29.08.2013

Interview mit Ex-Keeper Hendrik Bonmann

von Redaktion

Nach dem Spiel gegen Viktoria Köln sprachen wir mit dem ehemaligen RWE-Torwart Hendrik Bonmann. Ein Gespräch über seine Zeit bei Rot-Weiss, Jürgen Klopp, das Training mit Roman Weidenfeller und die Stimmung an der Hafenstraße.

Hendrik BonmannJawattdenn.de:
Hallo Hendrik, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns genommen hast.

Hendrik Bonmann:
Kein Problem, sehr gerne.

Jawattdenn.de:
Vor einem Jahr warst Du „nur“ der A-Jugendtorhüter, jetzt hast du bereits Regionalligaerfahrung und bist Torhüter beim Champions-League-Finalisten. Ging Dir das im letzten Jahr manchmal alles ein bisschen zu schnell?

Hendrik Bonmann:
Ja, es ist wahnsinnig schnell gegangen, aber ich wollte und will meine Chancen natürlich auch nutzen. Ich saß jetzt beim ersten Bundesligaspiel auf der Bank, wenn mir das jemand vor einem Jahr erzählt hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt.

Jawattdenn.de:
Wie war das für Dich, als Dennis Lamczyk plötzlich suspendiert worden ist und Du als Nummer Eins im Tor nachgerückt bist?

Hendrik Bonmann:
Als ich in den Kasten kam, wurde er ja nicht suspendiert, sondern nur auf die Bank gesetzt, bzw. ich kam für ihn rein. Es war natürlich schon eine extreme Erfahrung. Ich war auf jeden Fall nervös vor dem ersten Spiel, es ging ja auch alles sehr schnell. Es hat sich ja alles innerhalb einer Woche entwickelt, also hatte ich gar nicht viel Zeit um nachzudenken. Ich habe das im Training gemacht, was ich immer gemacht habe als Jüngster: Meine Klappe gehalten, fleißig trainiert, Gas gegeben und versucht, den Trainer zu überzeugen. Der Trainer hat aber auch gesagt, ich bin jetzt nicht die Nummer Eins, sondern muss jeden Tag dafür kämpfen, dass ich weiter im Tor bleibe und das habe ich gemacht. Ich konnte mich voll auf den Fußball konzentrieren und musste nicht groß über andere Dinge nachdenken und das ist auch am Besten so.

Jawattdenn.de:
Hast du mit Dennis gesprochen?

Hendrik Bonmann:
Ja, auf jeden Fall bzw. er hat mit mir gesprochen. Er kam auf mich zu, was ich sehr toll fand, weil er jahrelang hier die Nummer Eins war und sich hier seine Lorbeeren verdient hatte. Es tat mir wirklich leid für ihn, dass er auf die Bank musste, aber natürlich wollte ich auch spielen. Er kam auf mich zu nach dem Spiel und sagte mir im Vier-Augen-Gespräch, dass jetzt etwas passiert ist, was nichts an unserem Verhältnis ändert. Wir würden weiterhin normal trainineren und beide zusammen Gas geben. Im Laufe der Monate haben wir uns richtig gut verstanden und telefonieren auch heute noch ab und zu. Als Torwart und Konkurrent kann man sich nicht besser verhalten. Er hat mir sehr geholfen und ich muss ihm meinen größten Respekt aussprechen.

Hendrik BonmannJawattdenn.de:
Mitte der letzten Hinrunde gab es Gerüchte, du hättest bereits einen Vertrag bei den Blauen unterschrieben. Hast du eine Vermutung, wie diese Gerüchte entstehen und wäre für dich als BVB-Fan dieser Verein in Gelsenkirchen überhaupt eine ernsthafte Option gewesen?

Hendrik Bonmann:
Es hat mich selber gewundert. Ich wusste auch überhaupt nicht, wo das herkommt, ich kann es mir absolut nicht erklären, wie dieses Gerücht entsteht. Ich weiß auch nicht was das soll. Das war absoluter Schwachsinn, vor allen Dingen gab es zu diesem Zeitpunkt noch nie irgendeinen Kontakt zwischen mir und Schlacke und von daher habe ich mich auch gar nicht dafür interessiert, da macht man sich überhaupt keine Gedanken drüber. Jeder im Verein wusste, dass das absoluter Quatsch war, aber auch wenn es von den Blauen kam, ist so etwas natürlich irgendwo auch eine Ehre. Einige Zeit später kam dann auch ein Angebot, aber das Dortmunder Angebot hat mir deutlich besser gefallen und wir waren auch in besseren Gesprächen. Hätte ich mich zwischen den beiden Vereinen entscheiden müssen, wäre die Entscheidung sowieso pro Dortmund gefallen.

