Interview mit RWE-Scout Horst Quade

veröffentlicht am 12.09.2007 um 21:37 Uhr

Durch die Gegend fahren und ein bisschen Fussball gucken? Wie anstrengend der Alltag eines Scouts wirklich ist und wie die Scoutingabteilung bei RWE arbeitet, erzählte uns Horst Quade, RWEs Spielerbeobachter der selbst bei fliegenden Steinen und Feueralarm die Stellung hält!


Horst QuadeJawattdenn.de
Herr Quade, stellen Sie sich unseren Lesern doch bitte kurz vor. Wie sieht Ihre sportliche und berufliche Laufbahn aus?

Horst Quade
Ich war 11 Jahre, davon 7 Jahre in der Oberliga Westfalen, als Trainer bei den Sportfreunden Oestrich-Iserlohn tätig. Dort bin ich mit dem Verein in die Oberliga Westfalen aufgestiegen. Danach war ich noch ein Jahr in Sprockhövel, auch in der Oberliga. Zum Ende meiner Trainerlaufbahn hat mich zunehmend das Thema Scouting interessiert.


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Waren Sie auch als Spieler aktiv?

Horst Quade
Ja. Ich komme aus der Jugend von Holstein Kiel. Beruflich bedingt musste ich dann wechseln und war in vier verschiedenen Bundesländern aktiv. Unter anderem beim SSV Ulm 46 in der 2. Mannschaft und zum Ende meiner Zeit im Münsterland bei der DJK Dülmen.


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Sie haben dann am Anfang Ihrer Zeit als Scout eine Software entwickelt?

Horst Quade
Ja, ich hatte mich immer geärgert, dass es keine Software für den Traineralltag gab und habe durch Zufall zwei junge Informatiker aus meiner Umgebung kennen gelernt, die mit mir zusammen meine Vorstellungen in die Tat umgesetzt haben. Die ganze Entwicklung dauerte cirka drei Jahre. Ich war der Erste in Deutschland, der damit auf dem Weg war und habe dann auch einen sehr interessanten Kundenstamm bekommen. Unter anderem Schalke 04, VfL Bochum, Hamburger SV, Eintracht Frankfurt, Borussia Mönchengladbach und so weiter. Das war natürlich der ideale Einstieg. Ich habe heute mehr als 20 Profivereine mit meiner Software beliefert.


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Wie hat Sie ihr Weg zu Rot-Weiss Essen geführt?

Horst Quade
Durch die Erfahrungen und die Kontakte, die ich bei der Entwicklung der Software knüpfen konnte, führt man eine Menge Fachgespräche oder gibt auch schon mal kleinere Analysen über Spieler und Spiele ab. Olaf Janssen kannte mich aus seiner Zeit als Scout von Eintracht Frankfurt, so führte mein Weg nach RW Essen.


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Sie sind jetzt nur noch für RWE unterwegs? Oder geben sie auch einem fremden Trainer Auskunft wenn dieser anruft und nach einem bestimmten Spieler fragt?

Horst Quade
Ich bin nur noch für RWE unterwegs und ich konzentriere mich auch nur noch auf Rot-Weiss Essen.


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Wie kann man sich Ihre Arbeit vorstellen? Jeden Tag unterwegs und woanders im Stadion?

Horst Quade
Man muss damit beginnen: Der Club hat vor drei Jahren angefangen diese Scouting-Abteilung aufzubauen…


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…mit Olaf Janßen zusammen?

Horst Quade
Ja, aber nicht nur. Olaf Janßen war sozusagen der Motor der ganzen Sache. Im Grunde genommen war es von Anfang an ein Team in Essen. Zuerst mussten die Strukturen geschaffen werden, dass ist zu Beginn reine Büroarbeit. Zum Beispiel müssen alle Vereine gelistet werden und mehr als 3000 Spieler in die Datenbank eingepflegt werden. Da ist es aber nicht nur mit dem Namen getan, da gehört die Größe dazu, Rechtsfuß, Linksfuß und solche Sachen.

