Interview mit Ex-Keeper Hendrik Bonmann
Nach dem Spiel gegen Viktoria Köln sprachen wir mit dem ehemaligen RWE-Torwart Hendrik Bonmann. Ein Gespräch über seine Zeit bei Rot-Weiss, Jürgen Klopp, das Training mit Roman Weidenfeller und die Stimmung an der Hafenstraße.
Jawattdenn.de:
Hallo Hendrik, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns genommen hast.
Hendrik Bonmann:
Kein Problem, sehr gerne.
Jawattdenn.de:
Vor einem Jahr warst Du „nur“ der A-Jugendtorhüter, jetzt hast du
bereits Regionalligaerfahrung und bist Torhüter beim
Champions-League-Finalisten. Ging Dir das im letzten Jahr manchmal alles
ein bisschen zu schnell?
Hendrik Bonmann:
Ja, es ist wahnsinnig schnell gegangen, aber ich wollte und
will meine Chancen natürlich auch nutzen. Ich saß jetzt beim ersten
Bundesligaspiel auf der Bank, wenn mir das jemand vor einem Jahr erzählt
hätte, hätte ich ihn für verrückt erklärt.
Jawattdenn.de:
Wie war das für Dich, als Dennis Lamczyk plötzlich suspendiert worden ist und Du als Nummer Eins im Tor nachgerückt bist?
Hendrik Bonmann:
Als ich in den Kasten kam, wurde er ja nicht suspendiert,
sondern nur auf die Bank gesetzt, bzw. ich kam für ihn rein. Es war
natürlich schon eine extreme Erfahrung. Ich war auf jeden Fall nervös
vor dem ersten Spiel, es ging ja auch alles sehr schnell. Es hat sich ja
alles innerhalb einer Woche entwickelt, also hatte ich gar nicht viel
Zeit um nachzudenken. Ich habe das im Training gemacht, was ich immer
gemacht habe als Jüngster: Meine Klappe gehalten, fleißig trainiert, Gas
gegeben und versucht, den Trainer zu überzeugen. Der Trainer hat aber
auch gesagt, ich bin jetzt nicht die Nummer Eins, sondern muss jeden Tag
dafür kämpfen, dass ich weiter im Tor bleibe und das habe ich gemacht.
Ich konnte mich voll auf den Fußball konzentrieren und musste nicht groß
über andere Dinge nachdenken und das ist auch am Besten so.
Jawattdenn.de:
Hast du mit Dennis gesprochen?
Hendrik Bonmann:
Ja, auf jeden Fall bzw. er hat mit mir gesprochen. Er kam auf
mich zu, was ich sehr toll fand, weil er jahrelang hier die Nummer Eins
war und sich hier seine Lorbeeren verdient hatte. Es tat mir wirklich leid für ihn, dass er auf die Bank musste, aber natürlich wollte ich
auch spielen. Er kam auf mich zu nach dem Spiel und sagte mir im
Vier-Augen-Gespräch, dass jetzt etwas passiert ist, was nichts an
unserem Verhältnis ändert. Wir würden weiterhin normal trainineren und
beide zusammen Gas geben. Im Laufe der Monate haben wir uns richtig gut
verstanden und telefonieren auch heute noch ab und zu. Als Torwart und
Konkurrent kann man sich nicht besser verhalten. Er hat mir sehr
geholfen und ich muss ihm meinen größten Respekt aussprechen.
Jawattdenn.de:
Mitte der letzten Hinrunde gab es Gerüchte, du hättest bereits
einen Vertrag bei den Blauen unterschrieben. Hast du eine Vermutung,
wie diese Gerüchte entstehen und wäre für dich als BVB-Fan dieser
Verein in Gelsenkirchen überhaupt eine ernsthafte Option gewesen?
Hendrik Bonmann:
Es hat mich selber gewundert. Ich wusste auch überhaupt nicht,
wo das herkommt, ich kann es mir absolut nicht erklären, wie dieses
Gerücht entsteht. Ich weiß auch nicht was das soll. Das war absoluter
Schwachsinn, vor allen Dingen gab es zu diesem Zeitpunkt noch nie
irgendeinen Kontakt zwischen mir und Schlacke und von daher habe ich
mich auch gar nicht dafür interessiert, da macht man sich überhaupt
keine Gedanken drüber. Jeder im Verein wusste, dass das absoluter
Quatsch war, aber auch wenn es von den Blauen kam, ist so etwas
natürlich irgendwo auch eine Ehre. Einige Zeit später kam dann auch ein
Angebot, aber das Dortmunder Angebot hat mir deutlich besser gefallen
und wir waren auch in besseren Gesprächen. Hätte ich mich zwischen den
beiden Vereinen entscheiden müssen, wäre die Entscheidung sowieso pro
Dortmund gefallen.
