04.04.2012

Das Stadion bleibt Stadion - Ein Rundgang auf der Baustelle

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Am Montag den 2.4.2012 lud die GVE – also der Bauherr des neuen Stadions an der Hafenstrasse – zu einer außerordentlichen Baustellenbegehung ein. Unter kompetenter Führung war es uns möglich dem Herren von der GVE das ein oder andere interessante Detail zum Thema „Ein Stadion für Essen“ zu entlocken.

„Ein Stadion für Essen“ - unter diesem Titel wird seit geraumer Zeit hinter dem alten Georg-Melches Stadion ein neues Fußballstadion errichtet, das den technischen Ansprüchen von Profifußball in Deutschland gerecht wird. Am 31.3 war das Richtfest für das Stadion. Nur zwei Tage danach bot sich dem Team von Jawattdenn die Möglichkeit abseits der Feierlichkeiten einen Blick auf den Baufortschritt zu werfen.

Das Stadion bleibt Stadion

Die Hauptribüne Die erste frohe Kunde wollen wir dabei nicht länger vorenthalten: Die Verträge um die Namensgebung des neuen Stadions sind kurz vor dem Abschluss. Um welchen Sponsor es sich handelt wollte man uns noch nicht sagen – als sicher gilt jedoch das Rot-Weiss Essen in Zukunft in einem „Stadion“ und nicht in einer „Arena“ spielen wird. „Was wir hier bauen ist ein Fußballstadion und keine Arena. Deshalb wird es auch mit Sicherheit den Zusatz „Stadion im Namen tragen“ so der Mitarbeiter der GVE. Spätestens am 19. Mai soll dann auch der endgültige Name veröffentlicht werden.

Betritt man das Stadiongelände über die Sicherheitsschleuse fällt der erste Blick auf das riesig wirkende Warmgebäude das - derzeit voll eingerüstet - wie ein monströser Klotz unter der filigranen Dachkonstruktion „hängt“. Die offenen Seiten laden nahezu ein zu fragen, ob es in Zukunft eine Art Windschutz geben wird. Auch hier können wir nun positives vermelden. Die GVE und der Verein sind in Gesprächen mit Sponsoren die die offenen Seiten schließen könnten, um so weitere Werbeflächen zu generieren. Als Beispiel sei hier die Coface-Arena in Mainz genannt.

Transparentes Kunststoffdach mit LochplattenZwischen der neuen Haupttribüne und der Gästetribüne hat die GVE mittlerweile ein Teil der Dachkonstruktion als Muster errichtet. Die noch nackte Dachkonstruktion wird demnach nicht wie in Leverkusen nur mit transparenten Kunststoff bedeckt sondern zusätzlich mit einem gelochten Stahlblech verstärkt. Dies hat den Vorteil, dass zwar Licht durchdringt aber kaum störende Schatten das Sichtfeld zum Rasen beeinträchtigen, wie beispielsweise in der Frankfurter Fraport-Arena. Zudem ist das Dach damit stabil genug um begehbar zu sein. Dies spart störende „Catwalks“ - also die Wartungs- uns Versorgungswege die in den meisten bekannten Stadien unter der Dachkonstruktion angebracht sind. Die Flutlichtanlage, die zunächst mit einer Leistung von 800 Lux aufwarten kann, soll ebenfalls unter das Dach montiert werden. Trotz alledem ist es immer noch möglich das Stadiondach im Falle eines Ausbaus des Oberranges mit technisch relativ einfachen Mitteln anzuheben.

Vom Musterdach führte der Weg an den ersten noch brach liegenden Verkaufsständen vorbei auf die neue Gästetribüne. Hier bot sich der erste wirkliche Eindruck auf das was hier entsteht. Mit Blick auf die Ruine Georg-Melches-Stadion ergibt sich von hier ein Anblick, bei dem man sich sehr gut vorstellen kann, dass hier eines Tages der Ball auf dem saftigen Grün rollt und Tausende das Adiole mit lauter Stimme brüllen Selbst von weit oben hat man das Gefühl dem (späteren) Spielfeld nah zu sein. Zu schade, dass zunächst nur unsere Gästefans diesen Anblick genießen werden.