Bevor ich ernte, muss ich sähen - und sähen muss ich erstmal den Datenbestand. Wenn man dann erst einmal damit angefangen hat, will man immer mehr wissen. Wo war der Spieler bisher? Welche Verletzungen hat er bis jetzt gehabt? Das ist wie eine Sucht, man will den Spieler immer gläserner machen. Alle Informationen die man kriegen kann, will man dann auch einbauen. Das war der Schwerpunkt im ersten halben Jahr. Die Datenbank muss zudem tagtäglich gepflegt werden. Eine falsche Information kann man sich gar nicht erlauben.

Wenn man morgens aufsteht, schaut man zuerst ins Internet und guckt, welcher Spieler wo hingegangen ist. Das darf nicht an einem vorbei rauschen. Oder man liest beispielsweise den Kicker: der und der Spieler hat den Vertrag verlängert; dass wird dann sofort eingepflegt. Das sind Arbeiten, die man nicht nur einmal im Jahr machen muss, dass muss tagtäglich geschehen. Die reine Büroarbeit ist somit die Basis. Diese Arbeit kann einer bewältigen. Wenn man dann aber zum eigentlichen Scouting kommt, geht das nur im Team.

Wir haben zu Beginn der Wechselperioden in Essen wöchentlich eine Runde, wo der A-Jugend-Trainer, der U23-Trainer, der Cheftrainer, der Sportliche Leiter und ich zusammensitzen. So vier bis sechs Leute, die Analysen abgeben und mitarbeiten. Der Sportliche Leiter hatte vorher das Wochenendprogramm, meist regional, festgelegt.

Wenn der Scout zum Beispiel am Samstag nach Stuttgart fährt, wird natürlich versucht am Sonntagmorgen noch ein A-Jugend-Bundesligaspiel und am Nachmittag auf halber Strecke noch ein drittes Spiel reinzukriegen - wirtschaftliches Denken um möglichst zwei, drei Spiele pro Fahrt mitnehmen zu können. Ich persönlich arbeite stark dem Trainer zu, indem ich den nächsten Gegner sichte. Dazu gehört dann eine Spielanalyse über den Gegner. Der Sportliche Leiter erhält daraus dann auch Kurzanalysen über die gesehenen Spieler.


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Letztes Jahr erwähnte Olaf Janßen in einem Interview mit uns, dass die Scouting-Abteilung durch Festangestellte erweitert werden sollte. Das ist jetzt nach dem Abstieg kein Thema mehr?

Horst Quade
Das hat sich praktisch im Moment erledigt. Vor ein paar Wochen war ein Bericht im Kicker über die Scouting-Abteilung der Bundesligisten, wo teilweise zehn, zwölf Leute arbeiten. Je nach Stärke der Vereine wird das Scouting auch ins Ausland und auf andere Kontinente ausgedehnt, wie nach Argentinien oder Brasilien. Im Moment macht es für RWE keinen Sinn außerhalb Europas zu scouten. Das hat mit den UEFA-Regularien zu tun, wir dürfen zum Beispiel keine 5 Argentinier verpflichten . Also begrenzt sich die Arbeit bei RWE auf einen engeren Teil Europas. Wenn man in der Zweiten Liga spielt, hat man bessere Möglichkeiten Spieler zu holen. Sei es durch den Reiz der Liga oder wegen anderer finanzieller Möglichkeiten. Da kann man dann den Beobachtungsbereich im Scouting vergrößern.


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Ist das dann nicht ärgerlich, letzte Saison Spieler beobachtet zu haben, die der Verein jetzt nicht mehr holen kann?

Horst Quade
Das war schon bitter. Wir hatten bis Ende der Hinrunde an die Regionalliga gar keinen Gedanken verschwendet und hatten uns auf eine positive Zukunft konzentriert. Aber später konnten wir ja nicht so blauäugig sein und deshalb begann auch dann das Scouting für die Regionalliga. Wir sind dann zweigleisig gefahren. Wir hatten eine Liste A und eine Liste B. Klar, einige von Liste B standen auch auf Liste A, aber es tat schon weh, die Liste für die Zweite Liga in den Reißwolf zu stecken und sich auf Liste B zu konzentrieren. Und ganz besonders schlimm war es dann, dass viele der Kandidaten aus unterschiedlichen Gründen nicht verpflichtet werden konnten.


