22.10.2012

Interview mit Maik Rodenberg

von Redaktion

Vor dem Spiel gegen Wiedenbrück unterhielten wir uns mit Maik Rodenberg über die Stimmung im Team, seine lange Leidenszeit und warum Rot-Weiss Essen doch ein besonderer Verein ist.

Jawattdenn.de:
Wie ist aktuell die Stimmung in der Mannschaft?

Maik Rodenberg:
Die Stimmung ist nach diesem Saisonstart wirklich gut. Wir haben im Niederrheinpokal unser Pflichtprogramm abgespult, doch jetzt kommen ein paar Wochen und Monate mit Gegnern, wo man sich überraschen lassen muss, was man an Punkten mitnehmen kann und auch sehen wird, ob man in der Spitzengruppe dabei bleibt. Unser Ziel ist aber weiterhin nicht der Aufstieg, denn da gibt es ganz andere Mannschaften, sondern wir wollen eine gute Rolle in der Liga spielen und ich denke, wenn wir so wie bisher weiter machen, sieht es dafür ganz gut aus.

Maik RodenbergJawattdenn.de:
Du hast ja zuletzt gegen den VfB Homberg von Beginn an gespielt. Wie ist dabei deine Gefühlslage? Freust du dich jedes Mal wenn du auf dem Platz stehst, oder wird das recht schnell "Business as usual"?

Maik Rodenberg:
Nein. Ich freue mich über jede Minute die ich spielen kann und sehe mittlerweile viele Sachen durch meine Geschichte etwas entspannter. In diesem Umfeld und mit den Fans macht es einfach Spaß zu kicken und das dazu noch auf einem super Niveau.

Jawattdenn.de:
Bis zu deiner schweren Verletzung warst du bei Arminia Bielefeld im Profikader. Wie ist dann der Kontakt zu Rot-Weiss Essen entstanden?

Maik Rodenberg:
Waldemar Wrobel kannte mich schon aus der Westfalenauswahl, von Spielen gegen Arminia Bielefeld II und aus der A-Jugend, weswegen er mich auf dem Zettel hatte. Nach der Verletzung, kontaktierte er mich gemeinsam mit Damian Jamro. Wir telefonierten miteinander und trafen uns dann auch anschließend. Letztendlich war der Wechsel nach Rot-Weiss Essen war für mich die absolut richtige Entscheidung.

Jawattdenn.de:
Arminia Bielefeld hätte ja durchaus den Vertrag mit dir verlängert. Was war der Grund, dass du dich für Rot-Weiss Essen entschieden hast?

Maik Rodenberg:
Ja, in Bielefeld hätte es weiter gehen können, es gab für mich persönlich aber gute Gründe, weswegen ich mich dann für Rot-Weiss Essen entschieden habe. Ich habe diese Entscheidung bis jetzt kein Stück bereut und freue mich, dass ich den Wechsel vollzogen habe.

Jawattdenn.de:
Wie ist denn die Zusammenarbeit mit dem Trainer Waldemar Wrobel?

Maik Rodenberg:
Die Arbeit macht sehr viel Spaß. Wir haben ein gutes Pensum und grundsätzlich geht es auf dem Platz ordentlich zur Sache. Der Trainer achtet immer darauf, dass jeder in einen Bereich kommt, in dem er gefordert, aber auch gefördert wird. Ihn zeichnet aus, dass er versucht immer geradeaus und ehrlich mit allen umzugehen. Auch solche Geschichten wie mit Sebastian Jansen oder mir sind im professionellen bzw. Semi-professionellen Fußball nicht alltäglich. Bei anderen Vereinen ruft man nicht mal an und fragt wie es einem geht.

Maik Rodenberg im Pokalspiel gegen Union Berlin 2011Jawattdenn.de:
Deine ersten Auftritte für Rot-Weiss Essen in der letzten Saison im DFB-Pokalspiel gegen Union Berlin und den nachfolgenden vier Einsätzen in der Regionalliga waren allesamt bärenstark. Wie sehr wirft es einen dann mental zurück, wenn die Knieverletzung wieder zum tragen kommt?

Maik Rodenberg:
Da bin ich ganz ehrlich. Es war für mich vom Kopf her eine Grenzerfahrung und ein Stück weit war es auch meine erste wirkliche Lebensprüfung. Ich habe von September 2011, wo das ganze wieder aufgebrochen ist, bis Mai diesen Jahres nicht gewusst, woher das ganze kommt. Im Nachhinein kann ich sagen, dass ich auch während der gesamten Rehaphase gespürt habe, dass da etwas nicht hundertprozentig in Ordnung ist, aber ich dachte immer, dass sich das mit der Zeit wieder gibt.

Anfang Mai habe ich dann erst den Schlüssel gefunden, um meinen Körper so einzustellen, dass ich wieder Fußball spielen kann. Das Knie ist jetzt zwar nicht mehr jungfräulich, aber es reicht, um damit Leistungssport zu betreiben. Mein Problem war das drum herum, denn das statische passte einfach nicht und ich konnte nicht die Muskulatur aufbauen, die ich hätte haben müssen. Das wirkte sich dann auf die schwächste Stelle aus, nämlich das rechte Knie.

