Interview mit Maik Rodenberg
Vor dem Spiel gegen Wiedenbrück unterhielten wir uns mit Maik Rodenberg über die Stimmung im Team, seine lange Leidenszeit und warum Rot-Weiss Essen doch ein besonderer Verein ist.
Jawattdenn.de:
Wie ist aktuell die Stimmung in der Mannschaft?
Maik Rodenberg:
Die Stimmung ist nach diesem Saisonstart wirklich gut.
Wir haben im Niederrheinpokal unser Pflichtprogramm abgespult, doch
jetzt kommen ein paar Wochen und Monate mit Gegnern, wo man sich
überraschen lassen muss, was man an Punkten mitnehmen kann und auch
sehen wird, ob man in der Spitzengruppe dabei bleibt. Unser Ziel ist
aber weiterhin nicht der Aufstieg, denn da gibt es ganz andere
Mannschaften, sondern wir wollen eine gute Rolle in der Liga spielen und
ich denke, wenn wir so wie bisher weiter machen, sieht es dafür ganz
gut aus.
Jawattdenn.de:
Du hast ja zuletzt gegen den VfB Homberg von Beginn an
gespielt. Wie ist dabei deine Gefühlslage? Freust du dich jedes Mal wenn
du auf dem Platz stehst, oder wird das recht schnell "Business as
usual"?
Maik Rodenberg:
Nein. Ich freue mich über jede Minute die ich spielen
kann und sehe mittlerweile viele Sachen durch meine Geschichte etwas
entspannter. In diesem Umfeld und mit den Fans macht es einfach Spaß zu
kicken und das dazu noch auf einem super Niveau.
Jawattdenn.de:
Bis zu deiner schweren Verletzung warst du bei Arminia
Bielefeld im Profikader. Wie ist dann der Kontakt zu Rot-Weiss Essen
entstanden?
Maik Rodenberg:
Waldemar Wrobel kannte mich schon aus der
Westfalenauswahl, von Spielen gegen Arminia Bielefeld II und aus der
A-Jugend, weswegen er mich auf dem Zettel hatte. Nach der Verletzung,
kontaktierte er mich gemeinsam mit Damian Jamro. Wir telefonierten
miteinander und trafen uns dann auch anschließend. Letztendlich war der
Wechsel nach Rot-Weiss Essen war für mich die absolut richtige
Entscheidung.
Jawattdenn.de:
Arminia Bielefeld hätte ja durchaus den Vertrag mit dir
verlängert. Was war der Grund, dass du dich für Rot-Weiss Essen
entschieden hast?
Maik Rodenberg:
Ja, in Bielefeld hätte es weiter gehen können, es gab
für mich persönlich aber gute Gründe, weswegen ich mich dann für
Rot-Weiss Essen entschieden habe. Ich habe diese Entscheidung bis jetzt
kein Stück bereut und freue mich, dass ich den Wechsel vollzogen habe.
Jawattdenn.de:
Wie ist denn die Zusammenarbeit mit dem Trainer Waldemar Wrobel?
Maik Rodenberg:
Die Arbeit macht sehr viel Spaß. Wir haben ein gutes
Pensum und grundsätzlich geht es auf dem Platz ordentlich zur Sache. Der
Trainer achtet immer darauf, dass jeder in einen Bereich kommt, in dem
er gefordert, aber auch gefördert wird. Ihn zeichnet aus, dass er
versucht immer geradeaus und ehrlich mit allen umzugehen. Auch solche
Geschichten wie mit Sebastian Jansen oder mir sind im professionellen
bzw. Semi-professionellen Fußball nicht alltäglich. Bei anderen Vereinen
ruft man nicht mal an und fragt wie es einem geht.