Jawattdenn.de:
Wann und wie ist die Entscheidung gefallen, nach Dortmund zu gehen?

Hendrik Bonmann:
Die ist nach dem Velbert Spiel, nach dem letzten Hinrundenspiel, gefallen. Kurz vor Weihnachten habe ich mich für Dortmund entscheiden, die Gründe brauche ich kaum näher erklären. Ich saß jetzt in der letzten Woche in der Bundesliga auf der Bank, habe drei Drittligaspiele schon gemacht...

Jawattdenn.de:
Wie ist der Unterschied zwischen Regionalliga und Dritter Liga?

Hendrik Bonmann:
Der Unterschied ist schon extrem. Der Ball läuft viel runder, er hoppelt nicht so viel. Das ist ein anderer Fußball, die Vierte Liga ist mit Sicherheit etwas robuster und kämpferischer. In der Dritten Liga geht’s mehr auf Technik. Es macht einfach richtig Spaß, zu spielen. Selbst für mich als Torwart ist das echt anstrengend, allein im ersten Spiel habe ich wohl 25 Bälle lang geschlagen. Das ist genau die Herausforderung, die ich gesucht habe: Man wird ordentlich gefordert, und das macht einfach Bock!

Hendrik BonmannJawattdenn.de:
Du warst ja mit Borussia Dortmund im Trainingslager in Kirchberg (Kitzbühel). Wie ist der Unterschied zwischen dem Profitrainingslager zum Regionalligatrainingslager?

Hendrik Bonmann:
Ein Regionaltrainingslager habe ich ja nie miterlebt. Es war mein erstes Trainingslager, es war auch Trainingsauftakt zugleich, und dementsprechend noch nicht ganz so anstrengend. Man wohnt in einem hervorragenden Hotel, in dem man jeden Tag ein optimal auf das Training abgestimmte Essen bekommt. Man bekommt alles gestellt, eigentlich muss man sich um gar nix kümmern. Wir trainieren jeden Tag auf einem feinen Platz vor 500 Zuschauern, das macht einfach Spaß. Jeder bekommt alles, was er braucht, es ist fast wie zu Hause (lacht). Unter dem Strich läuft es höchst professionell ab, da merkt man schon, dass da die besten Fußballer Deutschlands spielen.

Jawattdenn.de:
Wie ist denn Jürgen Klopp?

Hendrik Bonmann:
(lacht) Der Hammer!

Jawattdenn.de:
Ist er im Training genauso impulsiv wie auf dem Spielfeld?

Hendrik Bonmann:
Nein. Im Training ist er wesentlich ruhiger, er beobachtet sehr viel, steht am Rand und korrigiert natürlich auch, aber einen großen Teil der Aufgaben übernimmt auch der Co-Trainer. Der ist auch ein super Kerl, korrigiert im Training direkt und fordert auch entsprechend von den Spielern. Das bringt die Dortmunder dazu, sich immer weiter zu verbessern. Ansonsten zu Jürgen Klopp: Es ist einfach nur klasse, ihn kennenlernen zu dürfen. Er kam direkt auf mich zu, im Gegensatz zu vielen anderen Bundesligatrainern, die ihre Jugendspieler wohl kaum ansehen. Zwischendurch macht er natürlich auch mal Witze mit mir oder den anderen Spielern. Er hat einfach eine lockere Art und der wichtigste Punkt in meinen Augen ist, dass er sich selbst treu bleibt und sich niemals verstellt.

Jawattdenn.de:
Auf Pressekonferenzen haut er ja auch mal den ein oder anderen lustigen Spruch raus. Gibt es ein oder zwei Anekdoten, von denen du berichten kannst?

Hendrik BonmannHendrik Bonmann:
Wie gesagt, er haut in passenden Situationen immer mal wieder witzige Sprüche raus, aber übertreibt es damit auch nicht. Im Trainingslager war mein Pulli mal verschwunden, und war anscheinend in der Wäsche länger liegen geblieben, da er auch etwas nach Rasen roch. Als Jürgen Klopp an dem Pulli gerochen hat, meinte er: "Ja Hendrik, du musst auch mal Deo nehmen!"

Jawattdenn.de:
Als Fan im Westfalenstadion zu stehen hat schon jeder gemacht vor 80.000 Zuschauern. Wie ist es denn als Spieler?

