"Wir machen nichts, was dem Verein schaden könnte!" - Der Trainer im Interview
Eine Spielabsage jagte die nächste. Zeit genug, um mal wieder ein längeres Gespräch mit dem Cheftrainer zu führen. Vor dem Pokalspiel gegen Kray baten wir Waldemar Wrobel zum Interviewtermin und sprachen über den aktuellen Kader, mögliche Neuverpflichtungen, die Stimmung an der Hafenstraße und die kommende Saison.
Jawattdenn.de:
Es fallen beständig Spiele aus. Ist es schwierig in einen Rhythmus
hineinzukommen und wie wichtig ist ein wöchentlicher Rhythmus für eine
Mannschaft?
Waldemar Wrobel:
Es ist schwierig ohne ein Spiel unter
Wettkampfbedingungen die nötige Spielspannung zu haben. Es ist in jeder
Liga ein Unterschied, ob man sich auf ein Testspiel oder ein richtiges
Ligaspiel vorbereitet. Es ist insofern gut, in einen Rhythmus zu kommen,
da man eine Tension und ein gewisses Maß an Aggressivität erhält. Man
merkt, dass die Art in Ligaspielen athletischer, präziser und
aggressiver ist.
Jawattdenn.de:
Besonders einprägsam war die lange Serie ohne einen Sieg. Wo sehen Sie die Gründe für diese Ergebnisse? Gab es intern Druck?
Waldemar Wrobel:
Wenn man drei Monate nicht gewinnt, kann man nicht entspannt
weiterarbeiten. Andernfalls macht man etwas falsch. Diese Niederlagen
hatten ihre Gründe: Auf der einen Seite sind wir verletzungstechnisch
sehr gebeutelt, gerade auf einer Schlüsselposition von uns. So sind mit
Vincent Wagner, Mike Rodenberg, Adrian Schneider, Thomas Denker und
Sebastian Jansen fünf etatmäßige Innenverteidiger ausgefallen. Mit
Vincent Wagner fehlte uns jemand, von dem jeder weiß, wie eklatant
wichtig er für diese Mannschaft ist. Mike Rodenberg konnte in wenigen
Spielen zeigen, welche Qualität er mitbringt. Sebastian Jansen war der
Kapitän der U23 von Alemannia Aachen. Das ist ein enormer
Qualitätsverlust.
Es führte außerdem, dass wir umdisponieren mussten. So spielte ein
Markus Heppke in der Abwehr, den wir auch auf seiner angestammten
Position brauchten. Wir haben Kerim Avci lange verletzungsbedingt nicht
dabei gehabt, das gilt genauso wie für Suat Tokat aktuell. Mike Kuta und
Kevin Lehmann waren zeitweise nicht dabei. Das ist die eine Seite, aber
die andere Seite der Medaille zeigt, dass wir in dieser Phase viele
einfache Fehler gemacht haben. Wir haben unsere zur Verfügung stehenden
Mittel, sprich auch Spieler nicht gut verkauft. Und wir haben gesehen,
dass auch eine Qualitätsfrage individueller Art zu erkennen war.
Nichtsdestotrotz waren es sehr oft Spiele, in denen wir sehr nah dran an
einem Punktgewinn waren, sogar in Mönchengladbach, wo wir 4:0 verloren
haben. Wenn wir vor der Pause getroffen hätten, das bestätigt auch
Gladbachs Trainer Sven Demandt immer wieder, dann wäre das Spiel ganz
anders ausgegangen. Das Spiel gegen Kaiserslautern muss man auch nicht
verlieren. Hätten wir den Elfmeter gegen Bochum verwandelt, dann sähe
die Tabelle auch ganz anders aus. In Trier wurde ein reguläres Tor für
uns nicht anerkannt. Es war keine einfache Zeit, wir sind aber gestärkt
aus ihr herausgekommen.
Jawattdenn.de:
Stichwort Güngör Kaya: Es war von Beginn an klar, dass er nach seiner
inaktiven Phase Zeit braucht. Wie sehen Sie seine aktuelle Entwicklung?
Gibt es Interesse auf der Vereinsseite, seinen Vertrag zu verlängern?
Waldemar Wrobel:
Ja, denn bei Günni Kaya macht der Verein keinen Fehler. Er ist
finanziell machbar für uns und ein guter Typ. Darüber hinaus gilt
weiterhin, dass der Spieler eine sehr gute Vita bereithält. Er ist immer
noch nicht da, wo er sein könnte, seine Entwicklung ist dennoch
positiv. Entscheidend ist aber, dass wir bei Günni Kaya, egal in welche
Richtung es geht, kein Risiko eingehen.
Jawattdenn.de:
Manche meinen, dass Kaya seine besten Spiele als Ballverteiler gemacht hat. Wie sehen die Trainer das?
Waldemar Wrobel:
Ich würde den Begriff anders definieren. Er ist ein spielender Stürmer,
der technisch versiert ist, der den Ball halten kann und der mit dem
Ball am Fuß schwer zu verteidigen ist. Darüber hinaus zeichnet ihn aus,
dass er Erfahrung in höheren Ligen hat. Deswegen glauben wir, dass er
mit seiner Qualität noch von Bedeutung sein kann.