Jawattdenn.de:
Deine ersten Auftritte für Rot-Weiss Essen in der letzten
Saison im DFB-Pokalspiel gegen Union Berlin und den nachfolgenden vier
Einsätzen in der Regionalliga waren allesamt bärenstark. Wie sehr wirft
es einen dann mental zurück, wenn die Knieverletzung wieder zum tragen
kommt?
Maik Rodenberg:
Da bin ich ganz ehrlich. Es war für mich vom Kopf her
eine Grenzerfahrung und ein Stück weit war es auch meine erste wirkliche
Lebensprüfung. Ich habe von September 2011, wo das ganze wieder
aufgebrochen ist, bis Mai diesen Jahres nicht gewusst, woher das ganze
kommt. Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich auch während der gesamten
Rehaphase gespürt habe, dass da etwas nicht hundertprozentig in Ordnung
ist, aber ich dachte immer, dass sich das mit der Zeit wieder gibt.
Anfang Mai habe ich dann erst den Schlüssel gefunden, um meinen Körper
so einzustellen, dass ich wieder Fußball spielen kann. Das Knie ist
jetzt zwar nicht mehr jungfräulich, aber es reicht, um damit
Leistungssport zu betreiben. Mein Problem war das drum herum, denn das
statische passte einfach nicht und ich konnte nicht die Muskulatur
aufbauen, die ich hätte haben müssen. Das wirkte sich dann auf die
schwächste Stelle aus, nämlich das rechte Knie.
Jawattdenn.de:
Kannst Du dann Geschichten wie z.B. die von Sebastian Deisler nachvollziehen?
Maik Rodenberg:
Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Wenn man dann nicht
die passende Unterstützung durch die Familie, den Freunden, der
Freundin und ganz besonders durch den Verein bekommt, dann steht man
alleine da und dann ist es wirklich schwer sich aus so einem Loch wieder
raus zu kämpfen.
Ich bin froh, dass ich Menschen an meiner Seite hatte, die immer für
mich da waren. Der Verein hat auch immer zu mir gestanden und ohne die
Verantwortlichen würde ich jetzt wohl nicht mehr für Rot-Weiss Essen
spielen und hätte wahrscheinlich nicht die Möglichkeit, im Sport noch
mal etwas zu erreichen.
Jawattdenn.de:
Die Vertragsverlängerung war dann ja auch durchaus auch ein großer Vertrauensbeweis.
Maik Rodenberg:
Natürlich, das ist ein riesen Vertrauensbeweis und auch eine große Wertschätzung.
Ich habe ja schon einige Spiele gemacht und die ersten auf der Tribüne
werden sich bestimmt schon gedacht haben, dass ich Mitte August wieder
rum humple. Jetzt haben wir jedoch bereits Mitte Oktober und ich fühle
mich besser und besser. Ich merke zwar, dass noch ein bisschen was
fehlt, aber das wird mit der Zeit immer mehr und von daher habe ich ein
gutes Gefühl.
Jawattdenn.de:
Es gab ja auch das Gerücht, dass deine Verletzung als nahezu unbehandelter galt. Stimmt das?
Maik Rodenberg:
Ich hatte ja schon alles probiert und im Endeffekt war
die Lösung doch so nah. Jemand, mit dem ich mittlerweile seit drei
Jahren zusammen arbeite, schickte mich zu den passenden Ärzten, wodurch
ich das ganze in den Griff bekam. Das ganze kam im Gegensatz zur
normalen Reha und Physiotherapie aus einer ganz anderen Richtung und das
war bei mir der entscheidende Faktor.
Jawattdenn.de:
Hattest du einen Plan B, falls es nicht besser geworden wäre?
Maik Rodenberg:
Schon zu Arminia-Zeiten hatte ich ein Studium an der
Fern-Uni Hagen begonnen, bei dem ich aber so gut wie nichts geschafft
habe und deshalb für mich die Entscheidung fiel, dass ich richtig
studieren muss.