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Wie schaut so ein Scouting vor Ort im Stadion aus?

Horst Quade
Ich bekomme den Auftrag vom Verein den Spieler XY zu beobachten. Dann sagt der Sportliche Leiter: „Schreib du mir mal was über den Spieler.“ – schreiben wohlgemerkt - und da beginnt auch schon die Akribie der Arbeit. Zu schreiben: „Der ist gut, den musst du verpflichten“, das ist zu oberflächlich. Man muss begründen, warum man ihn verpflichten sollte, wo seine Stärken, wo seine Schwächen sind, dass ist die Schwierigkeit in der Aufgabe. Das muss dann schriftlich niedergelegt werden. Viele denken, du fährst zum Fußball, guckst dir ein Spiel an und isst eine Bratwurst. Nein, nein, glauben Sie mir, dass ist 90 Minuten ernste Arbeit.

Du musst schon mächtig durchgeknallt sein, so was zu machen. Man muss den Spieler das ganze Spiel über hochkonzentriert beobachten und danach folgt die schriftliche Arbeit, die „Drecksarbeit“, niederzuschreiben wann der Spieler geboren ist, wie groß er ist und so weiter. Dann folgt die Benotung auf einer Skala von eins bis zehn, immer bezogen auf die einzelnen Stärken und Schwächen, immer mit Begründung. Das ist die Analyse, die Trainer und der sportliche Leiter brauchen. Wenn ich die Analyse abgegeben habe, frage ich auch nicht mehr nach dem Spieler. Dann ist die Sache für mich erledigt. Ich habe dann auch schon längst wieder einen neuen Auftrag und bin wieder unterwegs.

Dasselbe ist bei der Spielanalyse. Ich schlage dem Trainer bestimmte Dinge vor. Die Entscheidung diese Vorschläge anzunehmen liegt dann bei ihm. Du bist als Scout so gesehen ein Einzelgänger. Man hat nicht die tragenden Entscheidungen zu treffen. Ich liefere nur die Informationen. Wenn ich über einem Spieler geschrieben habe, dass man ihn verpflichten sollte, fährt der Sportliche Leiter oder der Trainer noch mal selbst hin. Erst nach meiner Empfehlung lohnt sich der Weg für die Verantwortlichen. Wenn man sich dann immer noch nicht ganz sicher ist, ob man den Spieler verpflichten möchte, dann muss noch ein Dritter hin. Und dafür haben wie weitere sehr qualifizierte Trainer wie Sven Demandt oder Michael Kulm. Da ist Teamwork entscheidend.

Interessant wird es auch, wenn es verschiedene Meinungen gibt. Letzte Saison ist Peter Kunkel zum Beispiel mal ein Innenverteidiger positiv aufgefallen, den ich mir auch noch einmal ansehen sollte. Mit hat der Spieler nicht gefallen. Also sollte Peter Kunkel sich den Spieler noch einmal ansehen. Bei der nächsten Sitzung sagte Peter Kunkel zu mir: „Horst, der Spieler hat in der 90. Minute das 1:1 geköpft…jetzt will ich aber ehrlich sein, der wurde aber auch erst zur 80. Minute eingewechselt!“.(lacht) Von der Chronologie her passte das. Im ersten Spiel war er gut, dann hat er schlecht gespielt und saß dann deswegen im dritten Spiel auf der Bank. Also haben alle recht gehabt. Wenn der Spieler aber jetzt ein Leistungsträger gewesen wäre, hätte der Trainer ihn wegen einer schlechten Partie sicherlich nicht auf die Bank gesetzt. Bei solchen Dingen muss man dann auch ein bisschen Fingerspitzengefühl haben und Erfahrung mitbringen.