Jawattdenn.de:
Ein anderer Neuzugang mit Regionalligaerfahrung ist Stefan Grummel. Er kommt jedoch nicht richtig zum Zuge. Woran liegt das?
Waldemar Wrobel:
Stefan Grummel ist jemand, der aufgrund seiner Stationen im Jugend- und
später im Seniorenbereich eine hervorragende Vita hat. Er konnte sich
auf seiner Position im zentralen Mittelfeld nicht durchsetzen. Er trifft
dort Leute wie Markus Heppke, Timo Brauer und Suat Tokat, die nicht von
Pappe sind. Grundsätzlich sind wir mit ihm als Typ sehr zufrieden, wir
erwarten aber spielerisch mehr von ihm. Er ist allerdings auch auf
vielen Positionen einsetzbar, was ihn für uns weiterhin sehr wichtig
macht. Man muss abwarten, wie er sich weiter entwickelt.
Jawattdenn.de:
Damir Ivancicevic ist bereits seit fast zwei Jahren verletzt. Ist das
nicht eine Zeitspanne, die ihm richtig fehlt in seiner Entwicklung?
Waldemar Wrobel:
Welche Jahre will man da als gute oder schlechte definieren?
Jawattdenn.de:
Ich würde sagen, dass junge Spieler zwischen zwischen 19 und 22 doch deutliche Fortschritte erkennen lassen.
Waldemar Wrobel:
Das ist definitiv richtig. Aber die Fülle an Verletzungen, darunter zwei
Kreuzbandrisse, sind in jeder Verletzungshistorie in jedem Alter eine
Katastrophe. Das ist ein Spieler, der hier weiter ein- und ausgeht, der
ein großes Standing in der Truppe hat und ein Riesentyp ist. Wir werden
gucken, dass wir ihn wieder hinkriegen. Ich bin da guter Dinge, weil er
den Willen und einen guten Charakter hat. Aber dass die zwei Jahre
fehlende Spielpraxis nicht gut sind, darüber brauchen wir nicht zu
diskutieren.
Jawattdenn.de:
Wie machen sich die Nachwuchskräfte Dusy und Schlomm? Julian Dusy hatten
Sie in einer Zeit, in der Innenverteidiger reihenweise ausfielen, noch
nicht als Alternative gesehen, zuletzt war er aber mit in der
Startelf-Verlosung.
Waldemar Wrobel:
Wir sind weiterhin gut auf diesen Positionen besetzt. Ich sage nicht
überragend besetzt, aber durchaus gut. Es ist nach wie vor so, dass
Julian Dusy und Marcel Schlomm im Training ihre Akzente setzen, aber sie
können sich gegen die anderen Spieler auf ihren Positionen noch nicht
durchsetzen. Sie sind auf einem guten Weg, aber so weit sind sie noch
nicht.
Jawattdenn.de:
Welchen Positionen gilt das Hauptaugenmerk bezüglich Neuverpflichtungen der kommenden Saison?
Waldemar Wrobel:
Es geht darum, die Mannschaft zu verbessern. Es geht darum, Spieler zu
finden, die uns sowohl in der Breite als auch in der Spitze besser
machen. Wenn wir so einen Spieler bekommen, müssen wir uns unabhängig
von der Position Gedanken machen. Wenn ein Spieler auf einer Position da
ist, von der wir denken, dass sie gut besetzt sei, der Spieler jedoch
auf dem Papier eine höhere Qualität aufweist, dann werden wir uns auch
um diesen Spieler kümmern. Verstärkungen sind also in jedem
Mannschaftsteil möglich, allerdings nur, wenn sie uns weiterhelfen und
nicht nur den Kader verbreitern.
Deswegen sind wir auch im Winter leer ausgegangen. Die Spieler, die wir
hätten bekommen können, hätten uns nicht exorbitant nach vorne gebracht.
Bei den Spielern, die wir haben wollten, muss ich sagen, dass wir noch
nicht so weit sind, dass wir finanziell mit anderen Vereinen mithalten
können.
Jawattdenn.de:
Gilt dieses Anforderungsprofil unabhängig vom Alter, könnte also auch ein 30-jähriger hinzukommen, der diese Punkte erfüllt?
Waldemar Wrobel:
Grundsätzlich bin ich ein Freund davon, junge entwicklungsfähige Spieler
nach Essen zu holen, die noch nicht versaut sind. Sie sollen ihren
Höhepunkt noch nicht erreicht haben und sich mit dem Verein
identifizieren können und sie sollen den Club nicht als Station
betrachten, auf dem sie am Ende ihrer Tage noch etwas mitnehmen können.
Das bedeutet aber nicht, dass jemand, der eine gewisse Qualität in Bezug
auf Charakter und Mannschaftsführung und natürlich sportliche Qualität
besitzt, von Vornherin davon ausgenommen ist. Wenn dieser Spieler uns in
allen Punkten verstärkt, dann spielt das Alter eine untergeordnete
Rolle. Alter und Erfahrung sind also kein Ausschluskriterium.