Dann gab es die Möglichkeit ob Essen oder Bielefeld. Da ich hier gut BWL
studieren kann, entschied ich mich für Essen. Jetzt hat das dritte
Semester begonnen und bin damit auch sehr zufrieden. Zwar bin ich nicht
ganz so flott wie die anderen, aber die Sachen die ich dann mache, mache
ich richtig.
Jawattdenn.de:
Wir haben ein wenig recherchiert und festgestellt, dass
der aktuelle Saisonstart der beste seit zwanzig Jahren ist. Ist das ein
Abbild der Leistung die hier schlummert, oder hat sich die Mannschaft in
eine Euphorie gespielt?
Maik Rodenberg:
Ich denke, dass das schon unsere Leistungsstärke
widerspiegelt, auch wenn das ein oder andere Spiel durchaus hätte anders
ausgehen können. Falls wir zum Beispiel beim ersten Spiel gegen
Oberhausen das 3:1 bekommen hätten, wäre das Spiel mehr oder weniger
gelaufen und auch das Spiel in Verl war eine leichte Zitterpartie.
Die anderen Spiele haben wir schon recht souverän bestritten und ich
denke, dass wir uns vor niemandem in der Liga verstecken müssen. Unsere
Mannschaft ist insgesamt auf einem guten Weg. Wenn man mal vergleicht
wie wir uns letztes Jahr beim Pokalspiel in Homberg einen abgebrochen
haben und wie es am Wochenende lief, kann man schon sehen, dass eine
Leistungssteigerung und eine Entwicklung der Mannschaft stattgefunden
haben.
Jawattdenn.de:
Verfolgst du die einschlägigen RWE-Fanforen?
Maik Rodenberg:
Ich war bei euch schon mal auf der Seite um die Bilder
von den Pokalspielen durchzublättern, aber mehr nicht. Es gibt zwar ein
paar Spieler, die in den Foren lesen, aber ich persönlich habe da nichts
von.
Jawattdenn.de:
Es gab in der Erfolgsphase einige kritische Stimmen, die
vieles dem Zufall und Glück zuschrieben und die fehlende Spielästhetik
vermissten (bspw. gegen Köln II, Düsseldorf II, Velbert). Was entgegnest
du denen?
Maik Rodenberg:
Fußball ist ein Ergebnissport. Wir haben ja nicht
schlecht gespielt und ich habe auch kein Spiel in Erinnerung, wo der
Gegner um Längen besser war. Unsere Gegner sind auch nicht irgendwer,
selbst wenn es nur die Zweitvertretungen von Düsseldorf oder Köln sind.
Bei Düsseldorf haben ja zum Beispiel fünf oder sechs Profis mitgespielt.
Egal gegen wen man in der Liga spielt, es sind alles gute Mannschaften,
die man auch erst mal schlagen muss. Für viele Vereine ist das Spiel
gegen uns auch ein Saisonhighlight, was uns das ganze auch ein wenig
erschwert. Im Gegensatz dazu, haben wir aber den Support durch unsere
Fans, um noch ein paar Prozente mehr zu geben, um dann dem Gegner den
Schneid abzukaufen.
Jawattdenn.de:
In den kommenden Spielen erwarten uns ja mit Viktoria
Köln, Wuppertal und den Sportfreunden aus Lotte und Siegen dicke
Brocken. Was ist da möglich?
Maik Rodenberg:
Ich denke wir haben eine super Ausgangslage und sollten
uns nicht selbst den Druck machen, einen bestimmten Tabellenplatz zu
erreichen sondern nur zu sehen oben dran zu bleiben. Egal wer hier
hinkommt, wir wollen jeden schlagen, aber ob das dann auch klappt ist
natürlich eine andere Sache. Die kommenden Mannschaften sind alle aus
dem oberen Tabellendrittel und da wird sich dann zeigen, wie weit wir
wirklich sind und ob wir da mithalten können. Wir haben eine gute
Grundlage geschaffen und lassen uns überraschen.