Jawattdenn.de:
Kannst Du dann Geschichten wie z.B. die von Sebastian Deisler nachvollziehen?

Maik Rodenberg:
Ja, das kann ich gut nachvollziehen. Wenn man dann nicht die passende Unterstützung durch die Familie, den Freunden, der Freundin und ganz besonders durch den Verein bekommt, dann steht man alleine da und dann ist es wirklich schwer sich aus so einem Loch wieder raus zu kämpfen.
Ich bin froh, dass ich Menschen an meiner Seite hatte, die immer für mich da waren. Der Verein hat auch immer zu mir gestanden und ohne die Verantwortlichen würde ich jetzt wohl nicht mehr für Rot-Weiss Essen spielen und hätte wahrscheinlich nicht die Möglichkeit, im Sport noch mal etwas zu erreichen.

Jawattdenn.de:
Die Vertragsverlängerung war dann ja auch durchaus auch ein großer Vertrauensbeweis.

Maik Rodenberg:
Natürlich, das ist ein riesen Vertrauensbeweis und auch eine große Wertschätzung.
Ich habe ja schon einige Spiele gemacht und die ersten auf der Tribüne werden sich bestimmt schon gedacht haben, dass ich Mitte August wieder rum humple. Jetzt haben wir jedoch bereits Mitte Oktober und ich fühle mich besser und besser. Ich merke zwar, dass noch ein bisschen was fehlt, aber das wird mit der Zeit immer mehr und von daher habe ich ein gutes Gefühl.

Maik RodenbergJawattdenn.de:
Es gab ja auch das Gerücht, dass deine Verletzung als nahezu unbehandelter galt. Stimmt das?

Maik Rodenberg:
Ich hatte ja schon alles probiert und im Endeffekt war die Lösung doch so nah. Jemand, mit dem ich mittlerweile seit drei Jahren zusammen arbeite, schickte mich zu den passenden Ärzten, wodurch ich das ganze in den Griff bekam. Das ganze kam im Gegensatz zur normalen Reha und Physiotherapie aus einer ganz anderen Richtung und das war bei mir der entscheidende Faktor.

Jawattdenn.de:
Hattest du einen Plan B, falls es nicht besser geworden wäre?

Maik Rodenberg:
Schon zu Arminia-Zeiten hatte ich ein Studium an der Fern-Uni Hagen begonnen, bei dem ich aber so gut wie nichts geschafft habe und deshalb für mich die Entscheidung fiel, dass ich richtig studieren muss.
Dann gab es die Möglichkeit ob Essen oder Bielefeld. Da ich hier gut BWL studieren kann, entschied ich mich für Essen. Jetzt hat das dritte Semester begonnen und bin damit auch sehr zufrieden. Zwar bin ich nicht ganz so flott wie die anderen, aber die Sachen die ich dann mache, mache ich richtig.

Jawattdenn.de:
Wir haben ein wenig recherchiert und festgestellt, dass der aktuelle Saisonstart der beste seit zwanzig Jahren ist. Ist das ein Abbild der Leistung die hier schlummert, oder hat sich die Mannschaft in eine Euphorie gespielt?

Maik Rodenberg:
Ich denke, dass das schon unsere Leistungsstärke widerspiegelt, auch wenn das ein oder andere Spiel durchaus hätte anders ausgehen können. Falls wir zum Beispiel beim ersten Spiel gegen Oberhausen das 3:1 bekommen hätten, wäre das Spiel mehr oder weniger gelaufen und auch das Spiel in Verl war eine leichte Zitterpartie.

Die anderen Spiele haben wir schon recht souverän bestritten und ich denke, dass wir uns vor niemandem in der Liga verstecken müssen. Unsere Mannschaft ist insgesamt auf einem guten Weg. Wenn man mal vergleicht wie wir uns letztes Jahr beim Pokalspiel in Homberg einen abgebrochen haben und wie es am Wochenende lief, kann man schon sehen, dass eine Leistungssteigerung und eine Entwicklung der Mannschaft stattgefunden haben.

Jawattdenn.de:
Verfolgst du die einschlägigen RWE-Fanforen?

Maik Rodenberg:
Ich war bei euch schon mal auf der Seite um die Bilder von den Pokalspielen durchzublättern, aber mehr nicht. Es gibt zwar ein paar Spieler, die in den Foren lesen, aber ich persönlich habe da nichts von.

Jawattdenn.de:
Es gab in der Erfolgsphase einige kritische Stimmen, die vieles dem Zufall und Glück zuschrieben und die fehlende Spielästhetik vermissten (bspw. gegen Köln II, Düsseldorf II, Velbert). Was entgegnest du denen?

Maik Rodenberg:
Fußball ist ein Ergebnissport. Wir haben ja nicht schlecht gespielt und ich habe auch kein Spiel in Erinnerung, wo der Gegner um Längen besser war. Unsere Gegner sind auch nicht irgendwer, selbst wenn es nur die Zweitvertretungen von Düsseldorf oder Köln sind. Bei Düsseldorf haben ja zum Beispiel fünf oder sechs Profis mitgespielt. Egal gegen wen man in der Liga spielt, es sind alles gute Mannschaften, die man auch erst mal schlagen muss. Für viele Vereine ist das Spiel gegen uns auch ein Saisonhighlight, was uns das ganze auch ein wenig erschwert. Im Gegensatz dazu, haben wir aber den Support durch unsere Fans, um noch ein paar Prozente mehr zu geben, um dann dem Gegner den Schneid abzukaufen.