Hendrik Bonmann:
Ich durfte ja bei dem Spiel gegen die Sat.1-Helden ran und es war schon geil, auf diesem Rasen überhaupt stehen zu dürfen und dann waren noch 50.000 Leute da. Es ist unglaublich und im Spiel konzentriert man sich zwar auf Spiel, aber man kriegt das Drumherum natürlich schon mit. Eigentlich spiele ich umso besser, je mehr Zuschauer da sind. Als BVB-Fan weiß ich das natürlich besonders Wert zu schätzen, weil ich auch vorher schon auf der Tribüne saß und den Spielern zugejubelt habe. Deshalb gebe ich auch gerne Autogramme und nehme mir Zeit für die Fans, weil ihre Leistung auch echt überragend ist.

Jawattdenn.de:
Wie gehst du damit um, dass du plötzlich mehr in der Öffentlichkeit stehst?

Hendrik Bonmann:
Ich kriege das ja eigentlich nur mit, wenn ich bei den Profis dabei bin. Im Trainingslager wurde ich auch schon erkannt, aber natürlich nicht von so vielen. Den anderen Spielern merkt man manchmal schon an, dass das anstrengend ist. Natürlich kommen die Fans von weit her angereist und wollen auch ein Autogramm haben, nur wenn man lange trainiert hat und schon 500 Autogramme gegeben hat, kann das 501. schon viel sein. Aber die erfahrenen Spieler bleiben dann einfach ruhig. Für mich ist die aktuelle Situation sehr angenehm, ich spüre keine Last, sondern weiß die Anerkennung zu schätzen. Ich will noch hoch hinaus und viel erreichen, aber es ist auch ein gutes Gefühl, das zu sehen, was man bereits erreicht hat.

Jawattdenn.de:
Du bist derzeit Dritter Torwart hinter Roman Weidenfeller und Mitchell Langerak. Wie ist es, mit den beiden zu trainieren?

Hendrik Bonmann:
Das Training unter Teddy De Beer macht richtig Spaß! Das ist ein echt lieber Kerl, und Mitch und Roman sind auch sehr nett und unterstützen mich. Man kann sich im Training eine Menge abgucken, von der Körpersprache, von der Ruhe, die ein Roman Weidenfeller in jeder Situation ausstrahlt. Jedes Training ist aufregend, weil das meine Idole sind. Es macht einfach Spaß, und spornt mich an, gute Leistungen zu zeigen und den beiden nachzueifern.

Jawattdenn.de:
Du hast jetzt im Sommer das Abitur gemacht. Wie sieht deine weitere Perspektive aus? Nur der Sport, oder machst du noch etwas „nebenher“?

Hendrik BonmannHendrik Bonmann:
Ich habe mir vorgenommen, mich das nächste oder vielleicht auch die nächsten beiden Jahre nur auf den Fußball zu konzentrieren. Falls ich nebenher noch etwas machen möchte, kann ich ja jederzeit ein Fernstudium oder ähnliches beginnen. Momentan bin ich durch das viele Training schon gut ausgelastet, und nutze auch meine freie Zeit, um früher beim Training zu erscheinen und mich vorzubereiten. Dann schiebe ein paar Extra-Schichten oder mache ein paar Einheiten im Kraftraum, um an meinem Körper zu arbeiten. So bleibt einem am Ende gar nicht mehr so viel Zeit. Letztlich lebt man sein Hobby als Beruf, und geiler geht es ja eigentlich gar nicht!

Jawattdenn.de:
Hast du ein paar abschließende Worte an die Rot-Weiss-Fans?

Hendrik Bonmann:
Ich wünsche euch viel Glück für die Saison weiterhin, und werde selbst häufig im Stadion mit dabei sein und mir die Spiele ansehen. Eigentlich muss ich gar nicht mehr viel sagen. Die Fans wissen selbst, dass sie hier in der Vierten Liga Einmaliges leisten. Das ist einzigartig in Deutschland, wahrscheinlich sogar auf der ganzen Welt. Allein die Stimmung gegen Viktoria Köln heute war wieder grandios. Deswegen komme ich auch so gerne hierhin, weil es einfach immer wieder ein Spektakel ist. Es ist beeindruckend, wie verrückt die Leute hier sind, egal ob Steh- oder Sitzplatz, mit ihrem Verein mitfiebern. Das ist einfach der Fußball, den ich liebe. Da sehe ich mir lieber Rot-Weiss im Stadion an, als Barcelona gegen Real Madrid im Fernsehen. Das hier ist richtiger Fußball! Ich bitte die Rot-Weiss-Fans, einfach so zu bleiben, wie sie sind und die Mannschaft wie immer weiter anzufeuern.

Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für deine Zukunft, Hendrik.



Das Interview führten Anja Offermann und Marcel Rotzoll