Vorrichtung für die AnzeigetafelUnter dem Dach ist bereits eine Halterung für eine moderne Anzeigetafel angebracht. Stand der Dinge heute ist das das Stadion eine Anzeigetafel erhalten wird – wenn auch nicht zwingend nötig in Liga 4. - sofern die Baukosten nicht überstiegen werden. Eine Anzeigetafel liegt momentan bei ca. 250.000€ Anschaffungskosten. Man zieht sogar in Betracht eine Mobile zu erwerben, um diese weiter zu verleihen, z.B. für Großevents wie Public-Viewing zur WM oder EM. 100% Sicherheit gibt es aber noch nicht, diese Anschaffung würde „just in time“ (also erst wenn es soweit ist) getätigt werden.

Dort, wo bald eine Rasenheizung vom neuen Geläuf im Essener Stadion bedeckt ist, soll am 12.August zum ersten Mal vor das Leder getreten werden. Entgegen aller Spekulationen werden jedoch weder Werder Bremen noch Austria Wien das Eröffnungsspiel gegen RWE austragen. Es soll ein Event für Essen werden in einem Stadion für Essen.

RWE wird gegen die „Auf Asche-Elf“ antreten, schließlich ist da noch einiges gut zu machen. Und auch die Damen der SG Schönebeck sollen an diesem „Tag auf Asche“ einen Gegner im neuen Stadion in Essen präsentieren können. Essener Teams in einem Stadion für Essen – einen würdigeren Rahmen gibt es wohl nicht für eine Stadioneröffnung in dieser Stadt.

Der Weg führte uns von der Gästetribüne nun ins Warmgebäude. Unterwegs passierten wir einen der zahlreichen Imbissstände. Übrigens werden alle Kioske komplett ausgebaut. Im fertigen Zustand können die bis zu 20.000 Stadionbesucher ohne lange Wartezeiten bedient werden. Allerdings werden immer nur so viele Verkaufsstände geöffnet sein wie tatsächlich benötigt – also dem Zuschauerzuspruch individuell angepasst. Eine sehr ökonomische Lösung.

Viel Platz für Geschäftsstelle, Fanshop und VIPsDas Warmgebäude selber ist sowohl von innen als auch von außen ein beeindruckender Bau. Von der kleinsten Abstellkammer, über die Geschäftsstelle bis hin zur großen VIP-Loge werden in Zukunft rund 100 Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Die neue Geschäftsstelle ist im westlichen Teil des Gebäudes untergebracht. In Zukunft werden Welling, Jamro, Dodt und Co dort deutlich entspannter arbeiten können. Zum einen steht deutlich mehr Platz zur Verfügung und zum anderen gibt es durch die Bauweise keine störenden Schrägen in den Räumen.

Im östlichen Teil des Erdgeschosses wird ein Fanshop samt Lager und Büro errichtet, der sowohl von außen als auch von innen zugänglich sein wird. Direkt daneben erstreckt sich der erste von insgesamt drei verschiedenen VIP-Bereichen. Für rund 1.000€ im Jahr können hier im Bereich „Kulturfreunde 97a“ die zahlenden Gäste den gehobenen Status Ihres Stadionbesuches genießen.

Die Frage nach einer Stadionkneipe konnten wir uns nicht verkneifen. Die diplomatische Antwort des GVE-Sprechers ließ nicht lange auf sich warten: „Der Verein hatte die Möglichkeit mitzubestimmen was wir hier drin bauen. Hätte der Verein eine KiTa gewollt – wir hätten sie gebaut, hätte der Verein ein Schwimmbad gewollt – wir hätten es gebaut und das gilt auch für eine Vereinskneipe. Unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit hätte sich eine Vereinskneipe jedoch nicht gelohnt. Im Prinzip kann man damit nur zwei mal im Monat etwas einnehmen. Das sieht man an der aktuellen Vereinskneipe. Ein weiteres absolutes Negativbeispiel ist die Stadiongaststätte in Aachen, die tief rote Zahlen schreibt. Wirtschaftlich wäre das nicht sinnvoll gewesen. Das muss man verstehen.“

Spielertunnel aus den KatakombenIn den Katakomben des Stadions sind eine große Mixed-Zone, Umkleidekabinen für die Heim- und Gastmannschaft und die Schiedsrichter, ein Presseraum und zahlreiche Serviceräume (Waschküche, Lager etc.) untergebracht. Selbst ein Raum für die Dopingkontrolle ist nach neusten Standards vorgesehen. Der Ausbau ist bereits im vollen Gange – insgesamt schuften zurzeit rund 120 Arbeiter auf der Essener Baustelle. Für den richtigen Innenausbau in naher Zukunft haben hauptsächlich Essener Firmen und Unternehmen aus der Region die jeweiligen Zuschläge bekommen – Balsam auf die Seelen aller Lokalpatrioten.