Es ist auch interessant, dass man bei einem Spieler, den man gar nicht kennt, die besten Informationen aus der Fan-Kurve kriegt. Die Fans haben ein unglaubliches Gespür für Einsatzbereitschaft, Kampfkraft und Willensstärke. Die Leute in der Kurve wissen, wer beißt und wer nicht. Das gilt für solche Dinge. Aber für den Fan ist wiederum nicht entscheidend, ob ein Ball mit der Innen- oder Außenseite gespielt werden muss. Für den Zuschauer ist interessant, ob der Pass ankommt oder nicht. Es kommt ein Ball in den Winkel und der Torwart wehrt technisch schwach ab. Der Fan hingegen sagt sich, „Technik ist egal“ , Hauptsache gehalten.


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Und wenn ein beobachteter Spieler einfach mal einen schlechten Tag hat, erkennt man das auch?

Horst Quade
Ich glaube schon. Ich habe 25 Trainerjahre auf dem Buckel und glaube, dass wir Trainer auch ein Gespür dafür haben. Man sieht so was auch am Umgang der Mannschaft mit einem formschwachen Spieler. Wenn es der Platzhirsch ist, der eine schlechte Tagesform hat, der wird nicht „angekackt“. Ich weiß, wie ein Trainer mit einem guten Spieler umgeht. Außerdem kennt man in etwa schon vorher um welche Qualität es sich bei den Spielern handelt.


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Es kann ja durchaus unterschiedliche Ansatzpunkte geben, nach denen ein Spieler beurteilt wird. Stefan Lorenz hat in der letzten Saison als rechter Verteidiger beispielsweise kaum für Gefahr in der Offensive gesorgt, während er in der Defensive hervorragend abgeräumt hat. Das war ein Spielertyp, der in das taktische System von Lorenz Günter Köstner gepasst hat. Ein anderer Trainer sucht vielleicht einen Außenverteidiger mit Druck nach vorn.
Bekommt der Scout also die Anweisung, auf bestimmte Eigenschaften eines Spielers besonders zu achten?

Horst Quade
Solche Dinge sind deutlich in unserer Datenbank vorgegeben. Was dann folgt ist Teamwork.
Der Trainer und der Sportliche Leiter sind für die Auswahl der Neuzugänge verantwortlich. Auf dieser Ebene muss also das Zusammenspiel zwischen Trainer und Sportlichem Leiter erfolgen.


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Der Scout versucht also immer, in seinen Berichten ein Gesamtbild des Spielers zu zeichnen und beschränkt sich nicht auf bestimmte Eigenschaften?

Horst Quade
Man kennt ja das Anforderungsprofil des Trainers für die bestimmte Position.
Ein Lorenz-Günter Köstner hat natürlich ein ganz anderes Anforderungsprofil als ein Uwe Neuhaus oder Heiko Bonan.

Es gibt ja auch nicht nur den schriftlichen Bericht über den Spieler, wir unterhalten uns bei unseren Sitzungen ja auch. Und da wird der Trainer dann fragen, ob z.B. ein rechter Verteidiger Druck entwickeln kann. Das wird dann alles in die endgültige Bewertung einfließen. Wenn ein Trainer einen rechten Verteidiger sucht, der hinten dicht machen und gar nicht ins Mittelfeld aufrücken soll, wird er einen Stefan Lorenz nehmen. Ein anderer Trainer spielt ein anderes Spielsystem und der rechte Außenverteidiger soll zur Grundlinie durchmarschieren, wie z.B. Tim Erfen. Das ist das Anforderungsprofil von Heiko Bonan für einen Spieler auf dieser Position, und Erfen passt in seiner Art und Weise auf diese Vorgabe.


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Welche Ligen scoutet RWE denn?

Horst Quade
In erster Linie wird die Liga beobachtet, der man gerade zugehörig ist und in der man auch seine Gegner beobachtet. Auch um Fahrtkosten zu sparen wird die Gegnerbeobachtung mit der Spielerbeobachtung kombiniert. Wir beobachten immer den nächsten Gegner und überlegen dann, was auf dem Weg liegt und was man sich anschauen kann.
Irgendwann wird man die Tabelle analysieren und dann vor dem Hintergrund der Zusammenlegung der Regionalligen auch den Bereich der Regionalliga Süd abdecken, weil dort natürlich viele Spieler von den nicht qualifizierten Vereinen auf den Markt kommen werden. Einen gewissen Bereich der zweiten Liga muss man auch abdecken, wobei wir da nicht nach Köln oder Mönchengladbach fahren brauchen. Da wird man sich auf die Vereine konzentrieren, bei denen sich abzeichnet, dass sie absteigen könnten.