Jawattdenn.de:
Wann und wie ist die Entscheidung gefallen, nach Dortmund zu gehen?
Hendrik Bonmann:
Die ist nach dem Velbert Spiel, nach dem letzten
Hinrundenspiel, gefallen. Kurz vor Weihnachten habe ich mich für
Dortmund entscheiden, die Gründe brauche ich kaum näher erklären. Ich
saß jetzt in der letzten Woche in der Bundesliga auf der Bank, habe drei
Drittligaspiele schon gemacht...
Jawattdenn.de:
Wie ist der Unterschied zwischen Regionalliga und Dritter Liga?
Hendrik Bonmann:
Der Unterschied ist schon extrem. Der Ball läuft viel runder,
er hoppelt nicht so viel. Das ist ein anderer Fußball, die Vierte Liga
ist mit Sicherheit etwas robuster und kämpferischer. In der Dritten Liga
geht’s mehr auf Technik. Es macht einfach richtig Spaß, zu spielen.
Selbst für mich als Torwart ist das echt anstrengend, allein im ersten
Spiel habe ich wohl 25 Bälle lang geschlagen. Das ist genau die
Herausforderung, die ich gesucht habe: Man wird ordentlich gefordert,
und das macht einfach Bock!
Jawattdenn.de:
Du warst ja mit Borussia Dortmund im Trainingslager in Kirchberg
(Kitzbühel). Wie ist der Unterschied zwischen dem Profitrainingslager
zum Regionalligatrainingslager?
Hendrik Bonmann:
Ein Regionaltrainingslager habe ich ja nie miterlebt. Es war
mein erstes Trainingslager, es war auch Trainingsauftakt zugleich, und
dementsprechend noch nicht ganz so anstrengend. Man wohnt in einem
hervorragenden Hotel, in dem man jeden Tag ein optimal auf das Training
abgestimmte Essen bekommt. Man bekommt alles gestellt, eigentlich muss
man sich um gar nix kümmern. Wir trainieren jeden Tag auf einem feinen
Platz vor 500 Zuschauern, das macht einfach Spaß. Jeder bekommt alles,
was er braucht, es ist fast wie zu Hause (lacht). Unter dem Strich läuft
es höchst professionell ab, da merkt man schon, dass da die besten
Fußballer Deutschlands spielen.
Jawattdenn.de:
Wie ist denn Jürgen Klopp?
Hendrik Bonmann:
(lacht) Der Hammer!
Jawattdenn.de:
Ist er im Training genauso impulsiv wie auf dem Spielfeld?
Hendrik Bonmann:
Nein. Im Training ist er wesentlich ruhiger, er beobachtet sehr
viel, steht am Rand und korrigiert natürlich auch, aber einen großen
Teil der Aufgaben übernimmt auch der Co-Trainer. Der ist auch ein super
Kerl, korrigiert im Training direkt und fordert auch entsprechend von
den Spielern. Das bringt die Dortmunder dazu, sich immer weiter zu
verbessern. Ansonsten zu Jürgen Klopp: Es ist einfach nur klasse, ihn
kennenlernen zu dürfen. Er kam direkt auf mich zu, im Gegensatz zu
vielen anderen Bundesligatrainern, die ihre Jugendspieler wohl kaum
ansehen. Zwischendurch macht er natürlich auch mal Witze mit mir oder
den anderen Spielern. Er hat einfach eine lockere Art und der wichtigste
Punkt in meinen Augen ist, dass er sich selbst treu bleibt und sich
niemals verstellt.
Jawattdenn.de:
Auf Pressekonferenzen haut er ja auch mal den ein oder anderen
lustigen Spruch raus. Gibt es ein oder zwei Anekdoten, von denen du
berichten kannst?
Hendrik Bonmann:
Wie gesagt, er haut in passenden Situationen immer mal wieder
witzige Sprüche raus, aber übertreibt es damit auch nicht. Im
Trainingslager war mein Pulli mal verschwunden, und war anscheinend in
der Wäsche länger liegen geblieben, da er auch etwas nach Rasen roch.
Als Jürgen Klopp an dem Pulli gerochen hat, meinte er: "Ja Hendrik, du
musst auch mal Deo nehmen!"
Jawattdenn.de:
Als Fan im Westfalenstadion zu stehen hat schon jeder gemacht vor 80.000 Zuschauern. Wie ist es denn als Spieler?
