12.11.2012

"Absolut entspannt" - Interview mit Michael Welling 2012 - Teil IV

Jawattdenn.de
Wie ist der Stand der Dinge bezüglich der FFA?

Dr. Welling:
Man ist noch dabei, Mitglieder zu werben. Das Ganze steht und fällt natürlich mit der Beteiligung der Fans. Genau bei Fragen wie dem DFB-Sicherheitspapier ist es wichtig, dass es eine solche Institution gibt und man die Angelegenheiten aus der Sicht der Fans positiv gestaltet. Das Thema Fans ist schon immer ein großes bei Rot-Weiss Essen gewesen, und die FFA wäre eine weitere Säule neben Lothar und dem AWO-Fanprojekt.

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Die zweite Mannschaft ist sportlich inzwischen wieder in die Erfolgsspur zurückgekehrt. Zwischenzeitlich machte die Mannschaft keinen guten Eindruck: Disziplinlosigkeiten, eine Suspendierung, einige Platzverweise in Kombination mit einer schwachen Trainingsmoral, wenn der beruflich stark eingebundene Coach mal eine Einheit absagen musste, ließen den Eindruck zu, dass die sportlichen Ziele zu hoch gesteckt wurden. Teilen Sie diesen Eindruck? Und ist der Verzicht auf einen Co-Trainer gemessen am Saisonziel nicht ein Sparen am falschen Ende?

Zwote gucken Dr. Welling:
In den ersten Spielen war es sicherlich so, dass sich die Mannschaft noch nicht so präsentierte, wie wir uns das wünschen, wobei ich die Rote Karte aus Burgaltendorf mal ausklammern würde. Hier kann man diskutieren, ob das überhaupt ein Platzverweis war. Positiv formuliert: Die Jungs haben sich auf Asche gewehrt! Da muss man über den Kampf kommen, denn in dieser Liga will jeder gewinnen, wenn Rot-Weiss Essen kommt. Dabei lief aber zu Beginn noch nicht alles rund. In den letzten Wochen hat die Mannschaft jedoch diesen Kampf angenommen, aber gleichzeitig Ordnung und Disziplin gehalten.

Zum Thema Co-Trainer: Wir hatten uns vor der Saison ein Konstrukt überlegt, das noch nicht funktionierte. Es scheitert nicht an 50 Euro für einen Co-Trainer, wir haben uns das anders gedacht und bestimmte Entwicklungen beruflicher Natur waren beim Holger Stemmann vorher noch nicht abzusehen. Die Situation wird sich aber im Laufe der Zeit verbessern, das Training hat darunter aber nicht gelitten, das wäre ein Alibi für den schlechten Saisonstart.

Jawattdenn.de:
Gibt es einen Grund, weshalb z.B. Lukas Lenz trotz weniger Einsatzminuten in der Regionalliga nie in der Zwoten Spielpraxis sammelt?

Dr. Welling
:
Man muss sich immer gut überlegen, wen man runterschickt und wie das von anderen aufgenommen wird. Außerdem wollen wir natürlich auch nicht, dass sich die Spieler der ersten Mannschaft in der Landesliga verletzen. Im Moment haben wir im Offensivbereich immer Marcel Schlomm unten, weil er ein ganzes Stück jünger ist. Aber wenn er und Lukas sich mal gleichzeitig verletzen sollten, dann hätten wir nur noch drei Stürmer für die Regionalliga-Mannschaft. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass Lukas auch mal unten spielt, aber aktuell ist das nicht notwendig. Zudem haben wir dort mit Zakarias Elauariachi, Berkay Öz oder Nikolai Lux junge Leute, die gut in der Offensive spielen.

Jawattdenn.de:
Gegen Wiedenbrück hat Waldemar Wrobel in der Schlussphase lieber Vincent Wagner nach vorne gestellt, als seine Stürmer Marvin Ellmann und Lukas Lenz einzuwechseln. Wie erleben Sie als Vorsitzender, aber auch als Fußballfan solche Situationen? Gehen Sie nach dem Spiel schon mal zum Trainer und lassen sich bestimmte Entscheidungen erläutern?