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Wie kommt Rot-Weiss dann an einen Spieler wie Vincent Wagner, der aus der Verbandsliga in Mecklenburg-Vorpommern kommt?

Horst Quade
Das lag auch auf dem Weg, aber das war ich nicht. Ich habe aber den Bericht gelesen, und ich kenne den Mann, der ihn beurteilt hat. Er ist als Perspektivspieler geholt worden, und ich denke, dass war mittelfristig ein guter Schachzug. Der Junge muss sich jetzt erstmal an die neue Situation gewöhnen. Er ist von 0 auf 100 gelaufen und muss sofort in der Regionalliga ran. Ich kann mir schon ganz gut vorstellen, wie es bei einem solchen Jungen im Kopf rumort, wenn er auf einmal vor 16.000 Zuschauer spielt. Das braucht sicherlich Zeit, aber von den Grundvoraussetzungen Dynamik, Schnelligkeit, Körperbau bringt er das mit, was er braucht, um sich zu entwickeln. Es war also kein Zufall mit Vincent Wagner. Das war eines von diesen gewollten Nebenprodukten im Souting-System. Man war sowieso in der Region und hatte einen Tipp bekommen. Diese Tipps gehen natürlich meistens über die Schiene Sportlicher Leiter. Vincent Wagner war also auf jeden Fall kein Zufallstreffer.


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So Talente wie Miroslav Klose, der aus der Bezirksliga kam, sind natürlich schwer zu finden. Die Nadel im Heuhaufen?

Horst Quade
Er ist aber damals aber auch über Kaiserslautern II nach oben gekommen. Er ist ja nicht von der Bezirksliga aus direkt Nationalspieler geworden. Aber das ist das beste Beispiel, welches ich hier auch oft benutze. Es gibt Ausnahmen, ganz klar. Es gibt aber auch ein, ich nenne es mal, natürliches Scouting: Die besten Spieler aus Essen spielen zum Beispiel bei RWE oder beim ETB.

Genauso spielen die besten aus Remscheid beim FC Remscheid. Da brauch ich mir also eigentlich gar keine Mannschaft in Remscheid sehen, die unter dem FC spielt, weil der FC selbst schon vorher selektiert hat. Da muss man einen Filter setzen und sich fragen, wo man anfängt zu scouten. Die anderen Vereine machen an dieser Stelle ja quasi schon ein kostenloses Vorscouting. Dann gibt es noch den DFB, über den findet im Form der Auswahlmannschaften ein ähnliches Vorscouting statt. Da spielen dann, Ausnahmen gibt es natürlich immer, die besten eines Jahrgangs für ihren Landesverband. Wenn im August oder September mit dem Länderpokal quasi die Talentschau des deutschen Fußballs in Duisburg stattfindet, ist das für jeden Scout ein absoluter Pflichttermin. Insgesamt ist unser Scouting sehr flächendeckend.


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Für solche Glücksfälle braucht man sicherlich gute Kontakte, um von Leuten aus der Gegend entscheidende Tipps zu erhalten?

Horst Quade
Ja, aber wir haben ja auch ein Informationsnetz gezogen. Olaf Janßen war Profi in Köln und Frankfurt und kennt mit Sicherheit aus der Zeit noch genug Experten, die heute in der ganzen Republik verstreut leben. Er war in München Trainer und kennt dort ebenfalls Insider Leute. Ich komme gebürtig aus Norddeutschland und habe auch viele Kontakte zu Trainern, die zumindest im oberen Amateurbereich Trainer sind. Wir haben auch freundschaftliche Kontakte nach Polen, Tschechien oder Litauen. Die Kontakte zu pflegen und zu nutzen ist auch eine Fleißarbeit. Man kriegt Anrufe mit Tipps, aber man muss auch mal anrufen und gezielt nachfragen, ob jemand einen bestimmten Spielertyp kennt. Und wenn man dann aus diesem Netzwerk einen Tipp bekommen hat, nimmt man den wahr – nach Möglichkeit wenn es auf der Strecke liegt.