Maik Rodenberg im Pokalspiel gegen Union Berlin 2012Jawattdenn.de:
In den kommenden Spielen erwarten uns ja mit Viktoria Köln, Wuppertal und den Sportfreunden aus Lotte und Siegen dicke Brocken. Was ist da möglich?

Maik Rodenberg:
Ich denke wir haben eine super Ausgangslage und sollten uns nicht selbst den Druck machen, einen bestimmten Tabellenplatz zu erreichen sondern nur zu sehen oben dran zu bleiben. Egal wer hier hinkommt, wir wollen jeden schlagen, aber ob das dann auch klappt ist natürlich eine andere Sache. Die kommenden Mannschaften sind alle aus dem oberen Tabellendrittel und da wird sich dann zeigen, wie weit wir wirklich sind und ob wir da mithalten können. Wir haben eine gute Grundlage geschaffen und lassen uns überraschen.

Jawattdenn.de:
Wie erlebst du das Umfeld hier in Essen?

Maik Rodenberg:
Positiv Fußballverrückt. Mir gefällt es hier gut und ich fühle mich im Verein sehr wohl. Der Kontakt zu den Fans und den Leuten macht auch viel aus, wenn sie zum Beispiel nach dem Spiel an den Zaun kommen. Selbst als wir in Bergisch Gladbach unsere schlechteste Halbzeit überhaupt gespielt haben, kamen aufmunternde Worte wie: "Ihr habt es versucht, es hat aber nicht gereicht. Nächstes Mal einfach wieder Vollgas geben, dann passt das schon."

Vor so vielen Zuschauern spielen zu dürfen, macht einfach nur Spaß. Es ist auch eine Ehre im neuen Stadion zu spielen, die Entwicklung des Vereins zu sehen und vielleicht sogar ein Stück dazu beizutragen, dass hier was zusammen wächst.

Jawattdenn.de:
Du sprichst das neue Stadion an. Wie gefällt es euch?

Maik Rodenberg:
Im Vergleich zu drüben ist es eine andere Welt. Es war dort auch schön und nicht alles war schlecht, aber das hier ist schon etwas ganz anderes und macht mehr Spaß.

Jawattdenn.de:
Welche sportlichen Ziele verfolgst du in den nächsten fünf Jahren?

Maik Rodenberg im Spiel gegen VerlMaik Rodenberg:
Ich werde mir keine großen Ziele mehr stecken, denn es wird sich alles mehr oder weniger von alleine ergeben. Natürlich hat man auch Träume oder Wunschvorstellungen, aber wirklich feste Ziele, die ich hartnäckig verfolge, werde ich mir nicht mehr setzen. Das hat mich früher immer selbst ein bisschen gehindert meine Ziele zu erreichen, weil ich zu verbissen war und immer nur mit dem Kopf durch die Wand wollte.

Das habe ich insbesondere durch die Verletzung gemerkt. Ich wollte, wollte, wollte und habe alles gemacht und bin zwei Jahre lang meinen Zielen hinterhergelaufen. Letzten Endes war es eine Kleinigkeit und ich hätte mir sehr viel ersparen können, von daher bin ich froh hier Fußball spielen zu können. Natürlich habe ich den Traum mit Rot-Weiss Essen in die dritte Liga aufzusteigen und auch selbst dabei eine Rolle gespielt zu haben.
Wenn man so will, ist mein Ziel für die nächsten fünf Jahre: Mit Rot-Weiss Essen in die dritte Liga aufzusteigen.

Jawattdenn.de:
Was ist denn in dieser Saison, realistisch gesehen, zu erwarten?

Maik Rodenberg:
Vor der Saison haben wir gesagt, wir wollen besser sein als in der vorherigen und das haben wir bis jetzt auch gut umgesetzt. So lange die Fans klatschen und uns anfeuern ist alles okay. Wenn wir dann unser Ziel am Ende der Saison erreichen, dann können alle hier zufrieden sein, denn das ist dann ein weiterer Schritt nach vorne.

Jawattdenn.de:
Wo siehst du Rot-Weiss Essen in fünf Jahren?

Maik Rodenberg:
Fünf Jahre ist eine so lange Zeit...
Ich denke in fünf Jahren sehe ich RWE mindestens eine Liga höher und das ist ja auch die mittelfristige Planung vom Verein. Der Verein darf nicht für die nächsten drei, vier oder fünf Jahre in der vierten Liga spielen und der Aufstieg sollte auch auf Dauer von allen das Ziel sein. Das wird vielleicht nicht dieses oder nächstes Jahr klappen, aber man kann schon in absehbarer Zeit einen Aufstieg planen und dies dann entsprechend als Ziel herausgeben.

Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führten Hendrik Stürznickel und Kai Schlüsener