Jawattdenn.de:
Wie erlebst du das Umfeld hier in Essen?
Maik Rodenberg:
Positiv Fußballverrückt. Mir gefällt es hier gut und ich
fühle mich im Verein sehr wohl. Der Kontakt zu den Fans und den Leuten
macht auch viel aus, wenn sie zum Beispiel nach dem Spiel an den Zaun
kommen. Selbst als wir in Bergisch Gladbach unsere schlechteste Halbzeit
überhaupt gespielt haben, kamen aufmunternde Worte wie: "Ihr habt es
versucht, es hat aber nicht gereicht. Nächstes Mal einfach wieder
Vollgas geben, dann passt das schon."
Vor so vielen Zuschauern spielen zu dürfen, macht einfach nur Spaß. Es
ist auch eine Ehre im neuen Stadion zu spielen, die Entwicklung des
Vereins zu sehen und vielleicht sogar ein Stück dazu beizutragen, dass
hier was zusammen wächst.
Jawattdenn.de:
Du sprichst das neue Stadion an. Wie gefällt es euch?
Maik Rodenberg:
Im Vergleich zu drüben ist es eine andere Welt. Es war
dort auch schön und nicht alles war schlecht, aber das hier ist schon
etwas ganz anderes und macht mehr Spaß.
Jawattdenn.de:
Welche sportlichen Ziele verfolgst du in den nächsten fünf Jahren?
Maik Rodenberg:
Ich werde mir keine großen Ziele mehr stecken, denn es
wird sich alles mehr oder weniger von alleine ergeben. Natürlich hat man
auch Träume oder Wunschvorstellungen, aber wirklich feste Ziele, die
ich hartnäckig verfolge, werde ich mir nicht mehr setzen. Das hat mich
früher immer selbst ein bisschen gehindert meine Ziele zu erreichen,
weil ich zu verbissen war und immer nur mit dem Kopf durch die Wand
wollte.
Das habe ich insbesondere durch die Verletzung gemerkt. Ich wollte,
wollte, wollte und habe alles gemacht und bin zwei Jahre lang meinen
Zielen hinterhergelaufen. Letzten Endes war es eine Kleinigkeit und ich
hätte mir sehr viel ersparen können, von daher bin ich froh hier Fußball
spielen zu können. Natürlich habe ich den Traum mit Rot-Weiss Essen in
die dritte Liga aufzusteigen und auch selbst dabei eine Rolle gespielt
zu haben.
Wenn man so will, ist mein Ziel für die nächsten fünf Jahre: Mit Rot-Weiss Essen in die dritte Liga aufzusteigen.
Jawattdenn.de:
Was ist denn in dieser Saison, realistisch gesehen, zu erwarten?
Maik Rodenberg:
Vor der Saison haben wir gesagt, wir wollen besser sein
als in der vorherigen und das haben wir bis jetzt auch gut umgesetzt. So
lange die Fans klatschen und uns anfeuern ist alles okay. Wenn wir dann
unser Ziel am Ende der Saison erreichen, dann können alle hier
zufrieden sein, denn das ist dann ein weiterer Schritt nach vorne.
Jawattdenn.de:
Wo siehst du Rot-Weiss Essen in fünf Jahren?
Maik Rodenberg:
Fünf Jahre ist eine so lange Zeit...
Ich denke in fünf Jahren sehe ich RWE mindestens eine Liga höher und das
ist ja auch die mittelfristige Planung vom Verein. Der Verein darf
nicht für die nächsten drei, vier oder fünf Jahre in der vierten Liga
spielen und der Aufstieg sollte auch auf Dauer von allen das Ziel sein.
Das wird vielleicht nicht dieses oder nächstes Jahr klappen, aber man
kann schon in absehbarer Zeit einen Aufstieg planen und dies dann
entsprechend als Ziel herausgeben.
Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führten Hendrik Stürznickel und Kai Schlüsener