Hendrik Bonmann:
Ich durfte ja bei dem Spiel gegen die Sat.1-Helden ran und es
war schon geil, auf diesem Rasen überhaupt stehen zu dürfen und dann
waren noch 50.000 Leute da. Es ist unglaublich und im Spiel konzentriert
man sich zwar auf Spiel, aber man kriegt das Drumherum natürlich schon
mit. Eigentlich spiele ich umso besser, je mehr Zuschauer da sind. Als
BVB-Fan weiß ich das natürlich besonders Wert zu schätzen, weil ich auch
vorher schon auf der Tribüne saß und den Spielern zugejubelt habe.
Deshalb gebe ich auch gerne Autogramme und nehme mir Zeit für die Fans,
weil ihre Leistung auch echt überragend ist.
Jawattdenn.de:
Wie gehst du damit um, dass du plötzlich mehr in der Öffentlichkeit stehst?
Hendrik Bonmann:
Ich kriege das ja eigentlich nur mit, wenn ich bei den Profis
dabei bin. Im Trainingslager wurde ich auch schon erkannt, aber
natürlich nicht von so vielen. Den anderen Spielern merkt man manchmal
schon an, dass das anstrengend ist. Natürlich kommen die Fans von weit
her angereist und wollen auch ein Autogramm haben, nur wenn man lange
trainiert hat und schon 500 Autogramme gegeben hat, kann das 501. schon
viel sein. Aber die erfahrenen Spieler bleiben dann einfach ruhig. Für
mich ist die aktuelle Situation sehr angenehm, ich spüre keine Last,
sondern weiß die Anerkennung zu schätzen. Ich will noch hoch hinaus und
viel erreichen, aber es ist auch ein gutes Gefühl, das zu sehen, was man
bereits erreicht hat.
Jawattdenn.de:
Du bist derzeit Dritter Torwart hinter Roman Weidenfeller und Mitchell Langerak. Wie ist es, mit den beiden zu trainieren?
Hendrik Bonmann:
Das Training unter Teddy De Beer macht richtig Spaß! Das ist
ein echt lieber Kerl, und Mitch und Roman sind auch sehr nett und
unterstützen mich. Man kann sich im Training eine Menge abgucken, von
der Körpersprache, von der Ruhe, die ein Roman Weidenfeller in jeder
Situation ausstrahlt. Jedes Training ist aufregend, weil das meine Idole
sind. Es macht einfach Spaß, und spornt mich an, gute Leistungen zu
zeigen und den beiden nachzueifern.
Jawattdenn.de:
Du hast jetzt im Sommer das Abitur gemacht. Wie sieht deine weitere
Perspektive aus? Nur der Sport, oder machst du noch etwas „nebenher“?
Hendrik Bonmann:
Ich habe mir vorgenommen, mich das nächste oder vielleicht auch
die nächsten beiden Jahre nur auf den Fußball zu konzentrieren. Falls
ich nebenher noch etwas machen möchte, kann ich ja jederzeit ein
Fernstudium oder ähnliches beginnen. Momentan bin ich durch das viele
Training schon gut ausgelastet, und nutze auch meine freie Zeit, um
früher beim Training zu erscheinen und mich vorzubereiten. Dann schiebe
ein paar Extra-Schichten oder mache ein paar Einheiten im Kraftraum, um
an meinem Körper zu arbeiten. So bleibt einem am Ende gar nicht mehr so
viel Zeit. Letztlich lebt man sein Hobby als Beruf, und geiler geht es
ja eigentlich gar nicht!
Jawattdenn.de:
Hast du ein paar abschließende Worte an die Rot-Weiss-Fans?
Hendrik Bonmann:
Ich wünsche euch viel Glück für die Saison weiterhin, und werde
selbst häufig im Stadion mit dabei sein und mir die Spiele ansehen.
Eigentlich muss ich gar nicht mehr viel sagen. Die Fans wissen selbst,
dass sie hier in der Vierten Liga Einmaliges leisten. Das ist
einzigartig in Deutschland, wahrscheinlich sogar auf der ganzen Welt.
Allein die Stimmung gegen Viktoria Köln heute war wieder grandios.
Deswegen komme ich auch so gerne hierhin, weil es einfach immer wieder
ein Spektakel ist. Es ist beeindruckend, wie verrückt die Leute hier
sind, egal ob Steh- oder Sitzplatz, mit ihrem Verein mitfiebern. Das ist
einfach der Fußball, den ich liebe. Da sehe ich mir lieber Rot-Weiss im
Stadion an, als Barcelona gegen Real Madrid im Fernsehen. Das hier ist
richtiger Fußball! Ich bitte die Rot-Weiss-Fans, einfach so zu bleiben,
wie sie sind und die Mannschaft wie immer weiter anzufeuern.
Jawattdenn.de:
Vielen Dank für das Gespräch und alles Gute für deine Zukunft, Hendrik.
Das Interview führten Anja Offermann und Marcel Rotzoll