Dr. Welling:
Wenn man da oben sitzt und nur 90 Minuten sieht, hat man einen ganz anderen Blick auf die Mannschaft als der Trainer, der mit den Jungs die ganze Woche über und teilweise mehrere Stunden täglich zusammenarbeitet. In der konkreten Szene war ich, ehrlich gesagt, nicht mal ansatzweise überrascht. Wenn ich Trainer wäre, hätte ich vielleicht dasselbe gemacht. Die Option, Vince nach vorne zu ziehen, ist in den Tagen und Wochen zuvor immer mal wieder diskutiert worden. Solche Entscheidungen werden ja nicht aus dem Bauch heraus getroffen, sondern man überlegt sich vorher, wie man reagiert, wenn im Spiel bestimmte Situationen eintreffen. Meiner Meinung nach war diese Maßnahme komplett gerechtfertigt, denn als Vince vorne war, hatten wir dort eine ganz andere Präsenz. Das war auch nötig, schließlich hatten die Wiedenbrücker mit David Czyszczon und diesem anderen Riesen ganz schöne Kanten in der Abwehr!

Die Diskussion darüber habe ich sehr wohl wahrgenommen, aber für mich war sie komplett unverständlich. Es sind ja eben nicht drei Abwehrspieler für drei Stürmer gekommen, wie behauptet wurde. Als Guirino kam, wurde Grund nach vorne gezogen, der in dieser Saison 95 Prozent seiner Spiele offensiv bestritten hat. Als Dombrowka für Lemke kam, ist Telch auf rechts eine Position nach vorne gewechselt. Auch wenn er nominell Verteidiger ist, sind wir uns doch wohl einig, dass Christian unbestritten offensive Qualitäten hat.

In Kombination mit dem Positionswechsel von Wagner war das alles nachvollziehbar und richtig. Überspitzt könnte ich sagen: Wir hatten auch Spiele, wo in der Schlussphase Lukas und Elle eingewechselt wurden, um noch einmal etwas zu bewegen, und das hat nicht immer funktioniert. In Leverkusen zum Beispiel, wo wir ohnehin unglaublich gut waren und zum Schluss in der Offensive noch etwas mehr tun wollten, haben Lukas und Elle nicht unbedingt neues Feuer entfacht.

Jawattdenn.de:
Blicken wir noch auf den Niederrhein-Pokal: Was bleibt eigentlich bei einem solchen Pokalspiel nach Abzug der Kosten über?

Dr. Welling:
Grundsätzlich gibt es eine Einnahmenteilung, nachdem die Organisationskosten und die Abgabe für den Verband abgezogen sind. Uerdingen hat uns im vorigen Jahr eine Rechnung präsentiert über die Einnahmen abzüglich der Kosten, da guckt man dann drüber, ob alles in etwa hinkommt und nimmt dann etwa die Hälfte mit. Wie viel das ist, kann sich jeder selbst ausrechnen. Bei Heimspielen ist es etwas anders, weil wir auch mit anderen Kosten operieren. Gegen Lintorf zum Beispiel war der VIP-Bereich geöffnet, dementsprechend höhere Personalkosten hatten wir. Es bleibt am Ende schon etwas hängen, aber es muss eine Mindestanzahl von Zuschauern da sein, sonst lohnt sich das nicht.

Jawattdenn.de:
Ist schon klar, wo wir das Spiel gegen Hönnepel-Niedermörmter bestreiten? Es hieß ja von dort, man würde gerne das Heimrecht tauschen.

Dr. Welling:
Es ist ein Heimspiel für Hö-Nie. Ob das in Kleve stattfindet oder woanders, kann ich noch nicht sagen. Auf jeden Fall steht das Stadion Essen nicht zur Verfügung, weil am gleichen Tag die Damen der SGS ein Heimspiel haben.

