaft, auch wenn das eine junge Truppe ist. Ich bin nicht gekommen, um ein Führungsspieler zu werden oder zu sein. Ich bin gekommen, um mit meiner Erfahrung der Mannschaft ein bisschen zu helfen, die Saisonziele zu erreichen. Wir haben eine gute Mannschaft und auch einige gute Führungsspieler. Stefan und Michael Lorenz haben das Potential, von hinten eine Mannschaft zu führen.


Ist es für Sie etwas anderes, unter so einem jungen Trainer wie Heiko Bonan, der RWE vielleicht auch ein wenig als Karrierechance sieht, als unter einem alten Hasen zu arbeiten?

Rolf-Christel Guie-MienKommen Sie einfach mal zum Training, da sieht man schon, dass es sehr viel Spaß macht. Der Trainer macht auch selbst viel mit.


Man muss sich ja auch erst einmal in die Gruppe integrieren. Innerhalb einer Woche dürfte es auch etwas schwierig sein, schon alle näher kennen zu lernen?

Jeder Anfang ist schwer, aber im Fußball geht so etwas sehr schnell.


Was sind Ihre persönlichen Ziele für die kommende Saison? Wollen Sie sich wieder für höhere Aufgaben empfehlen oder diese auch mit Rot-Weiss Essen erreichen?

Jeder Spieler hat seine persönlichen Ziele, und natürlich gibt es auch die Ziele des Vereins. Die Vergangenheit war für mich nicht so toll, aber ich will wieder angreifen und dahin kommen, wo ich früher war. Ich werde alles tun und meine Erfahrung einbringen, damit die Mannschaft die Saisonziele erreicht. Das ist Pflicht für mich und meine Aufgabe.


Ist es also Ihre Philosophie, dass wenn alle Spieler hartnäckig und ehrgeizig ihre persönlichen Ziele verfolgen, dass das dann auch automatisch dem Verein zu Gute kommt?

Nein, Fußball ist ein Kollektiv-Sport. Ich weiß, dass jeder seine Ziele hat, aber als erstes muss man versuchen, eine richtige Mannschaft zu sein. Und man sieht schon, dass unsere Mannschaft Potential hat. Wir haben eine junge Mannschaft und einen jungen Trainer, die gut zusammenarbeiten müssen. Das kommt vor den persönlichen Zielen.


Man konnte schon heraushören, dass Ihre Familie für Sie im Mittelpunkt steht. Ist es so, dass man sich mit wachsender Erfahrung und wachsendem Alter bewusst darauf konzentriert, dass auch mit dem Umfeld der Familie und dem eigenem Umfeld alles passt? Wenn Sie jetzt 22 gewesen wären, hätten Sie wahrscheinlich doch eher auf Hoffenheim und die Zweite Liga gesetzt und sich gesagt, ich tue mir die Regionalliga in Essen nicht an?

Wenn ich von Hoffenheim einen längerfristigen Vertrag über zwei oder drei Jahre angeboten bekommen hätte, hätte ich meine Familie vielleicht mit dorthin nehmen können. Bei RWE habe ich nur ein Jahr Vertrag.




Das Interview wurde im Rahmen des offiziellen Presstermins am 02.07.2007 im Trainingslager Marienfeld aufgezeichnet.