Der Szenenkundige Beamte
Das Aufgabenfeld der so genannten Szenenkundigen Beamten (SKB) ist per
Erlass festgesetzt. In erster Linie werden die Beamten zur
Informationsbeschaffung über die Struktur und Aktionen der Fanszene
eines jeden Fußballklubs eingesetzt. Die Polizisten sollten in der Lage
sein Problemfälle präzise benennen zu können und sie auch persönlich zu
kennen. Sie fungieren darüber hinaus als Ansprechpartner und suchen
aktiv den Kontakt zu den Fans. Zuletzt setzten sie sich beim Fandialog
am 24. Mai mit Vertretern der Fanszene zusammen.
Wir waren zu Besuch bei den Essener Beamten Jens Müller und Michael
Schäfer und das Büro beeindruckt bereits. Wer sterile Büroräume oder
Wände mit gesuchten Verbrechern erwartet, ist hier falsch. Alles
erscheint hier in Rot und Weiß, was natürlich sehr sympathisch ist.
Einige Wimpel anderer Vereine schmücken die Wand ebenfalls. Es sollen
weitere hinzu kommen, versichern die Polizisten einmütig. Die Atmosphäre
ist unverkrampft und locker. Auch die Beschäftigung mit der in der
Öffentlichkeit oft düster gezeichneten Fanszene von Rot-Weiss Essen hält
die beiden nicht davon ab, Fan von RWE zu sein.
Der Spieltag ist gleichzeitig Einsatztag für die beiden. Sicherlich
nicht die beliebteste Arbeitszeit für viele andere. „Dafür haben wir
unter der Woche frei.“ bemerkt Michael Schäfer ironisch. In Zeiten
knapper Kassen leistet sich auch Essen natürlich keine Wochenendbeamten
und Jens Müller berichtet von den weiteren Tätigkeitsfeldern: „Sobald
Straftaten im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen, egal ob im Amateur-
oder Leistungsbereich zur Anzeige gebracht werden, landen die Fälle auf
unserem Schreibtisch.“ Dabei müssen die beiden nicht nur in Essen,
sondern auch in Mülheim ermitteln, da die Polizei der beiden Städte
zusammengelegt worden ist.
Die Haupteinsatzbereiche sind jedoch Fußball, insbesondere Rot-Weiss
Essen. Daneben sind sie regelmäßig beim VfB Speldorf. Auch beim ETB
schauen sie hin und wieder vorbei, doch dort ist zumeist kein großes
Risikopotenzial vorhanden. Auch die Moskitos besuchen sie zu
Risikospielen, alle anderen Sportarten werden für gewöhnlich nicht
aufgesucht. „Aus dem Basketball und Handball halten wir uns heraus.“
versichert Michael Schäfer.
Unter der Woche werden die Fälle vom Wochenende bearbeitet. Nicht RWE,
sondern Ausschreitungen bei den Amateurbegegnungen bereiten den Beamten
die meiste Arbeit. „Wenn es in einer Amateurliga einen Spielabbruch mit
Massenschlägerei gab, dann brauchen wir oft mehrere Wochen bis wir alle
Beteiligten vernommen haben.“ gibt Jens Müller zu Protokoll. Die
Delinquenten von RWE werden jedoch ebenfalls unter der Woche angehört.
Neben dem (Spiel-)Tagesgeschäft begleiten die SKB die Fans auch bei
darüber hinaus gehenden Aktionen. „Bei der Demo sind wir ebenfalls vorab
informiert und liefern den Einsatzkräften die Informationen über die
Teilnehmer.“ sagt Michael Schäfer. Bei allen anderen Aktionen versuchen
sie ebenfalls dabei zu sein. Der Umgang miteinander scheint nicht gerade
schlecht zu sein. So wurde das während der WM stattfindende
Fußballturnier des Essener Fanklubs „Brigade“, nach Rücksprache mit dem
Ausrichter, besucht. Hier konnte ungezwungen - ohne dienstlichen Anlass –
gemeinsam gequatscht und eine Wurst gegessen werden. Da dies aber nicht
allen Teilnehmern kommuniziert wurde, kam kurzerhand Ärger auf. „Die
glaubten, dass wir sie doch tatsächlich auch in ihrer Freizeit unter die
Lupe nehmen wollten.“ schmunzelt Michael Schäfer.
Die beiden SKB sind unentbehrlich für die Durchführung des Spieltages
auf Seiten der Polizei. Sie sind informiert und innerhalb der Essener
Fanszene bekannt. Die bekennenden RWE-Fans verrichten ihren Job mit sehr
viel Verständnis für die Bedürfnisse der Fans, das wird in dem Gespräch
deutlich. Dabei sind sie für jedes Gespräch zu haben, das betont Jens
Müller noch einmal: „Wir sind bekannt und wenn Fragen sind, kann uns
jeder gerne ansprechen.“