Soll ich Ihnen übrigens noch eine Frage diktieren? Wenn Sie das Gespräch hinterher vom Band abtippen, ärgern Sie sich sonst, dass sie nicht nachgehakt haben...

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Jetzt sind wir aber gespannt, schießen Sie los!

Dr. Welling:
Sie haben vorhin durch die Hintertür versucht, mich nach meinem Vertrag und der Vertragsverlängerung zu fragen, aber so richtig drauf geantwortet hatte ich nicht.

Jawattdenn.de:
Dann können Sie das jetzt nachholen...

Dr. Welling:
Ich gehe stark davon aus, dass ich auch nach dem Vertragsende 2013 noch für Rot-Weiss Essen tätig sein werde.

Jawattdenn.de:
Das freut uns, wir hatten das aber vorhin schon aus Ihrer Aussage interpretiert. ;-)

Drei Fragen noch zum Schluss. Erstens, was macht das Marathon-Projekt?

Dr. Welling:
Zum Glück ist es ja nur ein Halbmarathon, aber ich habe große Angst. Letzte Woche war die Laufschuhberatung und die Bewegungsanalyse. Noch bin ich total euphorisch, aber noch haben wir uns ja auch nicht bewegt! (lacht) Das Training beginnt im Dezember und ich freue mich drauf, denn alleine hätte ich den Arsch vermutlich nicht hochgekriegt. Gute Vorsätze sind nicht so mein Ding. Insofern ist es gut, dass die Geschichte in der Öffentlichkeit stattfindet, denn andererseits bin ich zu stolz und zu eitel, als dass ich da jetzt einen Rückzieher machen würde!

Jawattdenn.de:
Zweite Frage: Uns ist aufgefallen, dass es in ihrem Büro noch sehr kahl und ungemütlich aussieht. Wie werden Sie denn demnächst Ihren Arbeitsplatz gestalten?

Zukünftiger Wandschmuck in Doc Wellings BüroDr. Welling:
An die Wand hinter mir kommt dieses Poster, nur in groß (siehe Foto). Ich weiß nur noch nicht, wie ich das befestigen soll. Es ist alles noch ein bisschen provisorisch und kahl, aber es wird!
An die andere Wand kommt übrigens die Karte, die den Weg der Mannschaft von Rot-Weiss Essen bei ihrer Südamerika-Reise 1954 beschreibt. Es handelt sich dabei um die Original-Karte mit den handschriftlichen Notizen von Paul Nikelski, die wir gerade rahmen lassen.

Jawattdenn.de:
Und zuletzt, was passiert mit den anderen Devotionalien aus der Vereinsgeschichte, die aus dem alten Stadion mitgenommen wurden? Gibt es schon für alles einen Platz?

Dr. Welling:
Bei einigen Dingen ist es schon klar, bei anderen noch nicht. Die beiden Wimpel und den Spielball vom Meisterschaftsfinale 1955 gegen Kaiserslautern wollen wir beispielsweise zunächst als Dauerleihgabe dem neuen DFB-Museum in Dortmund zur Verfügung stellen. Wir freuen uns sehr, dass wir dort präsent sein können. Angefragt hatte das Museum auch wegen der Kurzen Fuffzehn, aber da sind wir noch in Gesprächen. Sollte die Statue nach Dortmund gehen, würden wir gerne eine Kopie hierbehalten, weil es Überlegungen gibt, im Umfeld des Stadions die "kleine Gruga" neu zu errichten. Auch hier sind wir in Abstimmungsgesprächen mit der GVE. Gucken wir mal, was passiert...

Jawattdenn.de:
Herr Welling, wir bedanken uns sehr herzlich für dieses ergiebige Gespräch!



Das Interview führten Thomas Mollen , Michael Jaskolla und Oliver Perrey nach dem Spiel bei Viktoria Köln.