Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert
Keine Woche dauert es mehr, bis die Leidenszeit der rot-weissen Fußballfreunde ein Ende hat und der Ball wieder rollt. Um die Wartezeit aber auch auf der Zielgeraden der Winterpause erträglicher zu gestalten, bot die Fan- und Förderabteilung (FFA) des Vereins am gestrigen Dienstag eine Besichtigung der Dauerausstellung „Essen – Geschichte einer Großstadt im 20. Jahrhundert“ an.
Der Begriff „Dauerausstellung“ mag in diesem Zusammenhang korrekt sein, bringt aber doch eine gewisse Ironie mit sich, wenn man sich die Problematik rund um das Haus der Essener Geschichte (ehemalige Luisenschule) vor Augen hält:
Im Jahr 2009 ist das Stadtarchiv - wie die alte Luisenschule nach dem Umzug allerdings nicht genannt wird, da dort auch weitere historische Vereine (Hindenburger Heimatsammlung, der Historische Verein für Stadt und Stift Essen, Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde) untergebracht sind - von der Steeler Straße zum Bismarckplatz gezogen. Wo seinerzeit viel Geld investiert wurde, um einen Teil der Essener Geschichte abbilden zu können, steht heute eine mehr als ansehnliche Ausstellung über die letzten 100 Jahre unserer Stadtgeschichte. Die Krux an der Sache ist jedoch, dass es kaum Möglichkeiten gibt, sich diese vor Augen zu führen. Während es vor nicht allzu langer Zeit noch einen festen Termin in der Woche gab, an dem die Dauerausstellung für jedermann frei zugänglich war, lässt sie sich mittlerweile nur noch nach einer Gruppenbuchung besuchen. Gründe dafür sind - wie so oft - Sparmaßnahmen und Auflagen zur Sicherheit. So müssten bei einer Öffnung ohne Führung mindestens 3-4 Aufsichten anwesend sein, um alle Räumlichkeiten im Blick zu haben. Mehr dazu hier...
Ebenso wurde ein Ausbau der Ausstellung zum Zweiten Weltkrieg in Essen mit Schwerpunkt Bombenkrieg im Keller des Gebäudes aus finanziellen Gründen vorerst aufs Eis legt.
Trotz oder gerade wegen diesen Umständen nahm meine Wenigkeit mit großer Freude an dem kulturellen Angebot der FFA teil und verfolgte das Geschenen unter der Leitung von FFA-Vorstandsmitglied Karsten Plewnia, dem ich an dieser Stelle eine großes Lob für sein Engagement im Verein und die hervorragende Führung ausstellen möchte.
Begonnen hat der Rundgang im Foyer meiner alten Penne. Wo ich damals noch hoffnungsvoll auf den Vertretungsplan starrte, fesselten mich nun zahlreiche Ausstellwände über unsere Heimat. Große Karten aus einer Zeit, in der selbst Georg Melches noch nicht an Fußball dachte. Interessante Übersichten zur Verteilung der Zechen im gesamten Stadtgebiet. Plakate, welche die schönsten Seiten Essens beworben haben und Bilder aus glücklicherweise vergangenen Zeiten. Kanonenstadt, Einkaufsstadt, grüne Stadt – so stellte man sich im Laufe der Zeit selbst dar. Gerade erstgenannte Bezeichnung, die Profilierung als „Waffenschmiede des Reiches“, hatte allerdings fatale Auswirkungen und war unter anderem Grund für die schweren Zerstörungen im 2. Weltkrieg.
So bildet die NS-Zeit und die dazugehörige Vorgeschichte auch den größten Teil der Ausstellung, bevor eine große Wand mit der Abbildung unserer Meistermannschaft und der originale Spielball aus Hannover die Herzen aller Rot-Weissen höher schlagen lassen. Die zahlreichen Nebengeschichten zu den einzelnen Themengebieten und Bildern von unserem Guide machten die Führung erst zu etwas wirklich Besonderem. Oder wer wusste schon, dass im Jahre 1955 Bahnsteigkarten verkauft worden sind, die zum Empfang der Meistermannschaft am Gleis berechtigten?
Auch auf die musikalische Vergangenheit der Stadt - welche Karsten Plewnia aufgrund der legendären Essener Songtage als Woodstock Europas bezeichnete – wurde kurz eingegangen. Einen runden Abschluss bildeten dann noch einige Ausführungen zur Neuzeit mit dem Highlight des Kulturhauptstadtjahres.
Jedem, der ein gewisses Interesse für seine Heimatstadt aufbringen kann, sei diese modern aufgebaute und mit zahlreichen Exponaten bestücke Ausstellung wärmstens ans Herz gelegt.
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