Wenn ich in unserer Datenbank auf die Kennung 7 drücke, bekomme ich eine Liste von den Spielern, die in Sichtung sind, und das sind etwa 150 Spieler, die wir abarbeiten müssen.
Ich habe heute weitere Spieler in die Datenbank eingepflegt, und wenn da ein 19 Jahre alter Mittelstürmer mit einer Größe von 1,92m ist, bekommt er direkt die entsprechende Kennung. Oder ich sehe einen linken Außenverteidiger, der Bayern München nach der A-Jugend verlässt. Der kommt direkt in die Sichtung, egal, wo er innerhalb der ersten drei Ligen hinwechselt, weil ich weiß, dass er eine optimale Ausbildung genossen hat und gute Linksfüße immer schwer zu finden sind. Wenn der Manager jetzt sagt, welche linken Außenverteidiger haben wir auf Sieben, dann habe ich gleich auf den ersten Blick 25 Spieler, die die Vorrausetzungen erfüllen. Wenn ich dann einen Kontaktmann habe, der in der Nähe seines neuen Vereins wohnt, dann rufe ich ihn zu gegebener Zeit an und bekomme schon mal eine Grundinfo.


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Sie sammeln auch Informationen zum Umfeld oder Charakter eines Spielers. Solche Dinge kann man ja im Spiel nicht sehen. Um so etwas zu erfassen, sind Kontakte sicherlich auch sehr wichtig?

Horst Quade
Richtig. Wenn man etwas über den Charakter eines Spielers erfährt, dann fließt das auch in die Berichte ein. Aber das soll nicht oben anstehen, das sind für die Scouting-Arbeit eher Nebeneffekte.


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Ein Fan stellt sich ihren Job sicherlich traumhaft vor. Man denkt vielleicht, der Horst Quade, der fährt so ein bisschen durch die Weltgeschichte, guckt sich mal ein Spiel und Olaf Janßen lässt sich dann ab und an mal berichten.

Horst Quade
Das würde sich auch gut anhören. Der Scout fährt ein bisschen rum, geht ins Stadion, isst mal ne Bratwurst und guckt sich die Spiele an. Wenn das mal so wäre…
Man muss von der Idee schon voll begeistert und davon überzeugt sein, dass es wichtig ist, was man da macht. Wie sieht so eine Fahrt denn aus? Man fährt zum Stadion, beobachtet sich das Spiel an und sitzt im Stau – vorher und nachher. Das Spiel entschädigt natürlich für vieles, aber wenn man da sitzt und 90 Minuten nur schreibt, dann ist man nach dem Spiel erstmal geschafft. Wo ich z.B. immer wieder bei Gegnerbeobachtungen meine Probleme kriege ist die Frage, wer wo beim Eckball steht. Die Spieler drehen sich ja nicht mit dem Rücken zu einem und rufen „Guck mal, Scout! Hier stehe ich!“. Der eine Spieler steht da, der Nächste rennt vor, der Nächste zurück, und die Trainer, gerade Lorenz-Günter Köstner, wollen genau wissen, wer wo steht.

Da entwickelt man dann Arbeitsweisen, um so etwas schneller zu erfassen. Ich arbeite z.B. nach dem Ausschlussprinzip und schreibe erstmal die auf, die nicht drin stehen. Dann notiere ich den Eckballschützen und den Spieler, der am Torwart steht, das sind dann schon vier, fünf Spieler. Dann kommt die Ecke und die übrigen fünf Spieler stehen logischerweise drin.
Auch solche Sachen werden alle schriftlich festgehalten. Da passiert nichts auf Zuruf. Eine Spielanalyse ist zig Seiten lang. Es gibt Skizzen, wer wo gespielt hat, taktische Aufstellung, Einwechslungen werden festgehalten, wie sie die Mannschaft positionell nach den Auswechslungen verändern und meistens wird während des Spiels das Spielsystem auch ein bisschen variiert. Da muss man erstmal Minutenlang notieren, wer jetzt wo spielt.

So was ist nicht einfach nur mal eben ein bisschen Fußball gucken.


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