Über eines der zahlreichen Treppenhäuser führte uns der Weg nun in die erste Etage. In diesem Bereich hatte nur zwei Tage zuvor das Richtfest stattgefunden. Selbst der traditionelle Kranz hing noch am Gerüst des Daches. Auf einer Fläche von 83m x 15m wird hier der zweite VIP-Bereich entstehen. Der Businessbereich „Assindia“ wird 1.100 Menschen Platz bieten. Auch außerhalb von Spieltagen kann der Bereich genutzt und vermietet werden. Durch Raumteiler ist der Platz variabel gestaltbar und kann unterschiedlichsten Anlässen angepasst werden. Die Bestuhlung der Tribünen wird übrigens in jedem Falle rot-weiß sein. Welches Muster oder welchen Schriftzug man in der Bestuhlung erkennen wird ist übrigens noch unklar. Dies wird noch entschieden und muss auch den Mundlöchern der Tribüne angepasst werden. Doch den Fans wird nichts entgehen, denn in Zukunft soll eine dritte Web-Cam über den weiteren Baufortschritt informieren.

Der Ausbau der Logen hat auch schon begonnenDie letzte Station führte uns ins 2. Obergeschoss. Hier werden zurzeit die Logen ausgebaut. Jede der Logen wird dem Mieter für 40.000 € zur Verfügung gestellt und kostet in dem Falle, dass sie auch außerhalb von Spieltagen genutzt werden soll, nochmal 10.000 € mehr. Jeder Mieter muss sich für mindestens vier Jahre verpflichten. Eine der Logen erhält dabei die dreifache Grundfläche und soll einen großen Sponsor anlocken. Neben den Logen hat auch die Polizei in der oberen Etage eine Einsatzzentrale um das Geschehen auf den hoffentlich bald prall gefüllten Rängen im Auge haben zu können – Big Brother is watching you!

Hier endete die Führung über die Baustelle. Ein informativer Nachmittag war nach gut 2 ½ Stunden beendet und so ließen wir es uns nicht nehmen auf dem Rückweg das Gespräch noch einmal auf den Erhalt der Haupttribüne zu lenken.

Im Stadionumfeld werden Rund 850 Parkplätze entstehen. Sollte die alte Tribüne tatsächlich einen Investor finden wären es gut 120 weniger. Die Stadt hat jedoch keinerlei Interesse am Erhalt, also ist ein fremdes Geld für den altehrwürdigen Bau unabdingbar. Ein solcher Investor steckt aber nur Geld in so ein Projekt, wenn es dort auch langfristig etwas zu verdienen gibt. Hier dürfte der Knackpunkt liegen. Weder das AWO-Fanprojekt oder ein „Museum des Essener Sports“ - wie so häufig als Idee angeführt – könnte derartigen Gewinn einbringen. Es sieht stark danach aus als müssten sich die Fans von ihrer alten „Haupt“ verabschieden.

Hier werden die Parkplätze entstehenÄhnlich problematisch sieht es mit einer späteren Erweiterung des Stadiongeländes aus. Der einzige erschließbare Raum wäre das Gelände des Autokinos. Der Pächter verdient sich aber mit dem Flohmarkt und dem Automarkt dort jedes Wochenende eine Goldene Nase und wird mit Sicherheit nicht daran denken darauf zu verzichten. Der Standort an der Hafenstraße ist nicht grade der idealste für ein Stadion. „Wir haben hier auf einem Bierdeckel gebaut“ so der Sprecher der GVE.

Selbst das Schließen der Ecken würde in Zukunft eine Baufirma vor ein logistisches Problem stellen. Ein sofortiger Ausbau wäre natürlich sinnvoll gewesen, aber mit zusätzlich rund 12 Mio € hätte es den finanziellen Rahmen gesprengt.

Am Ende bleibt die Gewissheit: Essen bekommt ein Stadion, das den Ansprüchen eines Traditionsvereins, wie RWE es ist, gerecht wird und zudem nachrüstbar ist. Ein Luxustempel wie in Herne-Ost wird hier nicht entstehen – und das ist auch gut so!

Nur der RWE